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FUSSBALL
Dominik Schönhöfer: Vom Rettungsanker zum Familienoberhaupt
Er sagt noch nicht Servus bei der DJK Schwebenried/Schwemmelsbach: Trainer Dominik Schönhöfer hat seinen Vertrag beim Fußball-Landesligisten um ein Jahr verlängert.
Foto: Hans Will | Er sagt noch nicht Servus bei der DJK Schwebenried/Schwemmelsbach: Trainer Dominik Schönhöfer hat seinen Vertrag beim Fußball-Landesligisten um ein Jahr verlängert.
Volker Hensel
 |  aktualisiert: 02.04.2019 13:58 Uhr

„Nachdem klar war, dass wir vor einem totalen Umbruch stehen, einige Leistungsträger und unser Trainer Mario Schindler den Verein verlassen, brauchten wir einen Rettungsanker“, sagt Fußball-Abteilungsleiter Jürgen Stürmer über die Trainersuche beim Landesligisten DJK Schwebenried/Schwemmelsbach vor knapp einem Jahr. „Sprich, einen Trainer, der was darstellt und auch die entsprechende menschliche und fachliche Kompetenz mitbringt.“

Keine leichte Aufgabe für einen Klub, der auch nicht in der Lage ist, mit größeren Geldbeträgen Fachleute zu locken. Wie gut, dass sich Stürmer an einen Kameraden erinnerte, mit dem er fast 30 Jahre zuvor bei der Bundeswehr in Hammelburg in der Nachschubkompanie seinen Wehrdienst abgeleistet hatte: Dominik Schönhöfer. Die Erneuerung einer wunderbaren Freundschaft: Denn die DJK und Dominik, das passt. Rechtzeitig zu Weihnachten wurde jetzt der Vertrag um eine weitere Saison verlängert. „Wir machen immer Einjahresverträge“, so Stürmer.

„Unbeirrt ist er seinen Weg weiter gegangen und hat alle mitgenommen. Auch in sehr vielen Einzelgesprächen. “
Co-Trainer Felix Zöller über Dominik Schönhöfer

Dabei wollte Schönhöfer eigentlich nach seinem Abgang beim Bayernligisten TSV Großbardorf längere Zeit pausieren. „Nach mehr als 20 Trainerjahren schien mir das mal nötig“, so Schönhöfer, der im „Zivilleben“ Leiter des Service-Centers des Bayerischen Roten Kreuzes in Bad Kissingen ist. Auch, um endlich mal seine seit Februar 2017 wegen des Fußballs zurückgestellte Hochzeitsreise nachzuholen. Weshalb er mehrere Anfragen zuvor bereits abgelehnt hatte. „Ich hab ihm gesagt, 'Du musst kommen'“, so Stürmer zu seinem langjährigen Kumpel. Und Schönhöfer ließ sich tatsächlich überzeugen. Wohl wissend, dass fünf Leistungsträger den Verein verlassen werden, namhafte Verstärkungen das schmale Budget der Schwebenrieder nicht zulässt und er nach knapp sechs Jahren mit dem beliebten und erfolgreichen Coach Mario Schindler natürlich unter besonderer Beobachtung stehen würde.

„Ich hatte den Weg von Schwebenried verfolgt und war sehr angetan, was dort seit der Fusion von Schwebenried und Schwemmelsbach gewachsen ist.“ Schließlich sei es ihm völlig egal, welche finanziellen Mittel ein Verein zur Verfügung habe. „In der Landesliga hat vermutlich nur Aufkirchen weniger Geld als wir. Wenn ich einen Verein übernehme, müssen drei Dinge passen: Es muss eine Mannschaft mit Potenzial vorhanden sein, eine Vorstandschaft, die nachhaltig, mit Sachverstand und einem Plan arbeitet, sowie ein Umfeld, das zu und hinter dem Verein steht. Das alles habe ich in Schwebenried gefunden.“

Von daher war die Vertragsverlängerung jetzt auch keine allzu große Überraschung, schließlich ist Schönhöfer als Trainer alles andere als ein Wandervogel: Bei seinem Heimatverein TSV Wollbach blieb er zehn Jahre (1996 bis 2006), beim TSV Münnerstadt acht (2006 bis 2014, inklusive Bezirksligaaufstieg), in Großbardorf knapp dreieinhalb (2014 bis 2017). „Am Wohlsten fühle ich mich in meiner Familie, also sollte auch der Verein wie eine Familie sein – da verbringe ich fast genauso viel Zeit“, sagt der 48-jährige.

