
"Mir fehlen irgendwo die Worte", sagte Coach Frank Ihl nach der zweiten Heimniederlage des HSC Bad Neustadt, diesmal mit 19:33 (6:17) gegen den TV Gelnhausen in der 3. Handball-Liga, Staffel E. Den Fans erging es ebenso, sie wurden zudem 13 Minuten lang auf die Folter gespannt. Getreu der Tradition "wir stehen bis zum ersten HSC-Treffer", standen sie 13 Minuten lang, ehe sie sich endlich nach dem ersten Treffer von Filip Susnjara, den der Trainer im linken Rückraum positioniert hatte, setzen durften.
Bis dahin hatten die Hessen bereits sieben Mal gejubelt, ihre mitgereisten Fans konnten es gar nicht fassen. Wobei es weniger Glück war, sondern die gefühlte Vorentscheidung verdankten sie zum einen ihrem Torhüter Julian Lahme, zum anderen kapitalen Fehlern der Gastgeber. Der Gästeschlussmann wehrte nicht nur sechs Würfe glänzend ab, zusätzlich einen Strafwurf von Maximilian Drude, dessen Nachwurf ebenfalls pariert wurde, sondern leitete auch die schnellen Angriffe seines Teams ein. Weitere Offensivaktionen machten sich die HSC'ler selbst durch technische Fehler, Fehlpässe und Würfe, die erst gar nicht Richtung Tor kamen, kaputt.
Ohne jegliche Durchschlagskraft
Von ihrer bisherigen Form waren besonders Vilim Leskovec, der viele Würfe nahm, aber aus dem Feld heraus nur drei Mal erfolgreich war, und Drude, der erst nach der Pause traf, als er mit Benedikt Kleinhenz die Rechtsaußenposition tauschte, weit entfernt. Da vor dem Seitenwechsel die Außen Felix Wolf, der dann Leskovec auf der Spielmacherposition ablöste, und sein Nachfolger Christoph Früh, der ohne Durchschlagskraft agierte, kaum für Torgefahr sorgten, blieb es bis zum Seitenwechsel bei der mageren Torbilanz.
Mit dem Anpfiff alles vergessen
"Wir haben während der Woche wirklich gut trainiert", sagte Ihl, "haben den Gegner per Video analysiert und sind eigentlich mit einer guten Einstellung ins Spiel gegangen". Rätselhaft, dass alles mit dem Anpfiff vergessen war. "Das müssen wir jetzt aufarbeiten, die erste Halbzeit war für Gelnhausen geradezu ein Trainingsspiel." Wobei die Gäste, angeführt vom jungen Spielmacher Jonathan Malolepszy, die gewährten Freiräume mit ansehnlichem Kombinations-Handball bei hohem Tempo nutzten. Ihr Linksaußen Cedric Marquardt, der seine neun Treffer vor der Pause erzielte, präsentierte sich konterstark. Die Begegnung war zur Pause entschieden, wobei sich der ohnehin kleine Kader noch einmal reduzierte, als Emir Rovcanin, kurz zuvor als zweiter Kreisläufer eingewechselt, den in den Kreis hineinspringenden Benjamin Wörner im Gesicht traf und sofort Rot sah.
Immerhin Charakter gezeigt
"Nach der Pause hat die Mannschaft immerhin Charakter gezeigt," meinte Ihl. Von einer Aufholjagd konnte aber keine Rede sein. Der Rückstand blieb mehr oder weniger konstant, wobei sich der Gästecoach Matthias Geiger den Luxus leisten konnte, Marquardt auf die Bank zu setzen und dafür den erfahrenen Yannik Mocken, der auch ständig für Unruhe sorgte, aufs Parkett zu schicken. Solche Alternativen hat Ihl nicht. Er musste froh sein, dass immerhin Kleinhenz Zug zum Tor zeigte. Aber die Fehlerquote blieb beim HSC konstant hoch. In den letzten zehn Minuten wurden Dominic Buchmüller – von dem jungen Akteur kann man auf der Spielmacherposition keine Wunderdinge erwarten – sowie Noah Hahn auf Linksaußen eingesetzt.
Als in der Schlusssekunde ein 10-m-Gewaltwurf von Fynn Hilb, erst nach dm Seitenwechsel auflaufend, im Winkel einschlug, war dies der Schlussspunkt eines aus Sicht der Saalestädter sehr unerfreulichen Abends. "Die Derbys gegen Bad Neustadt sind immer schön", meinte ein Gästefan. "Aber ob es die in der nächsten Saison geben wird, ist fast zu bezweifeln", vermutete er.
Es gibt vieles zu hinterfragen
Eine andere Erkenntnis nach zwei Heimspielen des HSC ist die, dass sowohl Hanau wie auch Gelnhausen aufgrund der Zugehörigkeit ihrer A-Junioren in der Bundesliga über ein schier unerschöpfliches Reservoir an drittligatauglichen Spielern verfügen. "Wir müssen jetzt alles hinterfragen", so das Fazit von Frank Ihl, "auch ich muss mich hinterfragen". Gelegenheit zur Rehabilitierung besteht am kommenden Spieltag, wenn man zum ebenfalls noch punktlosen Aufsteiger nach Budenheim fährt.
Bad Neustadt: Gorobtschuk (1. - 22.), Schmidl (ab 23.) – Kleinhenz 4, Wolf 1, Leskovec 6/3, Hahn, Drude 2, Buchmüller, Gerr 2, Rovcanin, Früh, Susnjara 4.
Gelnhausen: Lahme (1. - 50.), Tittel (ab 51.) – Müller, Woiwod 2,Mocken 3, Altscher 1, Schenk 1, Malolepszy 4/1, Bergau, Marquardt 9/2, Wörner 5, Hilb 6/3, Jockel, Hüttmann 2.
Siebenmeter: 6/3 – 6/6. Zeitstrafen: 6 (Rot: Rovcanin/28.) – 8.
Schiedsrichter: Fuß/Olsok (Leipzig).
Zuschauer: 361.
Spielverlauf: 0:2 (5.), 0:5 (10.), 2:8 (15.), 2:10 (20.), 5:14 (25.), 6:17 (30.) – 8:20 (35.), 10:23 (40.), 12:24 (45.), 13:27 (50.), 17:39 (55.), 19:33.