
Der TSV Abtswind startet in seine dritte Saison in der Fußball-Bayernliga. Für den Verein aus dem 840 Einwohner zählenden Dorf im Landkreis Kitzingen ist die fünfthöchste deutsche Spielklasse noch immer ein Abenteuerland.
Zwar sind die Stadt- und Gemeindeteile Vilzing (zu Cham), Deisenhofen (zu Oberhaching) sowie Hankofen und Hailing (zu Leiblfing) kleiner als die unterfränkische Marktgemeinde. Gleichwohl ist Abtswind der kleinste eigenständige Ort, der einen Verein in der Bayernliga hat – und zwar ganz knapp vor Gebenbach mit 900 Einwohnern.
Bis in diese Liga hätten es die Abtswinder freilich nicht geschafft, hätten sie in der Vergangenheit nicht mehrere für sie günstige Entscheidungen getroffen.
Abtswinds Mannschaft ist durch Zu- und Abgänge jünger geworden
Mit Claudiu Bozesan, den Fußball-Manager Christoph Mix im Dezember 2019 und somit wenige Monate vor der Corona-Pause nach Abtswind holte, könnte er abermals ein glückliches Händchen gehabt haben. Trainer Bozesan, der viele Jahre mit dem Nachwuchsbereich der Würzburger Kickers verbunden war, weiß talentierte Spieler zu entwickeln und hat eine klare Vorstellung von dem, was auf dem Platz stattfinden soll.
Vor allem junge Fußballer zu fördern, nimmt beim TSV Abtswind in dieser Saison eine zentrale Rolle ein. Zahlreiche Spieler Ende 20 und darüber, darunter einige Stammspieler, haben den Verein zum Saisonwechsel verlassen, weitaus jüngere Akteure von Anfang bis Mitte 20 haben sich ihm dagegen angeschlossen.
Gegangen sind einige, die viele Jahre für den TSV aktiv gewesen waren. Mitgenommen haben sie ihre Erfahrung. Jürgen Endres ging zum Heimatverein Oberharnsbach, Adrian Graf nach Bad Mergentheim, Jonas Wirth schloss sich Schüsselfeld an, und Nicolas Wirsching zog es zurück nach Stammheim. Jeder dieser vier Spieler absolvierte in seiner Karriere mehr als 200 Partien in der Landesliga oder höher.
Neuzugänge wollen sich im höherklassigen Fußball beweisen
Mit Kapitän Michael Herrmann, Adrian Dußler oder Andreas Bauer sind erfahrene Spieler geblieben. Auf sie und wie sie ihre Führungsrolle ausfüllen, wird es nun umso mehr ankommen in Abtswind.
Für die, die neu dazugestoßen sind, soll es höherklassig erst so richtig losgehen: Pascal Henniger und Sebastian Lorz kamen aus dem Nachwuchs vom FC 05 Schweinfurt, Florian Gutheil von den Würzburger Kickers. Frank Wildeis, Alex Beier und Ferdinand Hansel bewiesen sich bei ihren vorherigen Klubs in der Landesliga, was ihnen nun auch eine Ebene höher gelingen soll. Für Lukas Huscher aus Wiesentheid ging's sogar um zwei Klassen nach oben. Nur Kevin Steinmann brachte aus Sand bereits Bayernliga-Erfahrung mit.
"Wir haben gezielt Spieler für Positionen geholt, auf denen wir noch Bedarf gehabt haben", sagt Bozesan. "Es ist natürlich nicht einfach, wenn neun oder zehn Spieler gehen und fast so viele neu dazu kommen", weiß er. Die Neuen hätten sich "sowohl menschlich als auch sportlich sehr gut in die Mannschaft integriert".
In den Vorbereitungsspielen ohne ein Gegentor geblieben
Los ging die Abtswinder Abenteuerreise diesmal bereits Anfang Juni, als sich das Team auf das Toto-Pokal-Spiel gegen Türkgücü München vorbereitete. Nach einer Woche Pause, um zu regenerieren, in der nur die Neuen schon trainierten, schloss sich fast nahtlos die eigentliche Vorbereitung auf die neue Saison an. "Es lief sehr gut, die Jungs haben super mitgezogen, wir hatten eine hohe Beteiligung und bis jetzt keine schwereren Verletzungen", fasst Bozesan die vergangenen Wochen zusammen.

Testspiele bestritt die Mannschaft gegen Erlangen-Bruck (1:0), Aubstadt (2:0), Geesdorf (2:0), die FT Schweinfurt (5:0) und abschließend gegen Unterpleichfeld (1:0), wobei die Abtswinder, was ihre Ergebnisse auch verraten, vor allem defensiv gut standen. Könnte denn die Vorbereitung auch zu gut gelaufen sein? Natürlich, meint Bozesan, sei die Runde schon eine ganz andere Sache.
Obwohl Bozesan die Abtswinder seit eineinhalb Jahren trainiert und bereits drei Vorbereitungen mit der Mannschaft absolvierte, konnte er seitdem nur zwei Ligaspiele und eben das mit 3:5 verlorene Pokalduell gegen Türkgücü bestreiten. "Wir haben wieder einmal bei Null angefangen", weiß er.
Erstes Ziel: sich an den wöchentlichen Wettkampf-Rhythmus gewöhnen
Wohin soll's gehen für die Abtswinder, die die vorherigen beiden Spielzeiten auf den Plätzen zehn und zwölf beendeten, mit ihrem verjüngten Kader? Mittelfeldplatz lautet die offizielle Zielvorgabe.
Jedoch sei es schwierig, die Konkurrenten nach so einer langen Pause einzuschätzen, da sich "bei einigen viel verändert" habe. Nach den ersten fünf oder sechs Spielen werde sich erst zeigen, wo wer stehe. Auf Abtswind wartet im genannten Zeitraum ein kniffliges Startprogramm: Nach dem Auftakt gegen Aufsteiger Vatan Spor Aschaffenburg muss der TSV unter der Woche 220 Kilometer zum Mitfavoriten Vilzing fahren.
Von Null also auf 100 – das hört sich recht abenteuerlich an. "Mit der Belastung ist das freilich nicht so einfach", ahnt Claudiu Bozesan, denn die Fußballer, und das betreffe seine Spieler genauso wie alle anderen, hätten sich in den vergangenen 19 Monaten von einem wöchentlichen Wettkampf-Rhythmus entfernt.
Trotz allem überwiegt das Positive: "Alle freuen sich, dass wir diese lange Pause überstanden haben und wieder Fußball spielen dürfen", sagt Bozesan und fügt an: "Wir hoffen, das bleibt auch so."