
Ein Fußball-Ereignis der besonderen Art bekamen die Zuschauer am Samstagmittag auf dem Frammersbacher Sportplatz geboten: In einem Freundschaftsspiel standen sich die U-12-Junioren von Eintracht Frankfurt und SV Darmstadt 98 gegenüber. In den Reihen der Eintracht ist der Spieler mit der Rückennummer sechs einer der auffälligsten Akteure, nämlich Lennart Karl aus Frammersbach.
"Steffen Aloe hat angeboten, dass sie das Spiel hier austragen, und wie es aussieht, ist es ein voller Erfolg", antwortet Alexander Kirsch von der TuS Frammersbach freudestrahlend auf die Frage, wie es denn zu diesem Spiel gekommen ist. Denn immerhin rund 150 Zuschauer befinden sich an diesem Samstagmittag am Sportgelände und verfolgen bei strahlendem Sonnenschein das technisch hochklassige Juniorenspiel.
Mit Lennart Karl, dem Sohn des früheren TuS-Torjägers Steffen Aloe, steht ein echter Frammersbacher im Eintracht-Team – und erzielt schon wenige Minuten nach Anpfiff den Führungstreffer für Frankfurt. Bereits im dritten Jahr spielt der elfjährige Lennart nun bei den Hessen. Nach zwei Jahren bei seinem Heimatverein wechselte er für die nächsten zwei Jahre zur Viktoria nach Aschaffenburg. "Nach dem Adler-Tag habe ich ein Probetraining in Frankfurt gemacht", berichtet Lennart, der die sechste Klasse der Realschule in Lohr besucht, über den traditionellen Sichtungstag im Eintracht-Nachwuchsleistungszentrum und seinen anschließenden Wechsel in die Main-Metropole.
Eine Fahrtstunde entfernt
Das bedeutet, dreimal die Woche zum Training ins rund eine Fahrtstunde entfernte Frankfurt, am Wochenende stehen zudem noch die Leistungsvergleiche auf dem Programm. In dieser Altersklasse absolvieren die Mannschaften nämlich noch keine Pflichtspiele, sondern messen sich in Freundschaftsspielen mit anderen Nachwuchsleistungszentren und bei Turnieren. „Letzte Woche waren wir in Karlsruhe, davor in Trier und kürzlich auch bei einem Turnier in Hannover“, berichtet Vater Steffen Aloe angesichts der beachtlichen Fahrtstrecken, welche Eltern und Spieler in der Regel mit privaten Pkw absolvieren müssen. Zum Turnier nach Hannover wurde allerdings ein Vereinsbus eingesetzt.
Der 37-jährige Aloe, der selbst noch in der zweiten Mannschaft von Wiesen mitspielt und die erste Mannschaft gemeinsam mit André Mehrlich coacht, gibt zu, dass schon ein gehöriger Aufwand dahinter steht. Denn zu den Trainingseinheiten geht es während der Woche um 15.15 Uhr zu Hause los, um pünktlich zum Trainingsbeginn um 16.30 Uhr in Frankfurt zu sein. Bis 18.30 Uhr dauert eine solche Einheit dann. "Entweder fährt meine Frau oder ich oder auch einmal der Opa. Das muss natürlich alles organisiert werden, ist aber machbar", zeigt sich Aloe gelassen.
Lennart selbst empfindet das Ganze nicht als anstrengend. „Mir gefällt es gut, es macht viel Spaß“, erklärt der zurückhaltende Blondschopf, der Lionel Messi als Vorbild nennt. Der technisch versierte und torgefährliche Elfjährige gibt zu, dass er sich im Mittelfeld am wohlsten fühlt. Mit für sein Alter außergewöhnlich großer Übersicht zieht er im Spiel die Fäden und ist einer der Aktivposten im Team.
Ende des Jahres 2018 wurde ein Treffer von Lennart Karl bei einem Hallenturnier zum Eintracht-Tor des Monats gewählt
Und wie geht es für den ehemaligen Bayern-Fan weiter, dessen Herz mittlerweile für die Eintracht, aber auch für den FC Barcelona schlägt? "Es gibt jedes Jahr ein oder zwei Feedbackgespräche, in denen man gesagt bekommt, ob man bleibt oder sich einen anderen Verein suchen muss", berichtet Aloe über das knallharte Auswahlverfahren. Für Lennart sei jedoch derzeit keine Veränderung geplant. Ein Wechsel ins Eintracht-Internat komme für Lennart in Zukunft nicht in Frage, weil die Familie zu nah an Frankfurt wohne. Als kleines "Bonbon" habe U-12-Trainer Patrick Ortlieb nun kürzlich bei Aloe nachgefragt, ob solch ein Testspiel auch einmal im Heimatort der Nordspessarter stattfinden könne. Die sportliche Leitung um Jochen Mill habe prompt Grünes Licht gegeben. Und so konnte die gesamte Familie des elfjährigen Lennart, der im dritten Abschnitt völlig souverän auch einen Elfmeter zum 5:1-Endstand für die Weißen mit dem Eintracht-Adler auf der Brust verwandelte, praktisch vor der Haustür ohne Anfahrtsstress einen perfekten Familien-Fußballtag verbringen.
Denn auch der jüngere Bruder von Lennart, der in der Frammersbacher U 9 Fußball spielt, kam an diesem Samstag beim Vorspiel zum Einsatz. Alexander Kirsch, Trainer der Frammersbacher U-9-Mannschaft, hatte nämlich die Gelegenheit genutzt und im Vorfeld des publikumswirksamen Aufeinandertreffens des Bundesliga-Nachwuchses ein Freundschaftsspiel zwischen Frammersbach und Lohr organisiert. Und wie bei den "Profis" üblich, durften die Kleinen mit den "Großen" gemeinsam aufs Feld laufen.