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Augsburg
Georg Zimmermann: "Für Olympia muss ich über mich hinauswachsen"
Radprofi Georg Zimmermann startet bei der Tour Down Under so früh wie nie in die Saison. Wir haben mit dem 26-Jährigen über seine Saisonziele und einen großen Traum gesprochen.
Robert Götz
 |  aktualisiert: 11.03.2024 09:28 Uhr

Hallo Herr Zimmermann, wo erwische ich Sie gerade?

Georg Zimmermann: Ich bin in Australien, genauer gesagt in Adelaide, wo am 16. Januar die Tour Down Under startet.

Sind Sie schon einmal so früh in die neue Rennsaison gegangen?

Zimmermann: Nein. Die Australien-Rundfahrt ist das erste World-Tour-Rennen, das man fahren kann. Meine Pause ist sowieso sehr kurz ausgefallen, weil ich Mitte Oktober noch zwei Rennen in Japan gefahren bin. Danach hatte ich nur vier Wochen Zeit zur Erholung ohne wirkliches Training. 

Wie viele Trainingskilometer haben Sie schon in den Beinen?

Zimmermann: Es sind so rund 5000 Kilometer mit zwei Trainingslagern, einem mit dem Team, eines privat. Aber wir trainieren mehr nach der absolvierten Fahrzeit. Wir bekommen vom Team Trainingspläne, quasi Hausaufgaben, die wir abzuarbeiten haben. Da steht dann drauf, drei Stunden Radfahren mit den bestimmten Intervallen, morgen vier Stunden mit Zwischensprints und so weiter.

Warum absolvieren Sie auch noch private Trainingslager?

Zimmermann: Nach unserem Team-Trainingslager in Calpe in Spanien im Dezember, wo das ganze Team zusammenkam, wo wir auch Meetings und Besprechungen hatten, wollte ich vor der Australien-Rundfahrt keine Kompromisse eingehen. Jetzt im Nachhinein hätte ich mein Trainingspensum auch hier in Augsburg absolvieren können, weil das Wetter mitgespielt hätte. Aber auf Teneriffa waren dann doch ähnlichere Temperaturen wie in Australien. Das Trainingslager auf Teneriffa musste ich selbst bezahlen und organisieren, doch das war es mir wert.

Was erwarten Sie auf den sechs Etappen der Australien-Rundfahrt?

Zimmermann: Gerade die Australier werden alles versuchen, um die Rundfahrt im eigenen Land zu gewinnen. Australien ist ein sportverrücktes Land. Zudem wird dort auch die australische Meisterschaft ausgefahren. Also werden die Australier topmotiviert sein. Dazu kommt vom UAE-Team Alessandro Covi. Mit Simon Yates vom Jayco-Team ist immer zu rechnen. Mit Julian Alaphilippe von Soudal Quick-Step habe ich schon im Oktober in Tokio über die Tour gesprochen. Er ist mein absoluter Top-Favorit.

Und was haben Sie sich vorgenommen?

Zimmermann: Ich will unter den ersten zehn im Gesamtklassement landen. Ich habe schon vom Team die Rückmeldung bekommen, dass ich für die Gesamtwertung vorhergesehen bin.

Wie ordnen Sie denn ihr Team Intermarché-Wanty in dieser Saison ein? An welche Neuzugänge haben Sie große Erwartungen?

Zimmermann: Es war eine normale Wechsel-Periode bei uns im Team. Gespannt bin ich auf Francesco Busatto aus unserem Nachwuchsteam. Er hat die U23-Version von Lüttich–Bastogne–Lüttich gewonnen. Das ist eine richtige Hausnummer. Am meisten fehlen wird mir unser Routinier Rui Costa, der zu EF Education-EasyPost gewechselt ist. Er hatte so viel Erfahrung und Motivation. Er hat seinen Job so professionell ausgeführt und unserem Bergfahrer-Team eine richtige Linie vorgegeben. Sein Wechsel ist wirklich schmerzhaft für uns.

Wo sehen Sie sich innerhalb des Teams in diesem Jahr?

