Bei der Ski-WM in Planica dominieren die Teams aus Norwegen
Das flächenmäßig drittgrößte Land Skandinaviens, hinter Schweden und Finnland, ist im nordischen Wintersport seit Jahrzehnten die unangefochtene Nummer eins. Und Klaebo hat, als er ganz am Ende noch kurz bei den deutschen Reportern vorbeischaut, die einfachsten Antworten auf die Frage nach dem Warum: „Als Norweger versuchst du, so schnell wie möglich zu sein und so viele Medaillen wie möglich zu gewinnen. Auch unsere Wachs-Teams arbeiten Tag und Nacht dafür“, sagt der 26 Jahre alte Dominator der Loipe, der am Freitag in der Staffel sein drittes Gold bei dieser und das neunte WM-Gold seiner Karriere gewann. Am Sonntag beim legendären 50-Kilometer-Rennen wird er gierig nach dem zehnten Titel greifen.
Nicht nur im Langlauf gibt Norwegen den Ton an. Kombinierer Jarl Magnus kann am Samstag im vierten Wettbewerb zum vierten Mal Gold gewinnen, und auch im Skispringen stellt Norwegen mit Halvor Egner Granerud zumindest im Weltcup den derzeit Besten. Von der Normalschanze wurde er nur Elfter, mit dem Mixed-Team musste er sich hinter Deutschland mit Silber begnügen.
Norwegen verankert den Sport in der Gesellschaft
Auch der deutsche Skisprung-Bundestrainer Stefan Horngacher schaut mit Interesse und Verwunderung auf die Norweger: „Es ist schon auffällig, dass sie in allen Disziplinen ganz vorne sind. Zum einen, so der 53-jährige Österreicher, würden die Norweger das viele Geld deutlich wirkungsvoller einsetzen. „Sie sind auch in der Ausbildung effektiver und setzen viele Dinge schneller um. Sie machen das extrem unkompliziert.“
Im Interview mit unserer Redaktion vor der WM machte auch Langlauf-Trainer Peter Schlickenrieder einige simple Fakten aus: „Sie haben früher Schnee. Sie haben länger Schnee. Und sie haben mehr Schnee.“ Das würde von Haus aus einen Wettbewerbsvorteil beim Training ergeben. Schlickenrieder weiß aber auch: „Norwegen hat es aus meiner Sicht als eines der wenigen Länder der Welt geschafft, den Sport in der Gesellschaft zu verankern.“ Das Recht auf eine tägliche Stunde Sport sei im Grundgesetz verankert, Kinder bekommen früh beigebracht, wie man draußen in der Natur überlebt. „Da hat der Sport einen ganz anderen Stellenwert als bei uns.“
Den Hut zieht der 53-jährige Schlierseer auch in Sachen Systematik: „Was sie sehr gut machen: den langfristigen Leistungsaufbau einzuhalten, dass man die Reizvorwegnahme nicht hat, dass man wirklich in jedem Alter das genau Richtige macht.“ Einer der gravierendsten Unterschiede: „Man muss sich das mal auf der Zunge zergehen lassen: Über alle Sportarten hinweg gibt es in Norwegen bis zum Alter von zwölf Jahren keine Ranglisten“, sagt Schlickenrieder. „Das wäre doch bei uns undenkbar.“
Weniger Leistungsdruck im norwegischen Sport: das rechnet sich in Planica
Den Kindern in Deutschland den Erfolgsdruck zu nehmen, wäre für ihn durchaus ein Ziel. „Aber das ist ein total dickes Brett. Wir müssten uns dann schon mit den anderen Verbänden und dem Deutschen Olympischen Sportbund einig werden, dass das der richtige Weg ist. Wie sollen wir als Deutscher Skiverband denn in die Abläufe von deutschen Kindergärten eingreifen? Gar nicht.“ Der DSV-Kombinationstrainer hat bei zahlreichen Trainingslehrgängen in Norwegen festgestellt, dass die Jugend dort leistungsbereiter sei. „Sie wollen die Besten sein und setzen alles dafür ein. Da haben wir eindeutig an Boden verloren.“
Johannes Hosflot Klaebo setzt ein letztes Ausrufezeichen zu diesem Thema. Norwegen würde nichts Außergewöhnliches oder gar Geheimnisvolles machen. „All die Erfahrungen und das Wissen, das wir in Norwegen haben, können andere auch lernen. Fragt uns und diskutiert mit uns!“