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FUSSBALL: 2. BUNDESLIGA
Nach der magischen Club-Nacht fehlt vielleicht nur ein Sieg
Holstein Kiel - 1. FC Nürnberg       -  Die Club-Spieler feiern mit Fahne und Fans den hochverdienten 3:1-Sieg in Kiel.
Foto: Axel Heimken, dpa | Die Club-Spieler feiern mit Fahne und Fans den hochverdienten 3:1-Sieg in Kiel.
Hans Strauß
Hans Strauß
 |  aktualisiert: 30.04.2018 02:18 Uhr

Ordnung muss sein. Selbst bei außergewöhnlichen Ereignissen. Hanno Behrens war als Letzter vom Rasen gekommen und noch im Gespräch mit den Journalisten, aber seine Jacke fehlte dem Zeugwart für die Koffer mit der Schmutzwäsche. Ausziehen, bitte. Ging aber nicht bei kühlen Temperaturen: „Oh, der hat nix drunter“.

Das Trikot von Behrens war nämlich in der Kurve geblieben, bei den glückseligen Fans des 1. FC Nürnberg. Die feierten den 3:1 (2:1)-Sieg bei Verfolger Holstein Kiel als vorentscheidenden Schritt zur Rückkehr in die Bundesliga. Und den Kapitän, weil er vorangegangen war. Mit seinen beiden Kopfballtoren und einer großen Leistung.

Behrens lächelte versonnen, als er Komplimente entgegennahm, und sagte: „Das ist ein sehr besonderer Abend, den ich noch lange in Erinnerung behalten werde.“ Er ist ein Nordlicht, kommt aus Elmshorn, wurde beim Hamburger SV ausgebildet. Freunde und Verwandte sahen im ausverkauften Holsteinstadion zu. Seine Eltern wollten noch ins Teamhotel kommen. Behrens‘ Vorstellung von der weiteren Abendgestaltung waren klar: „Ein, zwei Weizen gehen schon.“

Die Älteren im Team wollen ihren Traum von der Bundesliga mit aller Mcht vewirklichen

Er ist 28 Jahre alt, Enrico Valentini und Georg Margreitter sind 29. Gerade die Älteren in der Nürnberger Mannschaft wollen ihren Traum von der Bundesliga mit aller Macht verwirklichen. „Die Chance kommt nicht wieder in meiner Karriere. Ich weiß genau, dass vor zwei Jahren 65 Punkte nicht zum Aufstieg gereicht haben“, sagte Margreitter. In dieser speziellen Saison tun es vielleicht sogar 57 Punkte. Dann nämlich, wenn der Club am Montag (30.4./20.30 Uhr) sein Heimspiel gegen Braunschweig gewinnt und Kiel am Sonntag in Ingolstadt keinen Sieg geholt haben sollte. Bei sieben oder acht Punkten Vorsprung auf den Dritten wäre der achte Bundesliga-Aufstieg in der Vereinshistorie dann zwei Spieltage vor Saisonende perfekt.

Club-Trainer Michael Köllner wünschte seinem unterlegenen Kollegen Markus Anfang verfrüht bereits alles Gute für die Relegation. Doch einmal wird Kiel auf Platz drei nun von Jahn Regensburg bedrängt und zum anderen ist Nürnberg noch nicht durch. Das weiß natürlich auch Köllner und relativierte seinen kessen Spruch: „Wir müssen gegen die Braunschweiger wieder alles reinwerfen. Für die geht es im Abstiegskampf um alles.“

Von den sieben Auftritten vor dem Spitzenspiel in Kiel hatte der Club nur einen gewonnen. Das 3:2 gegen Heidenheim war sogar schmeichelhaft. Aber die Legende lebte auf, und wie. Am Montagabend ging die Mannschaft entschlossen vom Anpfiff weg an ihre Leistungsgrenze, während der Gegner im ersten Spiel nach der Verkündung des Weggangs von Trainer Anfang nach Köln Schwächen zeigte. Allen voran Torwart Kenneth Kronholm, der bei beiden Toren von Behrens schlecht aus sah, vor allem mit seinem Zaudern beim vorentscheidenden 1:3 (51.).

Köllners Ansatz, die Stärke bei Standards wiederzubeleben, erweist sich als goldrichtig

Köllner hatte zuletzt einige Kritik einstecken müssen. Nun erwies sich sein Ansatz, die eigene Stärke bei Standardsituationen wiederzubeleben und gleichzeitig auf Kiels häufig mangelnde Lufthoheit im eigenen Strafraum abzuzielen, als goldrichtig. Valentini bereitete – mit vielen Trainingsflanken im Bein – die Kopfbälle von Margreitter („Wir wussten, dass ein Standard als Dosenöffner ganz gut wäre“) zum 1:0 (9.) und von Behrens zum 2:1 (26.) jeweils per Freistoß perfekt vor.

Dass Kiel, noch vor Nürnberg die Torfabrik der Liga, lediglich einen von Kingsley Schindler verwandelten Foulelfmeter zum 1:1 (12.) dagegen setzen konnte, mutete angesichts der Not-Abwehrformation der Franken fast unglaublich an. Vom Stamm waren nur Margreitter und Valentini einsatzfähig. Aber Torwart Thorsten Kirschbaum, Lukas Mühl und Laszlo Sepsi, der keinen neuen Vertrag mehr bekommen wird, versahen ihren Job nahezu tadellos. „Trotz vieler Wechsel haben alle Rädchen ineinander gegriffen“, sagte Köllner. „Meinen höchsten Respekt an die Drei, wie die da eingesprungen sind“, lobte Valentini. Kirschbaum fiel zu seiner Rückkehr in den Kasten nach einem halben Jahr ein: „So ist Fußball. Ich war immer parat, falls was passiert.“ Nächste Woche steht er jedoch wieder im Zweikampf mit Fabian Bredlow, dessen leichte Fingerverletzung Köllner („Bredlow hätte spielen können“) nach den vorangegangenen Torwart-Diskussionen zum Tausch nutzte.

Für Patrick Erras ist die Saison nach einem Innenbandriss vorzeitig beendet

Auch das Ausscheiden von Patrick Erras blieb nur ein kurzer Moment des Schreckens, ohne Einwirkung auf das Spiel. Die Befürchtung, der Pechvogel der letzten Jahre könnte sich erneut das Kreuzband im rechten Knie gerissen haben, zerstreute sich schnell. Mit einem Innenbandriss ist die Saison für Erras allerdings vorzeitig beendet. „Ich bin unheimlich stolz auf die Moral der Mannschaft“, sagte Margreitter, der seinen Fauxpas zum Elfmeter als „ganz normal in einem Verteidiger-Leben“ nicht weiter schlimm nahm.

Sportvorstand Andreas Bornemann erkannte, die Mannschaft habe im Laufe der Saison „eine gewisse Widerstandsfähigkeit entwickelt“ und lasse sich durch Ausfälle und andere Widrigkeiten nicht mehr so leicht aus dem Konzept bringen. Vielleicht war es aber auch die besondere Stimmung vor dem Spiel, die den Club in Kiel durch alle Fährnisse trug. Als „so giftig wie lange nicht mehr“ beschrieb sie Margreitter. Valentini pflichtete ihm bei: „Wir waren die ganze Woche heiß, es war ein Riesenunterschied im Vergleich zur Vorbereitung auf das Spiel in Ingolstadt. Wir wussten, dass wir gewinnen, wenn wir alles raushauen, was wir draufhaben.“ Und so war?s.

 
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