
In den Geschäftsräumen des Sportrechtevermarkters Infront hat es zuletzt überraschende Besuche gegeben. Anfang der Woche schauten Fahnder in der Zentrale im schweizerischen Zug vorbei, nachdem sie im vergangenen April schon bei der Österreich-Tochter Infront Austria in Salzburg zu Besuch gewesen waren. Anlass ist in beiden Fällen ein aufsehenerregender Prozess, der gerade in Norwegen läuft. Dort steht Anders Besseberg, ehemaliger Präsident des Biathlon-Weltverbandes IBU, vor Gericht. Ihm wird Korruption vorgeworfen. Infront-Mitarbeiter sollen, so der Vorwurf, Besseberg bestochen haben. Unter anderem geht es dabei um Jagdausflüge, teure Uhren und die Dienste von Prostituierten. Der Norweger bestreitet die Vorwürfe. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Infront bestätigte die Durchsuchung auf Anfrage
Die Fäden der Ermittler laufen auch nach Österreich, da sich die dort ansässige Infront-Filiale um das Biathlon-Geschäft kümmert. Auf Anfrage eines Rechercheverbundes, dem neben unserer Redaktion auch Der Spiegel, BR, die österreichische Zeitung Der Standard und der norwegische Fernsehsender NRK angehören, hielt sich die Wiener Staatsanwaltschaft bedeckt und teilte nur mit, dass "weitere Hausdurchsuchungen im Ausland stattgefunden" hätten. Infront hingegen bestätigte die Durchsuchung. Im Zuge der Amtshilfe würden österreichische Behörden untersuchen, "ob es im Rahmen der Geschäftsbeziehung zwischen der Infront Austria GmbH und dem ehemaligen IBU-Präsidenten zu Fehlverhalten gekommen ist". Man habe jedoch immer nur marktübliche Konditionen bekommen und keinen unrechtmäßigen Einfluss genommen.
Allzu ungewöhnlich sind Durchsuchungen in Räumlichkeiten von Infront. So standen Ermittler im Herbst des vergangenen Jahres auch in der Deutschland-Filiale in Frankfurt am Main auf der Matte. Dabei ging es aber nicht um Biathlon, sondern um Eishockey. Im Zentrum dieses Verfahrens steht mit Franz Reindl ein anderer ehemaliger Funktionär. Reindl war von 2014 bis 2022 Präsident des Deutschen Eishockey-Bundes. Seit rund zwei Jahren ermittelt die Staatsanwaltschaft München gegen ihn. Es geht um den Verdacht der Untreue.
Der hessische Eishockey-Chef erstattete Anzeige
Als ehrenamtlicher DEB-Präsident könnte er dem langjährigen Sportrechtevermarkter zu günstige Konditionen bei der Vermarktung der Eishockey-Nationalmannschaft gewährt haben, lautet der Verdacht. Hendrik Ansink, Chef des hessischen Eishockeyverbandes, hatte im Januar 2022 Anzeige erstattet, weil er fürchtet, der Verband sei geschädigt worden. Infront soll im Gegenzug, so die Annahme der Ermittler, das finanzielle Überleben einer DEB-Tochtergesellschaft gestützt haben. Dort wiederum war Reindl (zeitgleich zu seiner ehrenamtlichen Tätigkeit als DEB-Präsident) hauptamtlicher Geschäftsführer. Infront teilte damals mit, man kooperiere "vollumfänglich mit den beteiligten Behörden"; das Verfahren richte sich aber nicht gegen die Firma oder einzelne Mitarbeiter.
Beide Verfahren sind schwebend. Besseberg und Reindl beteuern ihre Unschuld. Infront ebenfalls. Alle Verträge zwischen Infront und DEB seien in den DEB-Gremien „breit abgestützt“ gewesen. Die Vorwürfe eines Interessenkonflikts sowie der einer Übervorteilung des DEB entbehrten jeder Grundlage. Auch eine interne Untersuchung des DEB, durchgeführt durch eine Strafrechtskanzlei, sei zum Schluss gekommen, dass sich strafrechtliche Vorwürfe nicht bestätigt hätten.
Der Sportrechtevermarkter gilt als weltweit führend auf dem Gebiet und hat in 17 Ländern Filialen. Mit der IBU laufen die Verträge noch bis 2030. Die Geschäftsbeziehungen mit dem DEB hingegen enden nach dieser Saison. Noch ist unklar, ob sie verlängert werden.