Der 7. Juni 2000 war ein heißer Tag in Mainfranken – und welches Bild hätte besser gepasst für den abendlichen Auftritt des SV Sonderhofen als das vom „heißen Tanz“, das so mancher der in Sachen Sport schreibenden Zunft für das Aufstiegsspiel der Mannschaft gefunden hatte. 750 Zuschauer, eine brodelnde Kulisse, ein hitziges Gefecht mit einer frühen glutroten Karte und drei späten Gelb-Roten Karten, mit Verlängerung und mit Elfmeterschießen. Und Sonderhofens Fußballer mit der Aussicht, in die Bezirksliga aufzusteigen.
Es war ein geschichtsträchtiges Spiel für den Klub aus dem 824-Seelen-Ort, und jeder, der dabei war, erzählt noch heute davon. Dabei war dieses 10:9 nur ein Sommernachtstraum voller Leidenschaft und Vorbote für zwei Auftritte, die dann recht unterkühlt ausfielen. Beide Aufstiegsversuche misslangen: erst gegen Stadtschwarzach (1:3), danach gegen Röthlein (0:2). So bleibt Sonderhofen nur die Erinnerung an eine bis heute einmalige Gelegenheit und die Frage, was wohl gewesen wäre, wenn es damals wirklich geklappt hätte.
Zurück auf altem Posten
Wolfgang Beischmidt gehört nicht zu den gescheiterten Helden von damals, und doch traut sich der 42-Jährige ein Urteil zu. „Die Bezirksliga wäre vielleicht ein Schritt zu viel gewesen“, sagt er. Beischmidt war Trainer in Sonderhofen von 2005 bis 2008, er war mit seinen Schützlingen Achter, Fünfter und Dritter der Kreisliga, und diesen Sommer ist er auf seinen alten Posten zurückgekehrt. Nur, dass Sonderhofen nicht mehr in der Kreisliga spielt, sondern in der Kreisklasse. Vor drei Jahren ging es nach unten – und im Sommer 2010 rettete sich der Verein in der Relegation gerade noch vor einem weiteren Abstieg. Beischmidt bezweifelt, dass der Klub einen anderen Weg genommen hätte, wäre ihm damals der Sprung in die Bezirksliga gelungen. Er weiß aus seinen Gesprächen: „Es wären keine Spieler geholt worden.“
Sonderhofen kämpft nicht erst seit dem unglücklich verpassten Aufstieg mit einem Problem: Im selben Maße, wie die Geburtenraten seit Jahren sinken, steigen die Ansprüche des knapper gewordenen Spielerpersonals. Es ist keine Situation, die spezifisch für Sonderhofen wäre; sie trifft auch auf viele andere Klubs zu. Doch für Sonderhofen kommt noch ein geografisches Defizit hinzu: Der Ort liegt an der Nahtstelle der Bundesländer Baden-Württemberg und Bayern einerseits und der beiden Regierungsbezirke Unter- und Mittelfranken andererseits. Grenzgänger gibt es selten, und so muss sich der Klub auf sein eigenes zunehmend schwindendes Potenzial verlassen.
„Im Moment befinden wir uns in der glücklichen Lage, ein junges Team aus dem Umfeld zu haben“, erklärt Beischmidt, der in Gaukönigshofen sesshaft geworden ist. Sonderhofens A-Jugend jedoch, aus der sich der Nachschub für die Aktiven speist, ist schon seit geraumer Zeit auf eine Gemeinschaft mit Hopferstadt, Gaukönigshofen und Gelchsheim angewiesen – benachbarte Klubs, die ein ähnliches Schicksal plagen, zumal sie mit ihren ersten Mannschaften teils in der selben Klasse spielen wie Sonderhofen. Beischmidt aber weiß aus Erfahrung: „Wenn du wie wir nichts zahlst, musst du sportlich besser sein als die anderen, damit Spieler zu dir kommen.“
Die Rückkehr in die Kreisliga wäre demnach ein Standortfaktor für Sonderhofen – und vermutlich einfacher zu vollziehen, wenn es noch weitere Talente vom Schlage Daniel Pfeuffers oder Johannes Haafs gäbe. „Was uns im Vergleich zu anderen fehlt“, sagte Beischmidt vor der Saison, „das sind Leute, die ein Spiel auch mal alleine entscheiden können.“ Das war nicht kritisch oder gar anklagend gemeint, sondern einfach eine nüchterne Feststellung. Haaf, im Winter 2010 vom TSV Aub gekommen, ist mit zehn Toren schon wieder mit Abstand erfolgreichster Schütze im Team – und laut Beischmidt nicht nur deswegen eine zentrale Figur. „Unheimlich fleißig“ nennt der Trainer ihn und ungemein wichtig für Aufbau und Entwicklung des Spiels. Seitdem Pfeuffer und auch Benjamin Kremer wieder fit sind, hat Haaf im Sturm wieder einen Partner zur Seite.
Getroffen hat der Jüngling auch als einzige Spitze – allein viermal gegen Winterhausen. Es sind Spiele wie diese, die für Beischmidt den brillanten Saisonstart in etwas matteren Farben erscheinen lassen. Vier der fünf Siege hat seine Mannschaft gegen Klubs errungen, die in der zweiten Tabellenhälfte stehen und sicherlich nicht zu den Konkurrenten im Titelkampf gehören. Konkurrenten? „Ich sehe uns nach wie vor nicht als Meisterschaftsanwärter“, sagt der Trainer. „Iphofen oder Giebelstadt sind deutlich besser besetzt als wir, und wir wurden ja vor der Saison auch von keinem auf den Favoritenschild gehoben.“ Mag sein, aber Ansichten können sich ändern, und wenn Sonderhofen am Sonntag auch noch den Tabellenführer aus Iphofen stürzt, dürfte die Dynamik dieses Prozesses nur schwerlich zu stoppen sein.
Für diese wie für andere Treffen in der Kreisklasse gilt Beischmidts Satz, der wie ein steter Appell klingt: „Wir müssen immer sehr gut spielen, um zu gewinnen. Andere gewinnen auch mal schlechte Spiele, weil sie Akteure haben, die durch ein, zwei Aktionen eine Partie entscheiden.“ Beischmidt selbst war diese Gabe einst zu eigen: als Spieler des FC Bayern München II oder der SpVgg Unterhaching. Nach drei Kreuzbandrissen aber ist die Karriere zu Ende – definitiv. Auch wenn ein bisschen Koketterie mitschwingt in seinen Worten: „Irgendwann muss man sehen, dass die Qualität einfach nicht mehr reicht, die Mannschaft zu verstärken. Ich bin 42, trainiere nicht mehr regelmäßig, also, das Kapitel ist durch.“