Zimmermann: Die Teamleitung setzt schon auf mich. Ich stehe wieder auf der Longlist für die Tour de France. Ich habe mich in der vergangenen Saison bewährt. Es wird anerkannt, was für einen Mehrwert ich bringe und werde dementsprechend gefördert. Ich kann mich nicht beschweren.

2023 war mit dem zweiten Etappen-Platz bei der Tour de France und dem Etappen-Sieg beim Criterium du Dauphiné bisher bestes Jahr als Radprofi, oder?

Zimmermann: Ich habe mich, seit ich Profi bin, jedes Jahr gesteigert.

Was haben Sie sich für diese Saison vorgenommen?

Zimmermann: Das Wichtigste ist immer, so banal es klingt, sturzfrei durch die Saison zu kommen und Spaß zu haben. Sportlich will ich dem Team zeigen, dass das Vertrauen, das sie in mich setzen, gerechtfertigt ist, indem ich wieder eine gute Tour de France fahre. Außerdem bin ich in dieser Saison erstmals für die belgischen Frühjahrsklassiker im März nominiert, wie die Flandern-Rundfahrt mit den berühmten Kopfsteinpflaster-Passagen. Das wird für mich noch einmal eine ganz neue Erfahrung. Das ist ein ganz spannendes Thema für mich und darauf freue ich mich. Ich bin jetzt im vierten Jahr und habe oft das gleiche Rennprogramm gehabt. Von daher ist es cool, etwas Neues ausprobieren zu können.

Das sind für ihr belgisches Team ganz wichtige Rennen. 

Zimmermann: Ja. Wir haben schon im November die Strecken für das Rennen angeschaut. Wir bekommen auch gutes Material, extra neue Reifen für das Kopfsteinpflaster. Da geht Intermarché mit richtig viel Engagement ran.

Ihre Nominierung ist auch eine gewisse Wertschätzung für Sie durch die Teamleitung.

Zimmermann: Das ist es auf jeden Fall. Die belgischen Frühjahresklassiker sind nach der Tour de France die wichtigste Rennperiode für unser Team. Von daher bin ich für die mit Abstand zwei wichtigsten Rennperioden vorgesehen. Da sehe ich das schon als Auszeichnung.

Gehört zu einer guten Tour de France fahren auch endlich ein Etappensieg?

Zimmermann: Ich habe mir Karriere-Ziele gesetzt, als kurzfristig von Jahr zu Jahr zu denken. Einmal in meiner Karriere würde ich gerne eine Etappe der Tour de France gewinnen. Wenn es in diesem Jahr so weit wäre, wäre es schön. Wenn nicht, werde ich es weiter versuchen.

2024 finden auch die Olympischen Spiele in Frankreich statt. Wird Georg Zimmermann da für Deutschland an den Start gehen?

Zimmermann: Darauf schiele ich, ehrlich gesagt, schon ein wenig. Aber das ist eine richtig schwere Geschichte, denn Deutschland hat nur zwei Startplätze. Die Olympischen Spiele sind ein extrem hoch gestecktes Ziel. Da muss ich über mich hinauswachsen, um ich zu qualifizieren. Wir haben an die 30 deutsche Profis, die dafür infrage kommen, und nur zwei werden von Nationaltrainer André Greipel nominiert. Einer davon zu sein, ist vielleicht mein größtes Ziel 2024.

Ihr Vertrag endet 2024. Was kommt dann? Wäre es nicht einmal verlockend, für den deutschen Rennstall BORA-hansgrohe zu fahren? Dort steigt ja jetzt wohl auch Redbull ein?

Zimmermann: Ich habe jetzt überhaupt keine Ambitionen, auf Teufel komm raus das Team wechseln zu müssen. Mir gefällt es gut, ich bin bei Intermarché glücklich. Eigentlich bin ich schon einer, der sagt: Never change a running system. Aber wir hatten vor dieser Saison viele Wechsel im Betreuerstab. Daher schaue ich mir das alles in Ruhe an, ob auch da alles so gut läuft wie in der Vergangenheit, und dann werde ich zusammen mit einer Berateragentur im Sommer eine Entscheidung treffen.

 
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