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Augsburg
Pläne der Bundesregierung sorgen für Unruhe bei Mountainbikern
Ein Gesetz könnte das Radfahren im Wald einschränken. Von möglicher Willkür ist die Rede. In Augsburg hält man nichts von Verboten – und arbeitet lieber zusammen.
Bill Titze
 |  aktualisiert: 02.05.2024 02:45 Uhr

Einfach in den Wald und mit dem Mountainbike drauflosfahren – das könnte in Deutschland bald deutlich schwieriger werden. Ein geleakter Gesetzentwurf des Landwirtschaftsministeriums sieht vor, die Nutzung von Wegen einzuschränken. Bei Mountainbikern sorgt das für Entsetzen, für Waldbesitzer dagegen wäre das ein Fortschritt. Während ein Mountainbike-Verband kritisch auf das Vorhaben blickt, versuchen Beteiligte im Raum Augsburg, ohne Verbote ein Auskommen zu finden. 

Seit der Coronapandemie erlebt das Mountainbiken einen Boom. Viele Millionen Menschen in Deutschland radeln in ihrer Freizeit über Stock und Stein. Bisher war das ohne größere Einschränkungen möglich. Nun könnte das Landwirtschaftsministerium das aus dem Jahr 1975 stammende Bundeswaldgesetz aber dahingehend ändern, dass "nur auf Straßen und dafür geeignete Wegen" Radfahren zulässig ist. So steht es zumindest in einem geleakten Referentenentwurf. Dort heißt es, dass ein Weg dann für das Radfahren geeignet sei, wenn "er bei objektiver Betrachtung von einem Radfahrenden mit durchschnittlicher Fertigkeit und Fahrweise für die jeweilige Radsportart befahren werden kann, ohne sich und andere zu gefährden, die Bewirtschaftung zu behindern, den Weg zu beschädigen oder gegen sonstige Vorschriften zu verstoßen." Ansatzpunkte seien dabei beispielsweise das Gefälle oder die Übersichtlichkeit des Weges. Das Befahren mancher Strecken, sogenannter Trails, könnte in Zukunft somit illegal sein. Diese "Eignung" der Wege ist im derzeit geltenden Gesetz nicht vorgeschrieben. Genauso wenig wie das Verbot, eigene Strecken online über Apps zu tracken. Dieses ist ebenfalls im Referentenentwurf enthalten.

Manche Mountainbiker sorgen rund um Augsburg für Probleme

Vor allem aufgrund der möglicherweise neuen Pflicht "geeignete" Wege zu nutzen, sieht die Deutsche Initiative Mountainbike (DIMB) die Überlegungen des Ministeriums kritisch. Aktuell werde versucht, mit dem Begriff "Eignung" selektive Verbote für Radfahrer zu begründen, teilt die DIMB auf Anfrage mit. Behörden oder Waldbesitzer könnten in Zukunft durch die oben genannten Kriterien festlegen, ob sich Wege zum Radfahren eigneten. "Solche willkürlichen Kriterien würden dazu führen, dass auf diesen Wegen ein gesetzliches Fahrverbot gilt, ohne dass es den behördlichen Vorgang einer Sperrung benötigt", findet DIMB-Fachberaterin Sonja Schreiter. "Die Entscheidung des Fahrverbotes würde im Nachhinein erfolgen und das begegnet höchsten rechtsstaatlichen Bedenken." Das Landwirtschaftsministerium möchte mit Blick auf das laufende Verfahren derzeit nicht zu konkreten Inhalten Auskunft geben. Ein Sprecher betont aber, dass der Wald auch weiterhin zu Erholungs- und Freizeitzwecken genutzt werden solle. "Das ist erklärtes Ziel des Ministeriums." 

