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HANDBALL
Warum Steffi Placht Angela Merkel bewundert
Sie war Torschützenkönigin der Bundesliga, aber ihre Karriere ging früh zu Ende. Was bewegt Steffi Placht heute? Wovon träumt sie? Und wann wird sie angriffslustig?
Die Handballhalle ist immer noch ihr Revier: Steffi Placht, hier im Kreise ihrer aktuellen Mannschaft, der HSG Mainfranken.
Foto: Andreas Stöckinger | Die Handballhalle ist immer noch ihr Revier: Steffi Placht, hier im Kreise ihrer aktuellen Mannschaft, der HSG Mainfranken.
Eike Lenz
 |  aktualisiert: 07.04.2020 13:13 Uhr

Handball war ihr Leben – und ist es bis heute. Wer Steffi Plachts Handynummer wählt, erreicht sie immer noch zumeist in irgendeiner Sporthalle. Kein Wunder: Auch mit 68 Jahren ist der Handball für sie wie ein Lebenselixier. Sie trainiert die Frauen der HSG Mainfranken in der Landesliga Nord und bereits seit 1994 den weiblichen Nachwuchs in Bayern als BHV-Auswahltrainerin. Durch ihre Schule gingen an die 700 Auswahlspielerinnen, von denen später so manche den Sprung in die Bundesliga und in die Nationalmannschaft machten.

Placht weiß, wovon sie redet: Sie selbst hat es in jungen Jahren so weit gebracht. 1967 von der TG Kitzingen zur DJK Würzburg gewechselt, begann in den Siebzigerjahren der Aufstieg des Klubs von der Oberliga bis in die Erste Bundesliga – und auch ihr persönlicher: zur Torschützenkönigin in der Spielzeit 1978/79. Zwei Jahre später beendete sie in Folge einer schweren Knieverletzung die aktive Karriere, und sie startete ihre zweite Laufbahn als Trainerin. Nachdem sie über viele Jahre in einem Würzburger Schmuckgeschäft gearbeitet hat, lebt Steffi Placht heute wieder in ihrer Heimat Kitzingen.

Ihre gegenwärtige Form?

Steffi Placht: Nach zwei Hüft-Operationen im Jahr 2018 geht es mir heute gut. Ich kann wieder schmerzfrei laufen. Die Hüfte ist ja so eine typische Handballer-Krankheit, viele leiden darunter.

Für welchen Sport bewegen Sie sich noch?

Placht: Schwimmen und Radfahren. Das ist zum Teil Therapie, aber es macht auch Spaß, 20 Kilometer zu radeln. Manchmal gehe ich ins Thermalbad.

Und was bewegt Sie?

Placht: Die Zunahme der Weltbevölkerung. Die Ressourcen in einer endlichen Welt sind nicht unendlich, und die Bevölkerung steigt rapide.

Wofür wären Sie heute gerne noch mal jung?

Placht: Um mit der Erfahrung von heute einiges anders zu machen. Heute gibt es in der Bundesliga für eine Handballerin ganz andere Möglichkeiten als zu meiner Zeit. Ich bekam in der Ersten Liga 10 Mark für jedes Training und 20 Mark für ein Spiel. Aber die sportliche Leistung war schon damals kaum geringer als heute.

Was schätzen Sie am Alter am meisten?

Placht: Ruhe und Gelassenheit. Ich sehe als Trainerin heute einiges entspannter, bin nicht mehr so emotional.

In welche Zeit würden Sie mit einer Zeitmaschine reisen und warum?

Placht: Mich würde schon interessieren, wie es in rund hundert Jahren auf unserer Erde aussieht. Wenn es in die Vergangenheit ginge, würde ich in die Zeit von Karl May reisen. Ich habe immer wieder seine Bücher gelesen und war begeistert.

Ihr Lieblingsort?

Placht: Mainfranken. Ich schätze unsere Region wirklich sehr: die Weinfeste, die Lebensart.

Liane Lurz (links) und Steffi Placht stiegen 1976 mit der DJK Würzburg gemeinsam in die Handball-Bundesliga auf.
Foto: Andreas Stöckinger | Liane Lurz (links) und Steffi Placht stiegen 1976 mit der DJK Würzburg gemeinsam in die Handball-Bundesliga auf.
Was haben Sie vom Leben gelernt?

Placht: Werte wie Pflichtgefühl und Respekt gegenüber den Menschen, ob junge oder alte. Und: Dass es sich lohnt, die Werte, die man im Leben selbst erfahren hat, an andere weiterzugeben.

Und was hat Sie der Sport gelehrt?

Placht: Werte wie Gerechtigkeit, Hilfsbereitschaft, Disziplin und Ehrlichkeit. Als Trainerin versuche ich sie auch meinen Spielerinnen zu vermitteln.

Bei welchem Thema werden Sie angriffslustig?

