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Fußball
Schule + Sport = enormer Aufwand
Elmar Heil
 |  aktualisiert: 21.12.2015 13:53 Uhr

Auf eine erfolgreiche Karriere vom „Straßenkicker“ in Gänheim bei Arnstein bis hin zum Jugendnationalmannschaftstrainer des Deutschen Fußballbundes (DFB) kann Christian Wück zurückblicken. Seit August 2012 ist der 42-Jährige verantwortlicher Trainer der U-16/U-17-Auswahl, die er im Zweijahresrhythmus betreut. Im Mai dieses Jahres erreichten seine U-17-Spieler das Endspiel der Europameisterschaft in Bulgarien, das sie jedoch mit 1:4 gegen Frankreich verloren. Doch mit dieser Finalteilnahme hat sich das Team für die Weltmeisterschaft im Oktober in Chile qualifiziert. Christian Wück lebt heute in Bielefeld, ist verheiratet und hat zwei Töchter. Trotz des immensen Zeitaufwands für seine Trainertätigkeit hält er immer noch regen Kontakt zu seinem Heimatort.

Frage: Herr Wück, lassen Sie uns zunächst zu Ihren Anfängen zurückgehen. Sie sind mit 14 Jahren zum FC Schweinfurt 05 gewechselt. War das zu früh oder zu spät?

Christian Wück: Es war genau der richtige Zeitpunkt. Ich denke, für mich war es wichtig, bis zu diesem Alter im Heimatverein zu bleiben und mich auch gegen Ältere durchzusetzen. Anlass für den Wechsel war dann ein Schulwechsel innerhalb Schweinfurts. Ohne die Unterstützung meiner Eltern wäre es nicht möglich gewesen, den Fußball und meine Schule unter einen Hut zu bringen.

Würden Sie Ihr Kind auch vom Heimatverein weg zu einem größeren Verein schicken?

Wück: Wie schon erwähnt, denke ich, dass ein erster Wechsel hin zu einem höher spielenden Verein mit 14 bis 15 Jahren ins Auge gefasst werden sollte. Jedoch sollte das immer individuell entschieden werden. Eine Pauschalisierung wäre hier falsch.

Welche Eigenschaften sind Ihrer Meinung nach wichtig, um sich im Fußball, speziell im Profibereich, behaupten zu können?

Wück: Der Wille, die fußballerischen Fähigkeiten, der Charakter und Menschen, die einen schon in jungen Jahren unterstützen.

Warum haben Sie Angebote von Bayern München oder Dortmund abgelehnt?

Wück: Weil ich bei dem einen Angebot (Bayern) noch zu jung war und für das andere keine Freigabe des Vereins erhielt.

Beim Karlsruher SC waren Sie recht erfolgreich. Manche trauten Ihnen sogar den Sprung in die Nationalmannschaft zu. Dann begannen die Verletzungen. Erinnern Sie sich, was damals in Ihnen vorging?

Wück: Die Verletzungen in Karlsruhe waren schon krass. In meinen fünf Jahren dort war ich teilweise mehr in diversen Reha-Centern unterwegs als auf dem Platz zum Spielen und Trainieren. Das ist natürlich für einen jungen Spieler nicht einfach, vor allem, weil ich von einer Verletzung in die andere geriet. Doch auch solche Situationen sind sehr lehrreich für mich gewesen.

Später als Trainer hatten Sie in Ahlen Erfolg und stiegen in die Zweite Bundesliga auf. Wie fühlten Sie sich, als sie dort dann entlassen wurden?

Wück: Die Mechanismen des Profifußballs haben leider auch dort gegriffen. Ein Präsident, der durch den raschen Aufstieg ein wenig die Bodenhaftung verlor und nach der ersten Niederlagenserie versuchte einzugreifen, wurde mir dann zum Verhängnis. Aber die Zeit meiner ersten Profi-Trainerstation war sehr positiv und auch durch die Tätigkeit mit Spielern wie Kevin Großkreutz oder Marco Reus sehr erfolgreich.

