
Der wohl überraschendste und zugleich wertvollste Sieg dieser Saison ist dem Tischtennis-Bundesligisten TSV Bad Königshofen am Freitagabend mit dem 3:2-Erfolg gegen den amtierenden Pokalsieger und Deutschen Meister von 2020, den 1. FC Saarbrücken TT, gelungen. Dabei profitierte der TSV auch von der Umwandlung des Krankheits- und Verletzungspechs in das Glück, dass den Gästen ihr Olympia-Medaillen-Gewinner Patrick Franziska fehlte.
Mit dem ehemaligen Königshöfer Darko Jorgic hatten sie aber immer noch die Nummer 17 der aktualisierten Weltrangliste im Team, dem aber Kilian Ort im Einzel wie im finalen Doppel den Zahn zog. Weil Filip Zeljko den Inder Manav Vikash Thakkar nieder rang, blieben Tomas Polanskys zwei Einzelsiege ohne Bedeutung. Stattdessen kam ein langer, laut und intensiv gefeierter Sieg heraus, der dritte in Serie, der zweite gegen die Saarländer im zehnten Vergleich.
Routinier Bastian Steger übernimmt erneut das Coaching
Bastian Stegers Beitrag bestand immer noch nur darin, den sich in Quarantäne befindenden Koji Itagaki als Coach zu vertreten. Glich das erste Spiel des Abends mehr einem Krimi mit Täter-Ermittlung in der letzten Sekunde oder einer Achterbahnfahrt? Es war beides, was Filip Zeljko, wieder an Position eins aufgeboten, und der junge Inder Thakkar fünf Sätze lang ablieferten. Zuerst zwei klar gewonnene für den Bad Königshöfer, danach zwei noch klarer verlorene. Dann im fünften Satz einen Matchball abgewehrt, den eigenen zum 12:10 verwandelt. Solche Spielverläufe ergaben in der Vergangenheit zumeist aus dem leidenschaftlich kämpfenden Filip einen unglücklichen.
Im zweiten Einzel, Maksim Grebnev gegen Tomas Polansky, stand auch die Revanche für den 3:2-Sieg des Tschechen im Hinspiel an. Wobei der junge Russe seinen Fans natürlich einen Sieg und die 2:0-Führung zur Pause bescheren wollte. Ihn scheint aber Ähnliches zu widerfahren wie Darko Jorgic, als vor vier Jahren dessen Abschied aus dem Grabfeld Richtung Saarland bekannt geworden war: Die Bürde wurde zu schwer. Der wie alle vier TSV'ler ins Herz der Fans Geschlossene verlor Satz eins und zwei, wehrte im dritten zwei Matchbälle ab, gewann 14:12, den vierten 11:5 und musste sich im fünften 6:11 beugen – zum Pausenstand 1:1. Gespielt waren da bereits eineinhalb Stunden.
Kilian Ort dominiert gegen Darko Jorgic
Die Überzeit holte Kilian Ort in der dritten Begegnung gegen seinen ehemaligen Teamkollegen Jorgic wieder rein. Es war wohl der beste Kilian Ort, der je in dieser Halle gespielt hat. Wirklich sensationell, wie er dem mehr als 100 Weltranglisten-Plätze vor ihm geführten Slowenen kein offenes Spiel gestattete, nur im ersten Satz bei 10:7 etwas Widerstand brechen musste (11:9), im zweiten und dritten (jeweils 11:5) aber eindeutig der Chef im Ring war.
Ort spielt zwar seit Wochen, seit Steger fehlt, in bestechender Form samt Verantwortung. Aber so hoch konzentriert, immer kontrolliert und taktisch immer die richtige Entscheidung treffend, konstant vom ersten bis zum letzten Ball – da hätte der Bundestrainer gerne mal zuschauen können.
Schlussdoppel macht den Überraschungserfolg perfekt
Im Einser-Einzel meldete sich das Pech bei Filip Zeljko zurück. Tomas Polansky knöpfte ihm die ersten zwei Sätze (10:12 und 11:13) nicht nur hauchdünn und denkbar unglücklich ab. Er zermürbte ihn auch mental so sehr, dass er im dritten, physisch und psychisch fix und fertig, 6:11 unterging.
Immer obenauf waren bis über die dritte Stunde hinaus Ort/Grebnev im Entscheidungsdoppel gegen Jorgic/Thakkar. Wobei Jorgic immer noch an den mentalen Folgen seiner Schlappe gegen Ort zu knabbern hatte und nicht der erwartete Leader im Saar-Duo war. Während Ort immer noch lichterloh brannte, als habe er die Betriebstemperatur von seinem Einzel eins zu eins mit herüber genommen. Und an seiner Seite hangelte sich Maksim Grebnev ebenbürtig hoch zum 11:4, 11:8, 11:8 und beide versetzten die Fans in Verzückung.