Placht: Politik. Ich bin mit manchen Dingen nicht einverstanden. Was mich stört, ist dieses Oberflächliche, dieser Egoismus in der Gesellschaft, Menschen, die ohne Rückgrat aufrecht gehen können.

Und wen oder was würden Sie immer verteidigen?

Placht: Die Dinge, von denen ich überzeugt bin. Ich kämpfe um Werte und Tugenden, die sich im Lauf der Jahre verflüchtigt haben. Dazu gehört, ehrlich und fair miteinander umzugehen.

Wie waren die ersten Wochen/Monate nach Ihrem Karriereende in der Familie?

Placht: Entspannt. Ich konnte mich ja lange auf das Ende meiner Zeit als aktive Spielerin vorbereiten, gab im November 1989 mein Abschiedsspiel im Kitzinger Sickergrund mit 38 Jahren.

Welchen Moment Ihres Lebens würden Sie gerne noch einmal erleben?

Placht: Da gibt es einige, privat wie sportlich. Aus sportlicher Sicht war das natürlich 1976 der Aufstieg mit der DJK Würzburg in die Erste Bundesliga.

Welches sportliche oder menschliche Foul würden Sie gerne rückgängig machen?

Placht: Da ist mir kein grobes Fehlverhalten bekannt.

Wenn Sie nicht Sportler geworden wären – was dann?

Placht: Vermutlich Politikerin. Ich sollte damals als Bundesligaspielerin für den Stadtrat in Würzburg kandidieren, was ich mir auch gut hätte vorstellen können. Aber meine Karriere im Handball war mir wichtiger. Und: Ich hätte vielleicht auch einige Überzeugungen opfern müssen.

Den Weltklasse-Tennisspieler Roger Federer sieht Steffi Placht als Vorbild.
Foto: Dita Alangkara | Den Weltklasse-Tennisspieler Roger Federer sieht Steffi Placht als Vorbild.
Ihr Lieblingssportler heute?

Placht: Alle diejenigen, die ehrlichen Sport betreiben. Roger Federer bewundere ich – wie er sportliche Höchstleistung als Tennisspieler mit seiner integeren Persönlichkeit verknüpft. Was man so mitbekommt, engagiert er sich ja auch sozial.

Was war das größte Abenteuer Ihres Lebens?

Placht: Meine Handballkarriere.

Nach wessen Pfeife tanzen Sie heute?

Placht: Diese ist mehrmals in der Woche in meiner Hand, da ich ja noch als Trainerin im Einsatz bin.

Worüber haben Sie zuletzt gelacht?

Placht: Über Anekdoten beim 95. Geburtstag meiner Mutter. Sie hat sich im Alter ihren Humor bewahrt. Wir waren sechs Kinder. Da gab es immer etwas.

Was regt Sie auf?

Placht: Unzuverlässigkeit und Unpünktlichkeit. Man erhält kurz vor dem Training eine SMS, dass eine Spielerin absagt. Solche Dinge ärgern mich.

Wen bewundern Sie – und wofür?

Placht: Angela Merkel – für ihre Entschlossenheit und Diplomatie in dieser politischen Männerwelt.

Wer oder was macht Sie glücklich?

Placht: Ein gutes Glas Frankenwein, verbunden am Besten mit einem guten Essen beim Italiener.

Und vor welchem Unglück fürchten Sie sich am meisten?

Placht: Vor einer Demenz-Erkrankung und vor diesen zur Mode gewordenen Autorennen auf öffentlichen Straßen. Menschen kommen zu Tode, weil einige glauben, sich beweisen zu müssen.

Was möchten Sie noch lernen?

Placht: Ich bin mit dem Erreichten zufrieden, auch wenn man inzwischen bis ins hohe Alter lernt.

Mit den Handballerinnen des TV Etwashausen erreichte Steffi Placht im Frühjahr 2008 erstmals die Bayernliga.
Foto: Andreas Stöckinger | Mit den Handballerinnen des TV Etwashausen erreichte Steffi Placht im Frühjahr 2008 erstmals die Bayernliga.
Was möchten Sie unbedingt noch erleben?

Placht: Da könnte ich mir eine Weltreise vorstellen. Ich war schon auf Hawaii, in Tansania oder auf den Seychellen. Aber so eine Weltreise ist natürlich etwas ganz Besonderes. Sie ist in Reichweite.

Wovon träumen Sie?

Placht: Von mehr Menschlichkeit. Dass man nicht so gleichgültig und oberflächlich miteinander umgeht.

Welche Botschaft würden Sie (jungen Sportlern) gerne hinterlassen?

Placht: Sie sollten die Tugenden des Mannschaftssports viel stärker in ihren Lebensalltag übernehmen.

Als wer oder was würden Sie wiedergeboren werden?

Placht: Als zufriedener, gesunder Mensch, der gerne auch in andere Kulturen eintauchen würde.

 
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