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Augsburg
Wurfmeisterin macht Hürdenlauf: Wenn Schwäche zu Stärke wird
Weil eine Mannschaftskameradin verletzt ausfällt, springt Jolien Boumkwo im 100-Meter Hürdensprint ein. Nicht unbedingt ungewöhnlich. Für eine Wurfmeisterin schon.
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Foto: Erik van Leeuwen, dpa | Jolien Boumkwo aus Belgien lief nur aushilfsweise über die Hürden.
Johannes Graf
 |  aktualisiert: 11.03.2024 11:24 Uhr

Kein Körper ist gleich dem anderen. Klar, grundsätzlich sollten Herz, Lunge, Leber oder Darm schon am vorgesehenen Ort sein. Ohne eine bestimmte Grundordnung lässt es sich schwer leben. Aber die Ausmaße eines Menschen, ob er etwa von zwei Metern Höhe auf die Erde herabblickt oder von 1,60 Meter, unterscheiden sich dann doch ziemlich. Im Alltag kann das zu Problemen führen. Das Glas aus dem Küchenschrank zu holen, kann einer Mount-Everest-Mission gleichen. 

Der Leistungssport ist seit jeher von extremer Selektion geprägt. Jan Ullrich soll seiner physischen Konstitution wegen fürs professionelle Radfahren ziemlich perfekte Voraussetzungen gehabt haben. Seinen Körper nutzte das Jahrhunderttalent zu einem Tour-de-France-Sieg. Aber auch dazu, diesen als Versuchsobjekt für diverse Mittelchen zu missbrauchen.

Man wäre nie auf die Idee gekommen, den leichtgewichtigen Tour-Sieger Ullrich unter einen Basketballkorb zu stellen. Andererseits wäre es sinnbefreit, einen Basketballhünen in ein Formel-1-Auto zu stecken.

Jolien Boumkwo: Eine Wurfmeisterin im Hürdenlauf

Trotz Trainings und Talent sollte der Sportelnde also wissen, wo seine Stärken liegen. Im Fall von Jolien Boumkwo lässt sich das wörtlich verstehen. Die 29-Jährige ist 21-fache belgische Wurfmeisterin, in den Disziplinen Kugelstoßen und Hammerwerfen. Entsprechend ihrer speziellen Fertigkeiten mit dem Stahlbällchen oder dem Kettengerät ist ihr Körper gebaut. Ohne Masse und Muskelberge wäre sie über die Siegerurkunde in der Schule nie hinausgekommen. Geht Boumkwo an den Start, will sie gewinnen. "Dabei sein ist alles" mag ein schönes Motto sein, Leistungssportler sehnen sich nach Titeln und Triumphen. 

Bei der Leichtathletik-Team-EM wusste Boumkwo aber bereits vor dem Start, dass sie verlieren würde. Sie sprang erst über ihren Schatten, dann sprang sie in die Bresche. Letztendlich sprang sie auch noch über Hürden. Sie zeigte Schwäche, bewies dadurch aber Stärke. Teamkollegin Anne Zagré, immerhin ehemalige U20-Europameisterin, war ausgefallen. Und so lief Boumkwo über 110-Meter Hürden. 20 Sekunden nach der spanischen Siegerin Teresa Errandoneaüberquerte die Belgierin die Ziellinie. In langer Hose, mit einem Lächeln und unter dem Jubel des Publikums. "Mein Team ist das Wichtigste", sagte sie anschließend. Durch ihren kuriosen Auftritt holte sie sogar Punkte für ihr Team. 

Dass Boumkwo nun umschult, scheint aber ausgeschlossen. Ihre wahren Stärken liegen dann doch woanders.

 
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