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LEICHTATHLETIK:
Auch mit 73 Jahren kein bisschen laufmüde
In Günter Straubs Trophäenraum stapeln sich die Medaillen, Pokale, Urkunden und sonstigen Auszeichnungen, die der 73-Jährige in seinen fast 1000 Läufen gesammelt hat. Nicht zu vergessen die Auszeichnungen seiner Ehefrau Marlene, die ebenfalls eine begeisterte Sportlerin ist.
Foto: Manfred Mellenthin | In Günter Straubs Trophäenraum stapeln sich die Medaillen, Pokale, Urkunden und sonstigen Auszeichnungen, die der 73-Jährige in seinen fast 1000 Läufen gesammelt hat.
Von Manfred Mellenthin
 |  aktualisiert: 23.05.2020 02:10 Uhr

Die Kombination „73 – 990 – 10 – 1000“ sind markante Zahlen im Leben eines Ausnahmesportlers. Günter Straub aus Niederlauer ist 73 Jahre alt, hat bisher 990 Läufe von der Kurzstrecke bis zum Ultra-Marathon absolviert und will unbedingt sein (Zwischen-) Ziel von 1000 Läufen erreichen. Zehn Läufe fehlen ihm dafür noch. Vor Beginn der Corona-Krise hatte er das Sportjahr 2020 als Messlatte angepeilt, jetzt muss er allerdings wohl noch etwas länger warten. „Laufen in der Natur, abschalten, nachdenken und etwas für die Gesundheit tun.“ Das ist für Günter Straub der Antrieb, auch mit 73 Jahren dem Laufsport treu zu bleiben.

Als radelnder Amtsbote in Bad Neustadt unterwegs

Geboren wurde er im Dezember 1946 in Alsleben (Halle) in Sachsen-Anhalt, ehe 1953 der Umzug nach Hessen erfolgte. Mit 23 Jahren lernte er bei einem Ostertanz seine Ehefrau Marlene kennen. Wegen der Liebe fuhr Straub dann ein Jahr lang alle zwei Wochen von Hessen nach Niederlauer, ehe im Mai 1970 schließlich der Umzug folgte. Beruflich war er von 1970 bis 1979 bei der Münnerstädter Firma REMOG beschäftigt, anschließend bis 2011 dann im Bauhof der Stadt Bad Neustadt. Ab 2011 machte er sich zudem als radelnder Amtsbote einen Namen und war fester Bestandteil des Stadtbildes. Mit dem Fahrrad fuhr er die Dienstpost persönlich aus, hatte für jeden ein freundliches Wort und wurde allenthalben geschätzt, selbst wenn er Post von der Verkehrsüberwachung übermittelte. Spötter sprachen allerdings auch „vom Training während der Arbeitszeit“.

Seine sportliche Laufbahn begann er als Fußballer in der Jugend des TUS Dietkirchen, wo er auf Linksaußen oder als Torwart spielte. Jene Positionen, von denen die Trainerlegende Max Merkel einmal sagte: „Torhüter und Linksaußen haben alle eine Macke.“ Beim SV Niederlauer kickte er dann zunächst in der B-Klasse, ehe der Aufstieg in die A-Klasse (heutige Kreisliga) folgte. In dieser Zeit wurde er schließlich auch vom Stürmer zum Libero umfunktioniert. Vorstopper zu seiner aktiven Zeit waren der legendäre „Sprieß“ Günther Beck und der heutige Künstler Herbert „Jimmy“ Fell. Mit 37 Jahren beendete Straub 1983 seine Fußballkarriere in der 1. Mannschaft.

Über 600 Spiele als Fußballer für den SV Niederlauer

Reserve und Alte Herren kickte er bis 1990, auch einige Male gemeinsam seinem Sohn Marco. Mit 45 Jahren schloss er das Kapitel Fußball mit über 600 Spielen und 107 erzielten Toren für den SV Niederlauer dann endgültig ab. Über zehn Jahre trainierte er zudem die A-Junioren, u. a. auch den Autor dieses Artikels. Unvergessen sind die Auswärtsfahren in seinem „Ford Taunus 17 M“ und die legendären Geburtstagsfeiern im Wohnzimmer des Trainers. Drei Jahre war er zudem noch als Sportkegler tätig, ehe er im Jahr 1990 seine Leidenschaft zum Laufsport entdeckte.

Zuerst als Trainingspartner für seine Tochter Silke, die beim TSV Münnerstadt aktiv war, mit Läufen über fünf oder zehn Kilometer, später dann auch auf längeren Distanzen. Sechs Kilometer, zehn Kilometer, dann der erste Halbmarathon am Tag der deutschen Einheit 1991 in Meiningen. Unvergessen ist Straub sein erster „Wald-Marathon“ im hessischen Bad Arolsen. „Das war eine Naturstrecke mit etlichen Hügeln und es ging mit über 600 Startern nur quer durch den Wald“, erinnert er sich. Sein Ziel „anzukommen“ erreichte er nicht nur souverän, sondern feierte in 3:26 Stunden und mit Platz 24 in der Altersklasse M45 auch noch ein glänzendes Marathon-Debüt.

Mit 70 Jahren 47 Kilometer über die Schweizer Alpen gelaufen

Doch nicht nur in Deutschland war der Niederläurer Athlet aktiv, sondern auch in etlichen Ländern Europas. Als für ihn bedeutendsten Marathon empfand er den „Swiss Alpine“ im schweizerischen Davos im Juli 2017 über 47 Kilometer. Von Davos, auf 1500 Metern gelegen, ging es hoch zum Scalettapass auf 2.700 Höhenmeter. „Die dünne Bergluft und die Strecke, die teilweise so steil war, dass man sie gehen musste, haben uns Läufer bis an die Leistungsgrenzen geführt“, sagt Straub. Diesen Lauf beendete er in seiner Altersklasse M 70 als Sieger.

