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Klimawandel
Wie klimaschädlich ist der Profisport?
Millionen Fans beim Fußball, Formel 1 weltweit und Wintersport ohne Schnee. Wie klimaschädlich ist Profisport, und welche Bemühungen gibt es, das zu ändern?
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Foto: Patrick Seeger, dpa (Archivbild) | Der Klimawandel bedroht nicht nur den Wintersport.
Felix Gnoyke
 |  aktualisiert: 11.03.2024 09:52 Uhr

Der Klimawandel schreitet weiter voran und stellt auch den Profisport vor neue Herausforderungen. Höhere Temperaturen, extreme Wettereignisse und schmelzende Gletscher bedrohen unsere Lebenswelt und damit auch die Zukunft vieler Sportarten. Gerade die bevorstehende Wintersportsaison zeigt das eindrucksvoll. Während die meisten Sportarten – abgesehen vom Motorsport – beim Ausüben nicht gerade klimaschädlich sind, so ist es das Drumherum umso öfter. Vor allem Sportgroßveranstaltungen schlagen dabei negativ zu Buche. Unsere Redaktion gibt eine Übersicht über die Auswirkungen aufs Klima beliebter Profisportarten und wie versucht wird, diesen entgegenzuwirken.

Wie klimaschädlich ist Fußball?

Der Hebel, den Fußballvereine und Stadionbetreiber haben, ist aufgrund des hohen Ressourceneinsatzes rund um den Betrieb der Arenen sehr groß: Während eines Spieltages verbraucht ein Stadion mit 30.000 bis 100.000 Zuschauerinnen und Zuschauern so viel Strom, Wasser, Wärme und Lebensmittel wie eine mittelgroße Stadt. Ein Stadionbesucher konsumiert durchschnittlich einen halben Liter Bier, einen Bissen Bratwurst, das dazugehörige Brötchen und einen Schluck Limonade, wie das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung errechnet hat. Der ökologische Fußabdruck von Stadien ist also nicht zu vernachlässigen. Eine Studie des Deutschlandfunks und der Klimaschutzberatung CO2OL ergab: Knapp 400.000 Stadiongänger verursachen an nur einem einzigen Spieltag in der Bundesliga so viel Kohlenstoffdioxid wie etwa 700 durchschnittliche Bundesbürger in einem ganzen Jahr, nämlich insgesamt 7753 Tonnen CO₂. Zwei Drittel der Emissionen fallen im Bereich Mobilität an – die meisten Fans fahren nach wie vor mit dem Auto ins Stadion –, ein Drittel im Konsumbereich.

Bemühungen zur Reduktion der Emissionen gibt es bereits: Die Deutsche Fußball Liga (DFL) hat vor einem Jahr Nachhaltigkeitskriterien festgelegt, die die 36 Vereine in der 1. und 2. Bundesliga erfüllen sollen. Die Clubs müssen unter anderem Verantwortliche für Nachhaltigkeit einstellen und messen, wie viel klimaschädliches CO₂ sie verursachen. Einer der Vorreiter: der FC Augsburg. Der Verein nimmt für sich in Anspruch, das erste CO₂-neutrale Stadion der Welt zu haben. Dafür sorgen vor allem zwei Großwärmepumpen, die die oberflächennahe Geothermie nutzen und das Herz des Energiesystems bilden. Insgesamt kann durch den klimaneutralen Betrieb der Arena eine Belastung von mehr als 750 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr eingespart werden. 

Wie klimaschädlich ist der Wintersport?

Wie auch beim Fußball ist die größte Umweltsünde des Wintersports die Anfahrt, sei es von Fans oder Athletinnen und Athleten. Sonst hat sich bereits einiges getan: Zwar verbraucht die Produktion von Kunstschnee nach wie vor enorm viel Wasser und Strom, jedoch wird vielerorts auf Schmelz- und Regenwasser gesetzt. Lifte und Bergbahnen werden zunehmend mit Ökostrom betrieben. Dennoch steht der Wintersport vor einem großen Problem – besonders deutlich wird das an der bisher fehlenden Vergabe für die Olympischen Winterspiele 2030.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben die Daten aller 21 Regionen untersucht, die bislang Winterspiele beherbergt haben. Dabei stellte sich heraus, dass die durchschnittlichen Tagestemperaturen zum Zeitpunkt der Spiele, also im Februar, im Vergleich zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts um knapp fünf Grad Celsius gestiegen sind. Selbst wenn der weltweite CO₂-Ausstoß deutlich verringert werden sollte, könnten acht ehemalige Olympiagastgeber Ende des 21. Jahrhunderts keine Winterspiele mehr ausrichten. Sollte sich nichts oder nur wenig ändern, würde lediglich ein bisheriger Wintergastgeber in Zukunft verlässliche Bedingungen bieten: Sapporo in Japan.

Gleichwohl gibt es auch Wintersportarten, die mit weniger Schnee auskommen als die Alpinen und den natürlichen Untergrund leichter ersetzen oder künstlich erzeugen können: Eisläufer drehen ihre Runden in Hallen, Skispringer nutzen Matten, Langläufer und Biathleten brauchen nur relativ kurze Strecken beschneiter Flächen. Eine CO₂-Reduktion im Wintersport ließe sich durch eine bessere Planung der Weltcup-Saison erreichen, sagen Expertinnen und Experten. Die Rennen müssten nach geografischen Gesichtspunkten logischer sortiert werden, dann würde sich auch die Zahl der Flüge reduzieren. Zudem sollte die Saison später starten, damit geeignetere Bedingungen wahrscheinlicher werden.

