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TRIATHLON
Mit dem Glück an seiner Seite und Spaß ins Ziel
Seinen Kaminkehrer-Zylinder wird Triathlet Christian Zebisch aus Lohr-Pflochsbach bei der Challenge Roth nicht tragen. Er hofft aber, dass sein Berufsstand ihm das sprichwörtliche Glück bringt.
Foto: Frank Zagel | Seinen Kaminkehrer-Zylinder wird Triathlet Christian Zebisch aus Lohr-Pflochsbach bei der Challenge Roth nicht tragen. Er hofft aber, dass sein Berufsstand ihm das sprichwörtliche Glück bringt.
Frank Zagel
 |  aktualisiert: 07.10.2019 10:00 Uhr

„Ein total verrücktes Gefühl“ nennt Christian Zebisch das, was er während eines Triathlons durchlebt. „Eigentlich kann ich das gar nicht richtig beschreiben, das muss man erleben.“ Doch das Erlebnis, fast vier Kilometer im offenen Gewässer zu schwimmen, direkt im Anschluss 180 Kilometer mit dem Rennrad zu fahren um zum Abschluss noch einen Marathon über 42,2 Kilometer zu laufen, kennen sicherlich die wenigsten. Dieser Herausforderung, seinem Körper über einen Zeitraum von mehr als zehn Stunden alles abzuverlangen, stellt sich der Pflochsbacher als einer von wenigen Teilnehmern aus dem Landkreis Main-Spessart am kommenden Sonntag bei der Challenge Roth.

„Das Glück ist doch auf meiner Seite“, zeigt sich der 40-jährige vor dem Start optimistisch. Als fröhlichen Kaminkehrermeister kennen ihn die meisten Lohrer. Und dass das Glück seinem Berufsstand zur Seite steht, möchte auch Zebisch für sich nutzen. Immerhin ergatterte er eine der wenigen Anmeldungen für den Triathlon in Roth, der wieder binnen weniger Minuten ausgebucht war. Neben dem Ironman ist er der bekannteste Lauf in Deutschland.

Sportbegeistert war Zebisch schon immer. Über viele Jahre machte er sich als Judoka beim TSV Lohr einen Namen. Um fit zu bleiben, begann er 2014 zu laufen, zehn Kilometer, Kurzstrecke. Er entdeckte auch das Rennrad für sich, und im Winter schwamm er seine Bahnen im Lohrer Hallenbad. „Da hatte ich dann spontan die Idee, das alles zu kombinieren.“ Direkt vom Becken aus hechtete Zebisch in sein Radtrikot und trat in die Pedale. „Danach habe ich das Rad in die Ecke geschmissen und bin einfach darauf losgerannt.“ Die Idee für die Teilnahme am ersten Triathlon war geboren.

Bis zu 20 Wochenstunden Training

Der sportliche Kaminkehrer merkte jedoch schnell, dass er ohne einen ausgewogenen Trainingsplan die Distanzen nicht überstehen konnte. Mit einem Freund fuhr er in sein selbsternanntes Trainingslager nach Mallorca und erkannte beim Radfahren, dass er schnell an sein Limit stieß. „Da habe ich gemerkt, dass ich meine Einstellung und mein Training um 180 Grad ändern muss“, erinnert sich Zebisch, als er wenige Tage vor der großen Herausforderung noch entspannt beim Pressegespräch mit einem alkoholfreien Weizen auf einer Bank am Main in Pflochsbach sitzt.

Bei erfahrenen Triathleten informierte er sich über das Training und professionalisierte seine Übungseinheiten. Die Teilnahme am Garmin Triathlon in Barcelona, den er in der Supersprint-Disziplin über eine kürzere Distanz absolvierte, „lief super“: „Ich war total glücklich und zufrieden.“

Zwar sei er durch seine Selbstständigkeit seit 2015 „immer wieder gebremst“ worden, so Zebisch, dennoch habe er sich die Zeit für seinen Sport „einfach genommen“. Vor dem Arbeitsbeginn lief er bereits 25 Kilometer, um in der Mittagspause im Freibad seine Runden zu drehen und nach der Arbeit den Drahtesel zu beackern. 15 bis 20 Stunden pro Woche bereitet er sich bis heute auf die „Königsdisziplin“ vor, wie Zebisch den Challenge Roth nennt – ein Halbtagesjob. Die Distanzen hat er auf die olympische Disziplin erhöht, seine Ernährung komplett umgestellt, um seinen Fettstoffwechsel anzupassen. Und Alkohol? „Na ja, ein Bierchen geht schon noch, aber alkoholfrei ist besser“, schmunzelt der athletische Glücksbringer.

Reifenpanne wäre Katastrophe

Das Schwimmen ist für Zebisch die anstrengendste Sportart im Wettbewerb. „Das ist eine Kopfgeschichte, man kommt einfach nicht voran“, erklärt er. „Überall sind Arme, da ist immer Chaos.“ Über ein spezielles Training erlernte er das Kraulen, um seine Beinmuskeln für das Radeln zu entlasten. Auch die Wechsel zwischen den Disziplinen musste er üben. „Da kann man viel Zeit verlieren.“ Zebisch springt spontan von der Bank auf und simuliert die Abläufe. Abtrocknen, Badekappe runter, Trikot an und aufs Rad. „Die Beine sind erst mal wackelig, der Puls auf einer anderen Frequenz.“ Auch die mentale Einstellung sei wichtig: „Ich rede mir immer ein, es geht weiter.“

Nach sechs Stunden auf dem Rad beginnt der Marathon. „Die letzten Kilometer fahre ich langsamer, um mich auf das Laufen einzustellen“, berichte der 40-Jährige. „Adrenalin schießt in den Körper, ich bin angespannt und gepusht“, beschreibt er die ersten Meter. „Jetzt muss ich mich an den Boden gewöhnen, um wieder in Tritt zu kommen.“ Die am Sonntag mitreisenden Freunde werden zu diesem Zeitpunkt im Wettkampf für den Läufer zur mentalen Stütze. „Die feuern mich an, das tut mir gut.“

Christian Zebisch möchte zur Krönung seiner bisherigen sportlichen Karriere den ersten Volldistanz-Triathlon für sich in Roth vor allem mit einem guten Gefühl beenden: „Ich will mit Spaß und ohne Zeitdruck die Ziellinie überqueren.“ Eine Reifenpanne wäre für ihn eine Katastrophe, sagt er: „Ich habe schon lange keinen mehr gewechselt.“

Warum tut sich Lohrs extrem-sportbegeisterter Kaminkehrer, der am Sonntag im eigens für Roth designten Trikot der Lohrer Firma Jiakina samt Schornstein startet, diese Strapazen überhaupt an? Die Antwort verblüfft: „Ich habe einen ganzen Tag nur für mich, um alleine Sport zu machen“, sagt er und verabschiedet sich. Er muss dringend noch ein paar Mal Reifenwechseln üben.

 
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