„Rund um den Gardasee“ in Italien sowie die Läufe in Salzburg und Budapest waren weitere Highlights. Unvergessliche Erfolge sind auch der dritte Platz bei den Bayerischen Crosslauf-Meisterschaften 2017 in der Altersklasse M70 in Kemmern, der zweite Platz im April 2017 bei den Bayerischen Straßenlauf-Meisterschaften in Neuhaus über 10 Kilometer und der Sieg beim Halbmarathon 2018 in Amberg. Gerne denkt der Niederläurer auch an seine Teilnahme beim Münnerstädter Braveheart Battle 2012 zurück. Mit 65 Jahren wurde er damals als ältester Teilnehmer ausgezeichnet und bekam ein mannshohes Schwert überreicht. 52 Marathons, neun Ultra-Marathons über 50 oder 60 Kilometer, über 100 Halbmarathons und die Teilnahme an nahezu allen Läufen des Rhön-Grabfeld-Cups seit dem Beginn der Laufserie vor 26 Jahren sind in Straubs Ordnern verzeichnet.

Auf insgesamt 990 Läufe kann Günter Straub mittlerweile zurückblicken. Die zehn fehlenden zum Erreichen der eindrucksvollen 1000er Marke hatte er eigentlich fest für das Jahr 2020 eingeplant. Die Corona-Krise machte ihm zwar einen Strich durch die Rechnung, doch der topfitte 73-Jährige, der dreimal die Woche trainiert (2 x 10 km und 1 x 15 km), ist überzeugt, sein Ziel nicht nur zu erreichen, sondern auch zu toppen. Gesundheitlich hat er keine Probleme, von großen Sportverletzungen blieb er bisher verschont. Meniskusoperationen an beiden Knien steckte er gut weg, lediglich nach der Operation am linken Knie im Jahr 2018 zog sich die Heilphase etwas länger hin.

Beim TSV Münnerstadt fand Günter Straub lange Jahre seine sportliche Heimat und trainiert dort immer noch die Senioren-Laufgruppe mit rund 25 Läuferinnen und Läufer. 2013 wechselte er, wegen der Laufkameradschaft schließlich zum TSV Rannungen, wo es eine eigene Seniorengruppe ab 50 Jahren gibt. Mit dieser siebenköpfigen Gruppe und ihren Fans, meist die Ehefrauen, werden die Wettkämpfe im In- und Ausland ins Auge gefasst. Mittlerweile kann er in 30 dicken Ordnern blättern, in denen er jeden Lauf mit Ort, Laufstrecke, Startnummer, Urkunde, Ergebnisliste, Fotos und Zeitungsberichten gewissenhaft archiviert hat.

Nach dem Marathon in Florenz geht ein Teil des Eherings verloren

Das Highlight seiner Läuferkarriere war für ihn der Frankfurter Marathon im Jahr 1997, als er gemeinsam mit seiner Frau Marlene das Ziel überquerte. Seinen schwierigster Lauf war für Straub der Marathon in Florenz vor acht Jahren. Und zwar nicht wegen der Laufstrecke, sondern wegen der schmerzhaften Begleitumstände.„Wenige Kilometer vor dem Ziel bin ich gestürzt und habe mir dabei den Ringfinger ausgekugelt. Trotz der Schmerzen lief ich über die Ziellinie und musste danach direkt ins Krankenhaus. Die Ärzte schnitten mir dann mit einem Bolzenschneider den Ehering auf. Eine Hälfte des Rings konnte gefunden werden, die andere landete wohl in einem Abfallbehälter“ kann er im Nachhinein über diesen Unfall schmunzeln.

Auch mit über 70 Jahren will er sich und anderen beweisen, dass man noch topfit sein und Spaß am Laufen haben kann. „Die Gemeinschaft von jung und alt, von 18 bis 80 Jahren zusammen Laufsport zu betreiben, ist nur bei wenigen anderen Sportarten so ausgeprägt. Das ist meine Motivation, weiterhin zu laufen“, sagt Straub. Als Vorbilder dienen ihm Lothar Ganß von der DJK Salz, Franz Stockheimer vom TSV Brendlorenzen und Siegfried Keß vom TSV Rannungen. Neben dem regelmäßigen Laufen unternimmt er zusammen mit seiner Frau zudem ausgedehnte Radtouren, wandert und hat einen absolut grünen Daumen.

Beeindruckende Zahlen

Längster Lauf: „Rund um den Edersee“ mit 60 km in 5:22 Stunden

Bedeutendster Lauf: „Swiss Alpine“ mit 60 km und steilem Berganstieg bis auf 2700 m Höhe.

Schmerzhaftester Lauf: Marathon in Florenz

Brave Heart 2012 in Münnerstadt: Ältester Teilnehmer

Beste Halbmarathonzeit: 1:25 Stunden mit 53 Jahren in Frankfurt

Beste Marathonzeit: 3:06 Stunden mit 51 Jahren 1997 in Hamburg

Beim Kreuzberg-Lauf im Jahr 2014 kämpfte sich Günter Straub durch dichten Nebel.
Foto: Gunther Fink | Beim Kreuzberg-Lauf im Jahr 2014 kämpfte sich Günter Straub durch dichten Nebel.
 
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