Wie klimaschädlich ist die Formel 1?

Die Rennserie Formel 1, hier exemplarisch für den Motorsport, hat zuletzt 2019 eine Klimabilanz veröffentlicht. Damals wurde ein CO₂-Fußabdruck von 256.551 Tonnen gemessen. Der Spritverbrauch der 20 Boliden macht übers Jahr lediglich 0,7 Prozent der Emissionen aus. Die Logistik macht mit 45 Prozent den größten Anteil aus, gefolgt von Reiseaufwendungen der Rennställe mit 27,7 Prozent. Gut 208.000 Kilometer im Jahr, die allermeisten per Flugzeug, mussten im Rahmen des diesjährigen Rennkalenders bewältigt werden – das entspricht fünf Weltumrundungen. Dennoch: Die Formel 1 stößt in einer Saison nur etwa zehn Prozent der Emissionen einer Fußballweltmeisterschaft aus, bei der Mannschaften und Fans aus aller Welt anreisen.

Doch auch die Formel 1 bemüht sich um mehr Nachhaltigkeit. So werden 2024 die Reisedistanzen des Rennkalenders immerhin um sieben Prozent sinken. Und für die Logistik kommen inzwischen nicht mehr zehn Jumbojets zum Einsatz, sondern eine Flotte von sechs Boeing 777 – das spart 18 Prozent Kerosin ein. Zudem setzt der Formel-1-Spediteur für seine Materialtransporte 40-Tonner ein, die mit Biokraftstoffen fahren. Gerechnet auf 300 Tonnen Fracht, senkt das die Emissionen gegenüber fossilem Sprit um 83 Prozent. So kommt die Rennserie ihrem Ziel etwas näher: Bis 2030 will die Formel 1 komplett klimaneutral sein.

Wie klimaschädlich sind Handball und Basketball?

Beim Handball gibt es nur wenige belastbare Zahlen zur Belastung des Klimas. In der Handball-Bundesliga (HBL) gibt es noch keine festgelegten Nachhaltigkeitskriterien für die Clubs. Die Füchse Berlin haben jedoch freiwillig den CO₂-Ausstoß all ihrer Mannschaften gemessen und kamen so auf eine CO₂-Menge von 650 Tonnen in der Saison 2021/22. Das ist etwa so viel wie der Jahresverbrauch von 60 Deutschen.

Im Gegensatz zum Handball hat sich die deutsche Basketball-Bundesliga (BBL) bereits dem Klimaschutz verpflichtet. Ab der Spielzeit 23/24 müssen die Clubs zehn Nachhaltigkeitsziele erreichen, wovon acht einheitlich und zwei individuell definierbar sind. Ein Verfehlen von bis zu drei Zielen wird mit einer Geldstrafe geahndet. Sollten vier bis sechs Ziele nicht erreicht werden, müssen die Bundesligisten mit Geldstrafen und/oder einem Punktabzug rechnen. Ab sieben soll es keine Lizenz mehr geben.

Grundsätzlich gilt bei Hallensportarten: Etwa 60 bis 70 Prozent der CO₂-Emissionen an einem Spieltag entstehen auch hier durch die An- und Abreise der Fans. Der Energieverbrauch der Halle ist jedoch der nächstgrößere Faktor der Umweltbelastung. Hier investieren bereits mehrere Clubs in nachhaltige Lösungen. So gibt es etwa in der Ratiopharm-Arena in Neu-Ulm die erste LED-Fluchtlichtanlage der Welt. Die Mehrzweckhalle gilt als einer der modernsten Sportstätten Deutschlands und beherbergt unter anderem den Basketball-Bundesligisten Ratiopharm Ulm. Seit der Eröffnung 2011 produziert eine Fotovoltaikanlage auf den Dächern der Arena und des Parkhauses eigenen Strom, der ins Netz eingespeist wird. Zudem setzen die Betreiber seit 2020 auf ökologischen Strom, der zu 100 Prozent aus europäischen Wasserkraftwerken stammt.

Wie klimaschädlich ist Eishockey?

Ein ähnliches Bild ergibt sich beim Eishockey: So hat die finnische Liga ermittelt, dass 64 Prozent der CO₂-Emissionen auf den Bereich An- und Abreise der Fans entfallen, nur 17 Prozent auf den Strom in der Arena, elf Prozent auf die Heizung und acht Prozent auf die Reisen der Teams. Einige Eishockey-Clubs haben bereits Maßnahmen zur CO₂-Reduktion umgesetzt. Sie setzen auf dünneres Eis, niedrigere Hallentemperaturen und Zug statt Flug.

Zudem macht die Deutsche Eishockey Liga (DEL) als eine der ersten deutschen Sportligen überhaupt Klimaschutz zum Ausschlusskriterium. Ab 2024 sind eine Nachhaltigkeitsstrategie und ein hauptamtlicher Beauftragter ebenso vorgeschrieben wie der aktuelle CO₂-Fußabdruck, sonst gibt es keine Spielgenehmigung. 

 
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