Es waren zuletzt keine einfachen Zeiten für Manuel Riemann. Vor zwei Wochen drohte dem Torhüter des VfL Bochum der Platz auf der Bank. Beim 0:2 gegen Schalke 04 hatte der 34-Jährige wieder einmal gepatzt. Lange galt Riemann als Aufstiegsheld, als absoluter Führungsspieler. In der vergangenen Saison wurde er sogar zum „VfL-Spieler der Saison” gewählt. In dieser Spielzeit wechselten sich tolle Paraden mit groben Aussetzern ab. Gegen Schalke leitete er mit einem Slapstick-Eigentor die Niederlage ein. Seine Ablösung schien sicher, doch Michael Esser erkrankte. Riemann blieb notgedrungen im Tor und wurde mit überragenden Leistungen zum Matchwinner beim 2:0 in Köln und jetzt beim 1:0 gegen RB Leipzig.
Manuel Riemann wird von den Bochumer Fans gefeiert
In der Nachspielzeit hatte Riemann zuerst gegen Dani Olmo (89.) gerettet. Dann bugsierte er einen Kopfball von Emil Forsberg (90.) über die Latte. Nach der anschließenden Ecke parierte er den Kopfball von Willy Orban und anschließend Olmos Nachschuss. Und der letzte Schuss von André Silva landete nicht im VfL-Tor, sondern am Innenpfosten und dann in seinen Armen. Später genoss der Torhüter die Ehrenrunde durch das Ruhrstadion mitsamt "Manuel Riemann"-Sprechgesängen. Vor zwei Wochen der Sündenbock, nun schon zum zweiten Mal der Held.
„Er hat viel auf seine Kappe genommen. Vielleicht zu Unrecht", sagte Kapitän Anthony Losilla: "Aber so ist er. Man sieht auch, wie stark er mental ist, wenn man zwei solche Leistungen nach so viel Kritik zeigen kann." Und Stürmer Philipp Hofmann erzählte: "Nach dem Schalke-Spiel war keine einfache Woche für ihn. Er hat sich viele Vorwürfe gemacht. Jetzt hat er den Reset-Knopf gedrückt und den alten Manu wiedergefunden."
Ein emotionaler und polarisierender Torhüter
Der galt als emotional und polarisierend. Ein Torhüter, der seine Vorderleute wahlweise angespornt oder angeschnauzt hat. Doch gegen Köln und Leipzig konzentrierte er sich nur auf sich. „Er beschäftigt sich nicht mehr so viel mit anderen Spielern", bestätigte Hofmann. Darauf angesprochen lächelte Trainer Thomas Letsch. "Manu ist ein reflektierter Mensch", sagte er nur. Er habe in der Vergangenheit auch zurecht in der Kritik gestanden: "Aber für die Art und Weise, wie er reagiert hat, gebührt Manu allerhöchster Respekt."
Opa Hans Humpa spielte für den TSV 1860 München in der Bundesliga
Riemann, der Bayer, hat sein Glück im Ruhrpott gefunden. In Mühldorf am Inn geboren, hat er es seinen Opa zu verdanken, dass er zum Fußball kam. Hans Humpa, in den sechziger Jahren Profi beim TSV 1860 München, hat ihn zehn Jahre beim TSV Ampfing trainiert. Über Rosenheim, Wacker Burghausen, VfL Osnabrück, dem SV Sandhausen kam Riemann 2015 zum VfL Bochum. Im Mai 2021 stieg Riemann mit Bochum in die Bundesliga auf. Dort hatte sein Opa in der allerersten Bundesliga-Saison sieben Spiele für die Löwen absolviert. Den ersten Bundesliga-Einsatz seines Enkels erlebte Humpa nicht mehr. Er war im März 2021 im Alter von 81 Jahren gestorben. (mit dpa)