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VOLLEYBALL: BAYERNLIGA
Warum es für Volleyball kluge Köpfe braucht
Nach 21 Jahren als Spieler, davon zwei Jahren als Trainer, gönnt sich Johannes Förster nun mal eine Pause vom Volleyball.
Foto: Annika Menz Photography | Nach 21 Jahren als Spieler, davon zwei Jahren als Trainer, gönnt sich Johannes Förster nun mal eine Pause vom Volleyball.
Eike Lenz
 |  aktualisiert: 22.04.2019 02:10 Uhr

Vor wenigen Tagen überraschten die Volleyballer des VfL Volkach mit der Ansage, sich freiwillig aus der Bayernliga zurückzuziehen. So endet nach fünf Jahren ein Projekt, dessen Ursprünge lange zurückreichen. Von einer goldenen Generation ist die Rede und davon, dass sich deren Strahlkraft erschöpft hat. Was heißt das für einen Verein, der schon auf dem Weg zur regionalen Volleyball-Sammelbewegung war? Wieviel von dieser Aufbruchstimmung ist geblieben? Und: Welche Motive treiben den Klub zum Rückzug in die Landesliga? Fragen an Trainer Johannes Förster, der seinen Posten mit Ablauf der Saison aufgegeben hat.

Frage: Vor zwei Jahren standen Sie mit Volkachs Volleyballern an der Schwelle zur Regionalliga, nun geht es zurück in die Landesliga. Was ist in dieser kurzen Zeit passiert?

Johannes Förster: Es haben sich Prozesse verfestigt, die schon vorher ihren Anfang genommen haben. Bei uns kündigt sich seit Jahren ein Umbruch an, der schon im Gange ist und in den letzten zwei Jahren an Dynamik gewonnen hat. Die goldene Generation, also die Spieler, die seit der F-Jugend zusammen spielen und gemeinsam die Bayernliga erreicht haben, geht auf die 30 zu, steckt mitten in der Berufs- oder Familienplanung. Die meisten sind fertig mit dem Studium, arbeiten zum Teil im Ausland und können kaum noch trainieren. Für sie stehen jetzt andere Dinge im Mittelpunkt als mit Mitte 20 im Studium.

„Die nächsten ein, zwei Jahre werden dazu dienen, sich als Team zu finden.“
Trainer Johannes Förster über den eingeleiteten Umbruch

Und deswegen hat der Verein nach fünf Jahren in der Bayernliga die Notbremse gezogen?

Förster: Ich sehe das nicht als Notbremse. Uns allen ist seit Jahren klar, dass wir eines Tages an diesen Punkt kommen würden, an dem wir heute sind. Wir standen dort auch vor dem Aufstieg in die Bayernliga immer mal wieder, hatten allerdings Glück, dass sich dann doch der eine oder andere Spieler für uns entschieden und den Kader aufgefüllt hat. Jetzt spielen mit Eibelstadt II und Lengfeld aber noch zwei andere Mannschaften aus dem Würzburger Raum in der Bayernliga. Eibelstadt I spielt in der dritten Liga und mit der DJK Schweinfurt bald ein Team der näheren Umgebung in der Landesliga.

Was heißt das für Volkach?

Förster: Das heißt, dass Spieler, die uns weiterhelfen könnten, sich vermutlich für die anderen Vereine entscheiden, weil es für sie vom Wohnort her attraktiver ist. Die Studenten gehen großteils nach Eibelstadt oder Lengfeld. Wir haben vorgesorgt und vor knapp zehn Jahren eine zweite Mannschaft gegründet. Natürlich ist klar, dass wir damit nicht in kürzester Zeit sechs, sieben Bayernliga-Spieler ersetzen können. Aber dass wir jetzt nicht ganz von vorne anfangen müssen, ist doch ein gutes Zeichen dafür, dass wir diesen Umbruch hinkriegen. Wir werden aus dem Rest der ersten Mannschaft und Spielern, die aus der zweiten nachrücken, ein neues Team bilden, das in der Landesliga gut aufgehoben ist.

Heißt das, Volkach hat die fünf Jahre in der Bayernliga stets im Bewusstsein gespielt, dass irgendwann der Tag X kommen würde?

