Die erste Ironman-Weltmeisterschaft in Nizza findet nun doch ohne die Titelverteidigerin statt. Lucy Charles-Barclay, die die WM zunächst gar nicht auf ihrem Plan für dieses Jahr gehabt hatte, kann nicht starten. „Schweren Herzens teile ich mit, dass ich an diesem Sonntag nicht an der Ironman-Weltmeisterschaft teilnehmen kann”, schrieb die 31 Jahre alte Britin in den sozialen Netzwerken. Grund ist eine Muskelzerrung. Ihr Sorge: Die Verletzung könnte sich im Rennen verstärken und sie zu einer längeren Pause zwingen.
Damit wird das immer noch hochkarätige Feld der Profi-Frauen über 3,86 Kilometer Schwimmen, 180,2 Kilometer Radfahren und 42,2 Kilometer Laufen an diesem Sonntag (Start 07.15 Uhr/ZDF Livestream ab 07.00/14.10 bis 16.35 live im ZDF) von Anne Haug und Laura Philipp angeführt. Das deutsche Duo, das vor einem Jahr bei der WM in Hawaii die Plätze zwei und drei auf dem Podium mit der Siegerin Charles-Barclay belegt hatte.
Nummer eins im kommenden Jahr für eine Deutsche?
Es ist diesmal nicht Hawaii, und doch ist es die WM. Die Kritik, als Veranstalter Ironman die Teilung der Rennen von Männern und Frauen räumlich und zeitlich bekanntgegeben hatte, war groß. Doch schon das Männer-Rennen im vergangenen Jahr in Nizza, bei dem es Patrick Lange als Zweiter mit aufs Podest geschafft hatte, besänftigte die aufgebrachten Triathlon-Gemüter.
Das Fehlen von Charles-Barclay dürfte das Frauen-Rennen noch packender und vor allem noch unberechenbarer machen. Am Freitag hatte die Weltmeisterin bei der Pressekonferenz noch erklärt, wie besonders es sich anfühle, die Nummer eins zu tragen. Die Nummer eins nach dem Rennen wird sie nun auf keinen Fall mehr sein.
Vielleicht ja Haug? „Es ist wichtig, sich selbst richtig zu kontrollieren”, hatte sie betont. Da wusste sie noch nicht, dass sich die ohnehin große taktische Unbekannte, die die Premiere in Nizza mit sich bringt, noch mal um mehr als eine Nuance verändern dürfte. Top-Schwimmern Charles-Barclay ist im Rennen schnell die, die es sonst zu jagen gilt. Das fällt schon mal weg.
Da Haug und vor allem Philipp im Schwimmen nicht ihre größten Stärken haben, dürften sie zunächst nicht in die Rolle der Führenden schlüpfen. Haug setzt vor allem auf die Schlussdisziplin nach der anspruchsvollen Radrunde mit rund 2400 Höhenmetern. „Ich gehe davon aus, dass alle verdammt schnell rennen werden”, prophezeite sie - kaum eine kann das besser als sie. Charles-Barclay wird sie jedenfalls nicht einholen müssen.
Aber womöglich Philipp. „Dieser Kurs ist eine große Chance”, betonte sie mit Blick auf den Radkurs, wo sie sicherlich versuchen wird, sich von Haug und anderen abzusetzen. Strecken wie diese hätten sie überhaupt zum Radfahren gebracht: „Es ist viel schwerer für mich, mich auf einen flachen Kurs vorzubereiten.”
Die Unterschiede einer WM in Hawaii und in Nizza
Einer der größten Vorzüge vor allem für alle, die aus Europa kommen, ist die deutlich kürzere Anreise. Damit sinken auch etwas die Gesamtkosten, die zuletzt in Kailua-Kona noch einmal explodiert waren. Das macht es vor allem für die Altersklassenathletinnen attraktiv. 124 Teilnehmerinnen aus Deutschland sind in den Age Groups vertreten, neun sind es im Profi-Feld.
Mehr oder weniger weg fällt die Akklimatisierung. Während in Südfrankreich Temperaturen Mitte 20 Grad herrschen, geht das Thermometer in Hawaii im Moment über die 30 Grad. Das bedeutet auch, dass eine Anreise lange vor dem Rennen nun nicht mehr zwangsläufig notwendig ist. Auch das spart Kosten.
Der Kurs
Das 3,86 Kilometer lange Schwimmen unterscheidet sich gar nicht so sehr von Hawaii. Ob Pazifik oder Mittelmeer, Sichtkontakt mit Haien dürfte es nicht geben, ansonsten ist es eben Schwimmen im offenen Gewässer.
Für die Profi-Frauen dürfte das Tragen von Neoprenanzügen bei Wassertemperaturen von rund 23 Grad untersagt sein, auch das ist vor Hawaii immer so. Die sogenannten Wetsuits helfen vor allem schlechteren Schwimmerinnen.
Der größte Unterschied erwartet die Teilnehmerinnen im Vergleich zum Kurs in Hawaii auf dem Rad. Die 180,2 Kilometer werden auch zur Klettertour. Unter anderem wartet ein 18 Kilometer langer Anstieg. Belohnt werden die Teilnehmerinnen mit einer spektakulären Kulisse und einer packenden Abfahrt.
Die Laufstrecke ist flach, es geht von Nizza zum Flughafen und wieder zurück. Viermal sind die rund 10 Kilometer zu laufen. Das Ziel ist auf der Promenade des Anglais. Das bedeutet auch: Wer gut über die Radstrecke mit ihrem anspruchsvollen Profil kommt, ohne zu viel Energie zu verbrauchen, kann beim Marathon noch mal richtig aufs Tempo drücken.