„Erster Ballkontakt, drehen und schnell abschließen“, weist Thorsten Pernitschka die Jungs in den grünen und orangefarbenen Leibchen an. „Ja, super gemacht, Felix“, lobt er anschließend den jungen Spieler, nachdem dieser sich erfolgreich gegen seinen Gegenspieler durchgesetzt und ins Tor getroffen hat.
Es ist später Montagnachmittag, auf dem Steinfelder Sportplatz tummeln sich an die 30 Kinder im Alter von elf und zwölf Jahren. Sie alle haben die Talentsichtung des Deutschen Fußballbunds (DFB) erfolgreich absolviert und besuchen nun an diesem letzten Ferientag das erste Training auf dem Gelände des SV Steinfeld.
Doch was hat es eigentlich mit einem solchen Stützpunkt auf sich, wie kommen die jungen Fußballtalente dahin und wie wird man Trainer? „Die U-11 Fußballer werden im Vorfeld aufgerufen, sich für den bayernweiten Sichtungstag, der immer am dritten Sonntag im Juli stattfindet, anzumelden“, erklärt Siegbert Sternheimer, der neben Thorsten Pernitschka und Benedikt Strohmenger seit März dieses Jahres als Stützpunkttrainer auf der Fränkischen Platte fungiert.
Etwa 60 junge Fußballer des Jahrgangs 2005 machten sich Mitte Juli auf den Weg nach Steinfeld, um sich unter den Augen von externen Trainern in zehn Gruppen einem vom DFB vorgegebenen Bewertungsverfahren zu unterziehen. Technische und taktische Fertigkeiten waren hier gefragt. Anhand der ausgewerteten Bögen wurden anschließend die 30 Besten zur Nachsichtung eingeladen. Diese 30 wurden dann von den drei örtlichen Stützpunkttrainern nochmals nach vorgegebenen Kriterien bewertet. Am Ende fiel nochmals die Hälfte durch das Raster, denn lediglich 15 junge Fußballer pro Jahrgang schaffen den Sprung nach Steinfeld, dem einzigen Stützpunkt im Landkreis Main-Spessart.
„Eigentlich müsste zu einem solchen Talentsichtungstag das Doppelte an Spielern erscheinen“, moniert Sternheimer. Denn auch die einzelnen Fußballvereine und U-11-Trainer im Landkreis werden angeschrieben, um eventuelle Talente in ihren Reihen zu benennen und für den jährlichen Sichtungstermin im Juli anzumelden. „Allerdings macht dies kein Verein, weil diese Bedenken haben, dass einer ihrer Spieler zu einem höherklassigen Verein abwandert. Da muss ein anderes Denken her“, fordert der Neuhüttener die Vereine auf, mehr im Sinne des Nachwuchstalents zu handeln.
Die Förderung der jungen Talente steht im Mittelpunkt des Projekts, bei dem der DFB alle vier Wochen einen neuen Schwerpunkt vorgibt. „Im September lautet das Thema eins gegen eins“, berichtet der Lizenz-Trainer. So erhalten die Stützpunkttrainer grobe Vorgaben mit Übungsvorschlägen und Anhaltspunkten vom DFB. Wie die Übungen aber im Einzelnen aussehen, bleibt den Trainern vor Ort überlassen. An diesem Montag hat der Neuhüttener die Pläne ausgearbeitet, kurz vor dem Training bespricht sich das Trio, ebenso am Ende der Einheit. Daraus resultieren dann die Übungen für die nächste Woche. „Das geht nicht nach Schema F. Wir vertiefen ein Thema langfristig. Das darf aber nicht eintönig sein, sondern muss Spaß machen“, weiß der Coach. Denn nur wenn das Training Freude bereitet, lernen die Jugendlichen etwas.
„Die Jungs sind alle motiviert und wollen sich weiterentwickeln“, lobt der ehemalige Coach des Landesligisten TSV Karlburg seine Schützlinge und fügt an, dass man hier als Trainer super arbeiten könne, weil es keinen Erfolgsdruck gebe. Freilich sollen sich die jungen Spieler weiterentwickeln, denn selbst wenn man die Aufnahme geschafft hat, ist dies noch kein Freibrief für die nächsten vier Jahre. „Pro Saison gibt es zwei Leistungstests in der Halle. Da kann man genau feststellen, ob sich der Spieler weiterentwickelt hat“, erklärt Sternheimer. Und so könne es auch schon einmal passieren, dass ein Spieler aussortiert wird und ein anderer dafür nachrückt.
Inmitten der Schar von Jungs befindet sich Anna Kemmetmüller aus Wombach. Bereits seit zwei Jahren besucht die 14-Jährige das Stützpunkttraining. Sie ist Torfrau und eines von zwei Mädchen, welches bei den beiden älteren Jahrgängen mittrainiert. „Hier ist es schon ein bisschen anders als im Verein. Die Übungen sind spezieller und werden mehr vertieft“, berichtet die Torfrau der U 15 der JFG Spessarttor. Nicht nur Anna Kemmetmüller und den übrigen Fußballtalenten, sondern auch den drei Trainern macht die teils schweißtreibende Arbeit sichtlich Spaß. „Es ist einfach super. Hier kannst du ganz anders arbeiten“, nennt Thorsten Pernitschka, zuletzt als U-19-Trainer bei der JFG Kreis Karlstadt tätig, die Vorzüge. „Ich denke, gerade die Zusammensetzung der Trainer ist für die Kids optimal“, ergänzt Benedikt Strohmenger, der zudem als Spielertrainer beim SV Birkenfeld aktiv ist, abschließend.
Der Stützpunkt in Steinfeld
Seit dem Jahr 2008 befindet sich in Steinfeld der DFB-Stützpunkt. Er ist der einzige im Landkreis Main-Spessart. Insgesamt gibt es in Bayern 64 DFB-Stützpunkte, davon 46 Basisstützpunkte und 18 BFV-Nachwuchsleistungszentren – unter anderem in Würzburg, Aschaffenburg und Schweinfurt.
Voraussetzung für die Tätigkeit als Trainer an einem dieser Stützpunkte ist der Besitz der DFB-Elite-Jugend-Lizenz, wodurch der Inhaber automatisch ein Jahr lang im Juniorenbereich tätig war.
Für den jährlichen Talentsichtungstag können alle Eltern von jungen, talentierten Fußballern ihr Kind ohne Zutun des Vereins anmelden, in dem sie Fußball spielen.
Das Training findet immer montags von 17 bis 18.30 Uhr für die elf- und zwölfjährigen Talente und von 18.30 Uhr bis 19.00 Uhr für die 13- und 14-Jährigen statt.