Bei der diesjährigen U-17-EM in Bulgarien setzte sich Ihr Kader aus 26 Spielern aus 16 Vereinen der Ersten und Zweiten Liga zusammen. Dadurch bedingt gibt es keine Vorbereitungsblöcke wie in Joachim Löws A-Nationalmannschaft. Wirkt sich das auf Ihre Arbeit nachteilig aus?

Wück: In allen Nachwuchsleistungszentren der Bundesligavereine wird sehr gute Arbeit geleistet und sehr gut ausgebildet. Es kommt immer auf den speziellen Jahrgang an, mit dem wir beim DFB arbeiten, ob eine Blockbildung entsteht oder eher nicht.

Die Jugendlichen in der U 17 müssen einen hohen Zeitaufwand auf sich nehmen. Wie gut ist es in der Praxis möglich, Schule/Beruf und Fußball miteinander zu verbinden?

Wück: Wir haben bei jedem DFB-Lehrgang zwei Lehrer dabei, die individuell mit den Spielern lernen und den Schulstoff abarbeiten. Es ist eine grundlegende Aufgabe von uns beim DFB, darauf zu achten, dass die Spieler ihre schulische Laufbahn nicht vernachlässigen. Der enorm hohe Aufwand der Schüler und Spieler hat allerdings schon eine Grenze erreicht, die nicht höher werden darf.

Sehen Sie Talente in Ihren Teams, die in der Lage sein könnten, einmal die A-Nationalmannschaft zu verstärken?

Wück: Es ist schwer, in dem Alter von 14 bis 17 Jahren so eine Prognose aufzustellen, da viele Faktoren für die Karriere der jungen Spieler verantwortlich sind. Ich denke allerdings, dass in Deutschland jedes Jahr sehr viele junge Talente erscheinen, die den Sprung in den Profibereich beziehungsweise in die Nationalmannschaft schaffen können.

In Ihrer unterfränkischen Heimat hat der FC Würzburger Kickers bereits nach einem statt der geplanten drei Jahre den Aufstieg in die Dritte Liga geschafft. Wie sehen Sie die Zukunft dieses Vereins und wie die Arbeit von Trainer Bernd Hollerbach?

Wück: Ich habe aus der Ferne das Regionalligajahr der Kickers beobachtet. Es ist erstaunlich, aber auch sehr erfreulich, dass Bernd Hollerbach es mit seinen Spielern schon im ersten Jahr geschafft hat, in die Dritte Liga aufzusteigen. Wenn im Verein alle die Bodenhaftung nicht verlieren, sich konsolidieren – sowohl sportlich als auch finanziell – und weiter gute Arbeit leisten, sehe ich einer positiven Entwicklung nichts im Wege stehen.

Und wie sehen Sie Ihre persönliche Zukunft, speziell beim DFB?

Wück: Ich fühle mich sehr wohl beim DFB und freue mich auf hoffentlich noch viele Jahre interessanter Arbeit mit den Talenten, den Trainern der Vereine und den Verbänden.

Christian Wück

Geboren 1973, wechselte der Gänheimer mit 14 Jahren er von seinem Heimatverein zunächst in die B-Jugend des FC Schweinfurt 05 und nur ein halbes Jahr später zum 1. FC Nürnberg, wo er schon bald auch in der Amateurmannschaft zum Einsatz kam. 1990 debütierte er mit 17 Jahren bei den Club-Profis und war damals der drittjüngste Spieler in der Geschichte der Bundesliga. In der U-21-Nationalmannschaft kam er auf 14 Einsätze. 1994 wechselte er bis 1999 zum Karlsruher SC, der damals im Uefa-Cup spielte. Anschließend spielte er nach einem Jahr beim VFL Wolfsburg von 2000 bis 2002 noch in der Zweiten Liga bei Arminia Bielefeld, wo er seine Karriere frühzeitig als Sportinvalide beenden musste. Dort bekam er aber eine Chance als Co-Trainer und Spielerbeobachter. 2007 übernahm Wück als Cheftrainer RW Ahlen und schaffte mit dem Team den Aufstieg in die Zweite Bundesliga. Im November 2011 nahm er ein Angebot des DFB als Co-Trainer der deutschen U-16-Nationalmannschaft unter Chefcoach Steffen Freund an. Seit August 2012 ist der 42-Jährige verantwortlicher Trainer der U 16/U 17.

 
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