Ein 40 Jahre alter Handball für das Leben eines vier Jahre jungen Kindes. Manchmal stecken Geschichten auch nur in zwei Zahlen. Diese Geschichte erzählt von dem 83-jährigen Gemündener Hermann Kaiser, früher Sportfunktionär am Untermain, der seinen Handball mit Unterschriften der Weltmeister von 1978 zur Versteigerung für einen guten Zweck gestiftet hat. Sie erzählt von Davids Pavlovics, dem Sohn des früheren Spielers des HSC Bad Neustadt, der an Krebs leidet und derzeit in seiner Heimat Lettland eine Chemotherapie macht. Und sie erzählt von der Hilfsbereitschaft der Zuschauer und Beteiligten des Drittligaspiels des HSC gegen den Spitzenreiter TV Großwallstadt (21:26). In dessen Rahmen wurde der Handball am Samstagabend zu Gunsten des kranken Jungen versteigert – für 500 Euro.
„Eine gute Aktion“
Darüber hinaus kamen laut HSC-Geschäftsführer Dieter Schulz 500 Euro an Spenden für die Behandlung zusammen. Somit überweist der Verein, der sich selbst mit 200 Euro beteiligt, dem lettischen Handballverband, der eigens ein Spendenkonto eingerichtet hat, insgesamt 1000 Euro. „Eine gute Aktion“ nannte Schulz die Versteigerung. „Nun hoffen wir, dass der Erlös dem Buben hilft.“
Die beiden Protagonisten dieser Geschichte – Stifter Hermann Kaiser und Davids Pavlovics – freilich waren am Samstag nicht persönlich in der Bürgermeister-Goebels-Halle. Dafür aber der Mann, der seinem Bekannten Kaiser vor 40 Jahren den Ball geschenkt und selbst darauf unterschrieben hatte: Manfred Hofmann. Der Weltmeister, der beim Titelgewinn in Kopenhagen seinerzeit Torwart der bundesdeutschen Nationalmannschaft gewesen war, ist heute Trainer der Großwallstadter Drittliga-Mannschaft: Manfred Hofmann. „Ich erinnere mich noch genau, wie ich Hermann Kaiser damals den Ball gegeben habe, nach einem Länderspiel gegen Island in Elsenfeld war das. Schön, dass er jetzt noch so einen guten Zweck erfüllt.“ Am kommenden Samstag beim Heimspiel gegen die HSG Rodgau Nieder-Roden will der TVG auch noch einmal zu Spenden für Davids aufrufen, verspricht Hofmann. Der Mann, der das ledrige Stück Handballgeschichte mit den Signaturen unter anderem auch von Heiner Brand, Kurt Klühspies und Joachim Deckarm ersteigert hat, ist Ernst-Rudolf Bauer. Der promovierte Volkswirtschaftler war bis zu seinem Ruhestand vor zwei Jahren Geschäftsführer der Bad Neustädter Firma Preh, Hauptsponsor des Drittligisten.
„Wir kommen gerne und regelmäßig zu Spielen. Der HSC begeistert junge Menschen in der Region und zeigt ihnen, wie man als Team zusammen agieren und erfolgreich sein kann. Das ist heute nicht mehr selbstverständlich“, sagt Bauer. Mit „Wir“ meint er sich und seine Frau Benedikte. Sie war es, die ihren Mann dazu aufgefordert hatte, mitzubieten und das Höchstgebot für den Ball abzugeben. Warum? Ihre Antwort ist bestechend einfach: „Weil ein Kind in Lettland Hilfe braucht. Und weil Hilfe teuer ist.“
Sport als Schule fürs Leben
Benedikte Bauer weiß das aus eigener Erfahrung: Sie leidet an Multipler Sklerose und sitzt im Rollstuhl. „Der Sport bringt jungen Menschen bei, auch zu verlieren“, ergänzt ihr Mann noch. „Es ist wichtig, dass man das lernt. Denn nur, wenn man verliert, lernt man auch wieder aufzustehen.“ Dem vierjährigen krebskranken Davids Pavliovics hilft dabei hoffentlich indirekt auch ein 40 Jahre alter Handball.