Förster: Ich kann jetzt nicht für alle im Verein sprechen, aber bei einigen, auch bei mir, schwang schon immer der Gedanke mit, dass dieser Aufstieg von ganz unten bis in die Bayernliga eine einmalige Sache bleiben würde. Dass sich die Beteiligten irgendwann anders orientieren würden, beruflich wie privat, und den Aufwand für die Bayernliga einfach nicht mehr betreiben können. Wir haben nicht all die Jahre mit diesem Szenario vor Augen gespielt. Aber uns war doch klar, dass dieses Projekt ein Verfallsdatum tragen würde.

Wäre es anders gelaufen, hätte Volkach damals den Sprung in die Regionalliga geschafft?

Förster: Schwer zu sagen. Die Leute, die aus gesundheitlichen und beruflichen Gründen nicht mehr zur Verfügung standen, wären so oder so weg gewesen. Vielleicht hätten sich noch einmal ein, zwei Spieler mehr auf das Abenteuer eingelassen, vielleicht wäre die Zugkraft auch noch mal höher gewesen. Aber wir hätten uns schwer getan, auf diesem Niveau weiterzuspielen.

Holt das Team jetzt neuen Schwung, um bald wieder durchzustarten, oder richten Sie sich auf eine längere Zeit in der Landesliga ein?

Förster: Wir möchten diese Zeit vor allem dafür nutzen, die vielen jungen Spieler an das höhere Niveau heranzuführen. Sie sollen Spielpraxis sammeln und an der Seite erfahrener Hasen Sicherheit gewinnen. Ziel wird es auf Dauer sein, in der Landesliga vorne mitzumischen oder den Aufstieg anzupeilen. Aber die nächsten ein bis zwei Jahre werden dazu dienen, sich als Mannschaft zu finden und unseren jungen Spielern Raum zu geben, sich ohne Druck entwickeln. So oder ähnlich wird das Konzept aussehen. Das müssen letztlich die Trainer entscheiden.

Einer der Trainer sind Sie.

Förster: Ich werde in der neuen Saison kein Trainer mehr sein und auch als Spieler aufhören. Nach 21 Jahren Volleyball ist es mal an der Zeit, sich etwas zurückzunehmen und andere sich ihre Sporen verdienen zu lassen. Ich gehe auf mein zweites Staatsexamen als Grundschullehrer zu, mein kleiner Sohn wird bald zwei, das sind Aufgaben, die mich erst mal fordern werden.

Geht das bei Ihnen so ganz ohne Volleyball?

Förster: Das wird sich zeigen. Nach der stressigen Saison empfinde ich es als Befreiung, dass es jetzt erst einmal vorbei ist. Ich genieße jetzt die freien Wochenenden und die Zeit mit der Familie. Die harten Momente beginnen, wenn die Runde wieder losgeht und ich von der Tribüne aus zusehen muss.

Als Sie vor zwei Jahren als Spielertrainer antraten, wollten Sie mit Volkach in der Bayernliga vorne angreifen. Vergangene Saison war das Ziel ein guter Mittelfeldplatz. Mit welchen Problemen hatten Sie zu kämpfen?

Förster: Vor allem mit der Personalsituation. Wir sind mit zehn Spielern in die Saison gestartet, eigentlich mit neun, da ich selbst nur für kurze Zeit mitspielen konnte. Viele waren unter der Woche aus beruflichen Gründen gar nicht da. Wir haben in der Regel zu viert oder zu fünft trainiert. Freitag war das einzige Mal, dass wir uns als Mannschaft einspielen konnten, und auch das bloß bedingt, weil das Training wegen Hallenproblemen immer wieder ausfiel. Im Februar hatten wir überhaupt kein Freitags-Training. Da war die Halle ständig anderweitig besetzt.

„Wir lebten von der Substanz der vergangenen Jahre.“
Trainer Johannes Förster über fehlende Abstimmung

Wie sehr fehlte der Mannschaft im Spiel diese Routine?

Förster: Wenn du dich immer bloß zum Spiel triffst, ist es schwierig, eine Mannschaft zu entwickeln oder Mechanismen zu verfeinern. Wir lebten von der Substanz, die wir uns in der Vorbereitung oder in den Jahren zuvor aufgebaut haben. In der Vorrunde ist es ja noch gut gelaufen, aber gegen Ende der Runde merkte man immer mehr, dass andere Mannschaften, die über Trainingsroutine verfügen, ihre Form halten oder sich sogar steigern konnten.

