
Beim Volkstribun Rudi Völler handelt es sich definitiv um einen Nostalgiker. Kaum einer unternimmt so gerne Zeitreisen in die Vergangenheit wie der Sportdirektor des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Aus aktuellem Anlass erzählte der 63-Jährige am Freitag, wie schön es schon damals als junger Stürmer bei Werder Bremen gewesen sei, vom Osterdeich in einer Spitzkehre auf Kopfsteinpflaster zum Weserstadion runterzufahren. Das Stadion sei größer, die Geschäftsstelle schöner geworden, aber sonst habe sich hier gar nicht viel verändert. An Völlers ehemaliger Wirkungsstätte hält der DFB sein 1000. Länderspiel der Geschichte gegen die Ukraine ab (Montag 18 Uhr/ZDF).
Der Bannstrahl gegen Bremen wurde aufgehoben
Präsident Bernd Neuendorf hatte sich für Bremen eingesetzt. Er hatte die Schlichtungsgespräche mit dem streitbaren Bremer Innensenator Ulrich Mäurer bereits im vergangenen Jahr begonnen, um den Bannstrahl gegen die Hansestadt nach dem Streit um die Polizeikosten nach mehr als elf Jahren aufzuheben. Wenn man zur Heim-EM nächsten Sommer alle Menschen mitnehmen möchte, könne man diese fußballbegeisterte Region nicht außen vor lassen, argumentierte der Verbandsboss – wohl wissend, dass sich die Bremer Politik und die Deutsche Fußball-Liga (DFL) noch vor dem Bundesverfassungsgericht wiedersehen können.
Selbst beim DFB soll nicht jeder die Wahl von Schauplatz und Gegner gut finden, aber eine Botschaft ist die Partie gegen die kriegsgeplagte Nation ja allemal. "Wir spielen mehr mit der Ukraine als gegen die Ukraine", insistierte Neuendorf. An diesem Punkt musste Völler indes Widerspruch anmelden: Niemand solle glauben, dass vor ausverkauften Rängen zu einer kinderfreundlichen Anstoßzeit eine reine Spaßveranstaltung steige. Volksnähe und Solidarität zu bezeugen, sei ja gut und schön, aber am Wichtigsten sei immer noch "die Leistung und die Qualität, die dann auf dem Platz zu sehen sind".
Von der DFL fließt mehr Geld an den DFB
Der Präsident war bei einem bunten Strauß an Themen auch deshalb guter Laune, weil hinter den Kulissen der Grundlagenvertrag mit der DFL nahezu ausverhandelt ist, bevor die neuen Liga-Geschäftsführer Marc Lenz und Steffen Merkel übernehmen. Das komplizierte Vertragswerk, dass die Zahlungsströme zwischen DFB und DFL regelt, sieht einen sehr viel höheren Zufluss durch den Liga-Verbund an den Verband als in der Vergangenheit vor. Rund 25 Millionen Euro sollen am Ende hängen bleiben. Sein strukturelles Defizit von 19,5 Millionen Euro will der DFB unabhängig davon durch interne Sparmaßnahmen auffangen.
Gut voran geht offenbar die Kandidatensuche für eine Sportliche Leitung, die das von Oliver Bierhoff hinterlassene Vakuum mit einem ganzheitlichen Ansatz füllen sollen. Dass sich die Gremien und die Task Force, in der weiterhin Oliver Kahn trotz seiner Entlassung beim FC Bayern mitredet, bereits auf eine Doppelspitze mit Sami Khedira und Hannes Wolf geeinigt haben, wollte Neuendorf gar nicht mehr dementieren.
Antonio Rüdiger entschuldigt sich für Beleidigung
Von Völler war dann nur noch zu erklären, was denn in Antonio Rüdiger gefahren war, als dieser einen Mann beleidigte, der ihm am Frankfurter Flughafen allzu aufdringlich erschien. "Das ständige ungefragte Gefilme", hatte der Betroffene in der Bild erläutert, empfinde er als unhöflich und nerve ihn mitunter, aber er könne sich für seine Beschimpfung nur entschuldigen. Die entsprechenden Bilder machten über die sozialen Medien schnell ihre Runde. Er kenne das Video nicht, aber den Vorfall, sagte Völler. Er habe deswegen mit dem 30-Jährigen auch schon gesprochen. "Er hat einen Fehler gemacht, aber das darf man auch nicht überbewerten." Rüdiger sei am "Tag der offenen Tür", wie Völler die öffentliche Einheit tags zuvor mit der improvisierten Autogrammstunde in der Fußballhalle bei einem Gewitter nannte, wieder "einer der Fleißigsten" gewesen.