Tatsächlich gibt es Probleme mit Mountainbikern, die sich querfeldein oder auf Wanderpfaden fortbewegen. Die DIMB räumt ein, dass es im Bereich von Ballungsräumen in Bayern "immer wieder" zu unabgestimmten Bauaktivitäten im Wald komme. Dies sei aber eine Folge davon, dass es den lokalen Mountainbikern an attraktiven und bedarfsorientierten Angeboten mangele. "Nicht nur in Bayern benötigt es deswegen flächendeckend mehr gute wohnortnahe Möglichkeiten zum Mountainbiken in der freien Natur, die auch den Wunsch nach technischen Herausforderungen und Sprüngen berücksichtigen", so DIMB-Mitarbeiterin Schreiter. Auch im Raum Augsburg gibt es Beschwerden über Mountainbiker, wie Silvio Mergner, Forstbetriebsleiter im Gebiet Zusmarshausen, sagt. "Die meisten sind auf den Forstwegen unterwegs, aber es gibt eben auch welche, die abseits fahren." Das Ergebnis seien mitunter Verbotsschilder, die von Waldbesitzern aufgestellt würden. 

MTB Augsburg und bayerische Staatsforsten arbeiten zusammen

Für Inga Müller sind Verbote keine Lösung. Sie ist Pressesprecherin beim MTB Augsburg, der sich als Interessenvertretung der Mountainbiker vor Ort sieht. Die Überlegungen zum neuen Waldgesetz sorgten in der Szene für Verunsicherung. "Es besteht die Sorge, dass Regelungen am Ende willkürlich ausgelegt werden." Um die Interessen der Mountainbiker zu vertreten, gründete sich vor vier Jahren der MTB. Den Verantwortlichen geht es darum, rechtssichere Trails anzulegen – und einen Ansprechpartner für Waldbesitzer zu schaffen. 

Ein solcher sind die Bayerischen Staatsforsten. Zusmarshausens Forstbetriebsleiter Mergner sieht ebenfalls die Notwendigkeit zusammenzuarbeiten. "Wir brauchen offizielle Strecken, um den Zustrom von Mountainbikern zu kanalisieren." Trails mitten durch den Wald seien schädlich für die Natur. Tiere würden belastet, schließlich sei der Waldboden nicht verdichtet und habe so eine ganz andere Beschaffenheit als ein Weg. Deshalb gebe es Ausschlusskriterien, wo es überhaupt offizielle Wege geben kann. "Nicht möglich ist das zum Beispiel dort, wo es seltene Arten gibt." Aber auch im Interesse der Mountainbiker ist nicht überall ein Trail ratsam. Denn in den trockenen Fichtenwäldern rund um Augsburg können leicht Äste abbrechen. 

Mountainbiker können bei Stadtbergen drei offizielle Strecken nutzen

In Abwägung aller dieser Faktoren haben die Bayerischen Staatsforsten und der MTB Augsburg gemeinsam drei Strecken hergerichtet, die Mountainbiker in den westlichen Wäldern nun ganz offiziell nutzen können. "Das war eine Gemeinschaftsarbeit und hat wirklich sehr gut geklappt", sagt Müller. Die drei Strecken befinden sich in der Nähe der Stadtberger Mariengrotte. Darüber hinaus hat die Regio Augsburg Tourismus GmbH eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben, die neue Strecken eruieren soll. Auch der MTB hat weitere Trails in Planung. Das ist im Interesse der Staatsforsten, wie Zusmarshausens Forstbetriebsleiter Mergner betont. "Die Wälder um Augsburg sind Erholungswald, von daher wollen wir die Möglichkeit schaffen, dass Menschen sich hier betätigen können." Wie es deutschlandweit weitergeht, liegt in politischen Händen. Derzeit befindet sich das Gesetz in der regierungsinternen Abstimmung, so ein Ministeriumssprecher. Aktuell würden die verschiedenen Hinweise aus den Ressorts eingearbeitet. Danach schließe sich die Länder- und Verbändeanhörung an. Zu konkreten Zeitplänen wollte er keine Auskunft geben.

 
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