Ist das Training im Volleyball wegen der hohen technischen und taktischen Komplexität des Spiels noch wichtiger als in anderen Sportarten?

Förster: Ja, Volleyball ist technisch sehr anspruchsvoll. Man braucht oft den Ball in der Hand, man muss viele Aktionen und Abläufe wiederholen. Wir waren vergangene Runde auf jeder Position gut besetzt und taktisch gut geschult. Es ging im Training also nicht so sehr darum, die Spieler individuell zu verbessern; es ging darum, dass sie im Rhythmus bleiben und ihr Potenzial abrufen. Hätten wir das geschafft, wäre alles möglich gewesen. Auch gute Spieler müssen Dinge einstudieren, die ihnen einfache Vorteile bringen, zum Beispiel mal einen Angreifer gegen eine komplette Abwehr spielen zu lassen, um ihm zu zeigen, wo er Lücken findet. Das klappt aber nicht, wenn man im Training zu wenig Leute hat.

Volleyball zu spielen ist anspruchsvoller als zum Beispiel Fußball?

Förster: Na ja, Volleyball findet auf engstem Raum statt. Mir gefällt das, weil man als Mannschaft zusammenrückt. Wenn ich da den Fußball sehe: Ich weiß nicht, ob der rechte Verteidiger im Spiel mit dem linken Flügelstürmer überhaupt mal etwas zu tun bekommt. Durch diese Enge sind die Aktionen im Volleyball sehr schnell. Man muss vorausschauend denken. Das verlangt den Spielern im Kopf einiges ab.

Auf dem Höhepunkt des Erfolgs konnte man den Eindruck gewinnen, Volkach sei das neue Volleyball-Zentrum der Region. Was ist geblieben von dieser Aufbruchstimmung?

Förster: Einiges. Die Abteilungsverantwortlichen, aber auch die Spieler sehen den aktuellen Umbruch nicht negativ, sondern als Chance, dass das, was sich Volkach die letzten Jahre im Unterbau erarbeitet hat, endlich zum Tragen kommt. Ich glaube, dass ständiger Aufstieg nur mit einer intakten Basis möglich ist, und die haben wir uns in den letzten Jahren geschaffen. Auf die Abteilung projiziert heißt das: Wir haben uns von anfänglich 10, 15 Mitgliedern auf über 100 entwickelt. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht.

Mit dem Slogan „Next Generation“ wirbt der VfL um Volleyball-Nachwuchs. Wie schwer tut sich die Abteilung, um jung zu bleiben?

Förster: Der Verein war die vergangenen Jahre immer darauf aus, in der Jugendarbeit noch aktiver zu werden. Vieles ist allerdings daran gescheitert, dass zu viele Aufgaben auf zu wenige Schultern verteilt waren. Das hat sich zum Glück gewandelt. Dadurch dass wir so stark gewachsen sind und der Verein beständig Trainer aus den eigenen Reihen ausbildet, können wir nun ein vernünftiges Jugendtraining anbieten.

Ist der Kampf um den Nachwuchs härter

geworden?

Förster: Es ist immer schwierig, genügend Leute für ein Projekt zu finden. Das hat mit dem Wertewandel in der Gesellschaft ebenso zu tun wie mit Vereinsloyalität. Aber wir haben gute Chancen über die Freizeitschiene und den Beachvolleyball, wo zwei gegen zwei spielen. Da braucht man nicht immer 15 oder 20 Leute für ein Team.

Vielen Dank, Herr Förster, für dieses Gespräch.

Förster: Bitteschön. Ich würde gerne noch etwas anmerken. Wir stellen uns gerade neu auf und sind dankbar um jeden, der uns dabei unterstützen möchte.

Getümmel am Netz: Manchmal hätte es die letzten Jahre in Volkach etwas mehr Dynamik sein können.
Foto: Hans Will | Getümmel am Netz: Manchmal hätte es die letzten Jahre in Volkach etwas mehr Dynamik sein können.
 
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