"Fußball braucht mehr Respekt." Das fordert Schiedsrichter Manuel Steigerwald in einem Gespräch mit dieser Redaktion. Der 35-jährige Familienvater sitzt auf der Terrasse seines Hauses in Karlburg, sein zweiter Einsatz in dieser Saison als Schiedsrichter einer Regionalliga-Partie liegt gerade wenige Tage hinter ihm.
Seit dieser Runde darf der für den Bayernligisten TSV Karlburg gemeldete Schiedsrichter wieder Fußballspiele in der vierthöchsten Liga leiten und ist somit der "ranghöchste" Unparteiische aus dem Landkreis Main-Spessart. Im Juni des Jahres 2000, als der damals 15-jährige Gräfendorfer an einem Schiedsrichter-Neulingslehrgang in Karlstadt teilnahm, begann seine Karriere. "Ein Kumpel von mir hat damals den Lehrgang mitgemacht und mich animiert, teilzunehmen", erinnert sich der heute 35-Jährige an die Anfänge. Auch seitens des SV Gräfendorf, bei dem damals die Jugendmannschaft aufgelöst wurde, in der Manuel kickte, habe man ihn für den Job des Schiedsrichters motiviert. "Dann bin ich eben mitgegangen – und so ist es passiert", berichtet der Vater einer vierjährigen Tochter und eines fast einjährigen Sohnes mit einem Schmunzeln.
Rascher Aufstieg für den jungen Schiri
Auf der Karriereleiter kletterte der junge Unparteiische rasch nach oben, bereits im Jahr 2003 schaffte er den Aufstieg in die Bezirksliga, zwei Jahre später in die damalige Bezirksoberliga und nur ein Jahr danach stieg er schon in die Landesliga auf. Seit dem Jahr 2012 darf der Berufschullehrer Bayernliga-Partien leiten. Nachdem er 2016 bereits in die Regionalliga aufgestiegen war, wurde er im Jahr 2018, nachdem er sich anlässlich der Geburt seines Sohnes eine mehrmonatige Auszeit genommen hatte, eine Klasse nach unten gestuft. Seit Beginn dieser Saison darf er nun wieder Regionalliga-Partien leiten. Zwischenzeitlich hatte er zudem acht Jahre lang das Amt des Schiedsrichterobmanns im Raum Main-Spessart inne und gehörte der Vorstandschaft für weitere drei Jahre als Beisitzer an. "Aus familiären Gründen habe ich das aufgegeben, das schaffe ich zeitlich einfach nicht mehr."
Auch ohne das Engagement in der Vorstandschaft ist für den Familienvater der Zeitaufwand für sein Hobby enorm hoch. In der Regel finden die Regionalliga-Partien samstags um 14 Uhr statt, was bedeutet, dass die Schiedsrichter um 12 Uhr vor Ort sein sollen. Am Beispiel der Partie Türkgücü München gegen den FC Augsburg II, die Steigerwald kürzlich leitete, schildert er den Tagesablauf eines Regionalliga-Schiris. Bereits um 7.30 Uhr in der Früh startete der Karlburger und traf sich wenig später mit seinem Assistenten in Würzburg. "Ich versuche, immer eine Stunde Puffer einzubauen, die wir aufgrund eines Staus bei Nürnberg auch tatsächlich benötigt haben", erinnert sich der 35-Jährige, der sich nach der Ankunft am Spielort gerne noch kurz die Füße vertritt und etwas trinkt.
Rund 75 Minuten vor Spielbeginn steht dann eine Besprechung mit dem Spiel- und Medienbeauftragten des Bayerischen Fußball-Verbands, den Vertretern der Heim- und Gastmannschaft sowie dem Einsatzleiter der Polizei auf dem Plan. Je nach Spiel dauert diese etwa eine Viertelstunde. Nach Spielende habe das Ausfüllen des elektronischen Spielberichtsbogens "Prio eins". Außerdem findet nach jedem Regionalliga-Spiel eine ausführliche Besprechung mit dem Schiedsrichter-Beobachter statt, ehe es in die Dusche und zum gemeinsamen Essen ins Vereinsheim geht. "Da ist der ganze Samstag futsch. Du fährst in der Früh um halb acht los und kommst abends kurz vor zehn Uhr heim", erklärt Steigerwald angesichts des enormen Zeitaufwands. Der Familienvater ist daher seiner Frau sehr dankbar, dass sie sein Hobby mitträgt. So ist er in den Monaten nach der Geburt von Sohn Valentin zwar etwas kürzer getreten, ans Aufhören denke er aber noch lange nicht. "Dafür macht es mir zu viel Spaß", erklärt er mit einem strahlenden Lächeln.
Erinnerungen an besondere Partien
Und was war sein bislang schönstes Erlebnis? Bei dieser Frage muss der erfahrene Unparteiische kurz überlegen und nennt dann gleich vier "Highlights" in seiner Laufbahn. "Vom spielerischen her brutal gut war die Begegnung zwischen Nürnberg II und Bayern München II", kann sich Steigerwald noch gut an die Regionalliga-Partie im November 2016 erinnern, bei der Michael Köllner, der spätere Trainer des Nürnberger Bundesliga-Teams, für die Club-Reserve verantwortlich war. Aber auch die Partie zwischen Greuther Fürth II und dem FC Ingolstadt II im altehrwürdigen Sportpark Ronhof, bei welcher der damalige Bayernliga-Schiedsrichter bei einer Regionalliga-Partie reinschnuppern durfte, fallen ihm ein. Oder das Relegationsspiel zwischen dem TSV Buch und dem ASV Vach, bei dem es um den letzten freien Platz in der Bayernliga ging. "Das war eine klasse Stimmung, auf dem Sportplatz in Buch mit rund 2500 Zuschauern", schwärmt der Karlburger. Aber auch die Pokalpartie zwischen dem Würzburger FV und den Würzburger Kickers im vergangenen Jahr führt er an. Zuvor hatte er bereits mehrere Stadtderbys geleitet, doch im August 2018 gastierte die erste Garnitur der Rothosen an der Mainaustraße. "Das war von der Konstellation her sehr brisant", erklärt Steigerwald und erinnert sich daran, dass die Gäste bereits in ihren Trikots angekommen und danach mit dem Bus ungeduscht wieder an den Dallenberg zurück gefahren waren.
Lob für die neuen Regeln
Und was sagt der Unparteiische zu neuen Regeln, wie beispielsweise der, dass das Wegschlagen des Balls konsequent mit Gelb geahndet wird? "Das finde ich super, das wurde höchste Zeit", betont Steigerwald und verweist darauf, dass die Neuerung vor der Saison rechtzeitig und deutlich kommuniziert worden sei. Überhaupt brauche der Fußball viel mehr Respekt. "Wir Schiedsrichter müssen uns viel zu viel gefallen lassen." Daher müsse auch das Meckern "gnadenlos angegangen" werden. Denn einerseits tue man sich immer schwerer, Nachwuchs zu finden, andererseits werde den Schiedsrichtern oftmals das Leben schwer gemacht. Und auch wenn er bekräftigt, dass ihm seine Tätigkeit als Schiedsrichter sehr viel Spaß mache, wisse er nicht, ob er jemandem zu diesem Hobby raten würde: "Wenn mein Sohn irgendwann einmal den Wunsch äußern sollte, weiß ich nicht, wie ich reagieren würde. Er sollte jedenfalls schauen, möglichst schnell aus den unteren Klassen rauszukommen."