Entsprechend legt Schönhöfer Wert auf Werte: „Ehrlichkeit, Zusammenhalt, Vertrauen, Zuverlässigkeit, Zurückstellung von Egoismen. Das habe ich von meinen Eltern mitbekommen, das versuche ich auch in den Vereinen, in denen ich bin, weiterzugeben, auch wenn manche vielleicht glauben, das sei altmodisch.“ Schließlich würden gerade die jungen Spieler in der Bundesliga-Berichterstattung immer wieder gezeigt bekommen, dass es Ellenbogen und das Denken an den eigenen Vorteil bräuchte, um auch im Fußball weiterzukommen. „Doch das ist der falsche Weg, das Team ist alles.“ Gerade seinen jüngeren Schützlingen hoffe er, sozusagen als Familienoberhaupt, etwas fürs Leben mitgeben zu können.

In Schwebenried kommt das offenbar an. Die DJK Schwebenried/Schwemmelsbach überwintert als Sechster. In den letzten vier Spielen gab es vier Siege mit 10:0 Toren, man ist bestes Rückrundenteam der Landesliga Nordwest. Nach momentanem Stand wird die Mannschaft auch in der Saison 2019/20 zusammenbleiben. Auch die Verträge von Co-Trainer Felix Zöller und Torwarttrainer Daniel Kemmer sollen in der Weihnachtszeit verlängert werden.

Und das trotz einer „Höllen-Hinrunde“: kompletter Neuaufbau, kleiner Kader, zeitweise bis zu zehn (Langzeit-)Verletzte. Das Team auf dem Platz wurde zwangsweise immer jünger. Bis zu sieben 20-Jährige standen in der Startformation, die mit Kickern aus der zweiten Mannschaft aufgefüllt wurde. Zwischendurch holte die DJK aus fünf Partien nur einen Punkt. Doch Schönhöfer wiederholte mantramäßig, dass eine solche Phase ganz normal sei und die Mannschaft als echtes Team gestärkt daraus hervor gehen würde. Er vertraute seinen Spielern und die ihm. Und tatsächlich, wer genau hinschaute, sah von Woche zu Woche kleine Fortschritte, auch wenn die Ergebnisse anfangs noch nicht passten. Erst weniger eigene Fehler, dann eine klarere Spielanlage, mehr Torchancen, mehr Treffer, mehr Punkte, jeder einzelne Spieler wurde immer ein bisschen sicherer und besser.

Am Ende bedauerten sie es fast, dass jetzt die Winterpause kam. „Es war unglaublich, wie ruhig Dominik immer geblieben ist“, sagt Co-Trainer Felix Zöller. „Unbeirrt ist er seinen Weg weiter gegangen und hat alle mitgenommen. Auch in sehr vielen Einzelgesprächen. Ich habe noch nie gesehen, dass ein Trainer so viel mit seinen Spielern geredet hat und dass ihm vor allem alle gleich wichtig sind. Auch taktisch hat er uns ein ganzes Stück weiter gebracht.“

„Am Wohlsten fühle ich mich in meiner Familie, also sollte auch der Verein wie eine Familie sein – da verbringe ich fast genauso viel Zeit.“
Dominik Schönhöfer über die DJK Schwebenried/Schwemmelsbach

Entstanden ist dabei eine verschworene Gemeinschaft, aus der der Trainer niemanden hervorheben möchte – und auch selbst nicht gerne im Rampenlicht steht. Lieber verweist er auf seine Mittrainer, die Spieler, die Vorstandschaft, die Physiotherapeutin, den reaktivierten langjährigen Kapitän Uwe Ziegler, „der uns auf und außerhalb des Platzes unglaublich geholfen hat“. Stolz ist er, dass der ganze Verein enger zusammengerückt ist. „Die erste, zweite, dritte Mannschaft und die Senioren haben zusammen eine Weihnachtsfeier gemacht und sind sich auch sonst ganz nah, wo gibt's das schon?“ Im Falle des Klassenerhalts – der ist weiter das Saisonziel – will sich die Mannschaft mit einer Abschlussfahrt nach Mallorca belohnen.

30 Punkte hat die DJK schon auf den Konto, „34 sollten heuer reichen“, glaubt der stellvertretende Kapitän Sebastian Heinlein. Wobei Schönhöfer die 34 Punkte freilich nur dann genügen dürften, wenn es irgendwelche unvorhersehbaren Umstände nicht anders zulassen würden. Hauptsache, er hat seine Familien um sich: Ehefrau Belinda und Tochter Mia am Spielfeldrand, die DJK sozusagen auf dem Platz. Nur die Hochzeitsreise, die muss nach der Vertragsverlängerung weiter warten.

 
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