
Die Länge ist nun wirklich nicht alles. Vor allem bei Angelegenheiten, die Freude bereiten. Ein handelsübliches Fußballspiel beispielsweise dauert 90 Minuten. Betrachtet man die vergangenen Partien der deutschen Nationalmannschaft: Eine furchtbar lange Zeit, die sich noch viel länger anfühlte. Am Samstag nun aber reichten acht Sekunden aus, um die zehn Millionen Fernsehzuschauer davon zu überzeugen, dass wir wieder wer sind (nämlich EM-Titelfavorit) und dieses Team geradezu dafür gemacht ist, diesem von Heizungsinflationseinwanderungsproblemen gepeinigten Land einen wunderbaren Sommer zu kredenzen.
Havertz, Kroos, Wirtz – 1:0 in Frankreich. In einer Zeit, in der man etwa 53 Mal blinzeln kann. Einmal zum falschen Zeitpunkt das Lid schließen, vorbei ist der magische Augenblick, der jedem Tor inne liegt. Ein Specht hätte in den acht Sekunden ungefähr 160 Mal hämmern können. Womit wir uns aber in der Saarlandisierung des Treffers befinden. Sinnlose Vergleiche finden, um etwas greifbarer zu machen. Etwa die vier Saarländer (das Bundesland, nicht die Einwohner), die jedes Jahr im brasilianischen Regenwald gerodet werden.
Als Mario Adorf Winnetous Schwester tötete
Acht Sekunden also. Selten gelang es schneller, die Stimmung im Land zu drehen. Ausgenommen vielleicht Laschets Lachen im Flutgebiet. Oder aber, als Mario Adorf Winnetous Schwester Nscho-tschi tötete. Dabei sollen mehrere Hektoliter Tränen in den Kinosälen geflossen sein. Etliche Dutzend Badewannen hätten gefüllt werden können. Mit denen hätte sicherlich eines der gebrandrodeten Saarländer in Brasilien gelöscht werden können.
In nicht einmal drei Monaten beginnt die EM. Möge die Zeit wie in einem achtsekündigen Fluge vergehen.