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Schach
Aus dem Grabfeld nach Ankara
Herausforderung: Die deutsche Nummer 1, IM Elisabeth Pähtz vom SC Bad Königshofen, hat als Trainerin beim türkischen Schachverband angeheuert.
Foto: Vossenkaul | Herausforderung: Die deutsche Nummer 1, IM Elisabeth Pähtz vom SC Bad Königshofen, hat als Trainerin beim türkischen Schachverband angeheuert.
Von unserer Mitarbeiterin Regina Vossenkaul
 |  aktualisiert: 07.09.2017 20:51 Uhr

Was haben Barbie-Puppen mit Schachspielen zu tun? Antworten auf Fragen wie diese gab es am Rande der Heimspiele des Schachclubs 1957 Bad Königshofen am Wochenende – eine Gelegenheit viele der besten Schachspielerinnen kennenzulernen, die in der Bundesliga anzutreffen sind. Elisabeth Pähtz, derzeit mit der Elo-Zahl 2460 stärkste deutsche Spielerin, war für das Austragen der Runden acht und neun schon am Donnerstagabend angereist. Mit Siegen über Guben und Pankow übernahm das SC-Sextett den zweiten Tabellenplatz.

Natürlich und unkompliziert wirkt IM Elisabeth Pähtz (Internationale Meisterin), keineswegs abgehoben oder gar weltfremd, wie manche Laien sich eine Nummer 1 im Schachsport vorstellen würden. Sie fühlt sich wohl in Bad Königshofen und vor allem im Frauenteam, in dem die Atmosphäre stimmt und man gut miteinander auskommt. Gern nimmt sie die Übernachtungsmöglichkeit im „Hotel Müller“ in Kleinbardorf an, denn Vereinsvorsitzender Jürgen Müller und seine Familie stellen alle Gästebetten zur Verfügung, wenn Spielwochenende angesagt ist. In lockerer Atmosphäre bereitet sich dort das ganze Team gemeinsam vor, studiert die Gegnerinnen und erarbeitet Strategien.

Pähtz erinnert sich gern an ihren Anfang als neue Spielerin in der Bad Königshöfer Mannschaft 2009. Sie hatte als gebürtige Erfurterin ihr Leben lang in Dresden gespielt, aber die Mannschaft musste sich wegen Geldmangels aus der Bundesliga zurückziehen. Sie suchte nach einem neuen Verein und kannte die Bad Königshöfer Mannschaft von den verschiedenen Begegnungen her. Baden-Baden war auch eine Option, sie bewarb sich bei beiden. Jürgen Müller reagierte sofort und Baden-Baden erst nach vier Wochen – aber nicht nur das war entscheidend. Die unterfränkische Badestadt war ihr lieber und sie habe den Schritt nie bereut, berichtete Pähtz. Sie empfahl den kleinen, aber erfolgreichen Verein auch ihrer Freundin IM Maria Schöne, die dann auch dazu kam. Beim ersten Spielwochenende hatte Jürgen Müller vorsichtshalber ein Hotelzimmer gebucht, aber die Neue wollte lieber, wie alle anderen, die Gastfreundschaft der Müllers mit Familienanschluss genießen. Fast wäre sie in der ersten Nacht aus dem Hochbett gefallen, weil sie vergessen hatte, dass sie nicht zu ebener Erde schlief, berichtete sie.

Wann entdeckte sie ihre Leidenschaft für Schach? Sie sei hineingewachsen und habe sich von der Begeisterung ihres Bruders mitreißen lassen, erzählte Pähtz. Ihr Vater, selbst Schachgroßmeister, fuhr mit dem zwei Jahre älteren Bruder auf Turniere mit der kleinen Schwester im Schlepptau, weil die Mutter arbeiten musste. So wuchs sie mit dem Schachsport auf und erhielt mit fünf Jahren ihren ersten Unterricht vom Vater. Bald zeigte sich ihre große Begabung und sie wäre schon mit acht Jahren fast deutsche Meisterin geworden. „Pädagogisch war mein Vater sehr gewieft, er belohnte mich mit Barbie-Puppen“, berichtete Pähtz.

Eigentlich ist es schwer, mit Kindern zu Turnieren zu fahren, wenn andere Ferienspaß genießen, aber das Spiel sei trotzdem nicht zu kurz gekommen. Wie sie später erfahren hat, fragte der Vater immer, ob es einen Pokal für die jüngste Teilnehmerin gebe, das war in der Anfangszeit die kleine Elisabeth, die dann auf jeden Fall stolz mit einem Pokal nach Hause kam. Für ihre großen Erfolge in der Altersklasse U 10 Vize-Europameisterin und Vize-Weltmeisterin im Jahr 1995 hat ihr der Vater ein Barbie-Haus gebaut. Ansonsten gab es bei Erfolgen weitere schöne Barbie-Puppen und einmal das große Barbie-Schiff.

Bis 2005 besuchte Pähtz das Sportgymnasium in Dresden. Obwohl man sagt, Schachspieler seien besonders gut in Mathematik, hatte sie gerade in diesem Fach Schwierigkeiten beim Abitur. Ab 2006 gehörte sie der Sportfördergruppe der Bundeswehr an und begann nach ihrer Dienstzeit ab 2009 eine Ausbildung als Fremdsprachenkorrespondentin in Berlin. Sie kann Englisch und Französisch, aber momentan braucht sie Russisch oft bei den Wettkämpfen, denn viele Spielerinnen kommen aus Russland und der Ukraine. Ihr Schul-Russisch hat sie in einem Sprachkurs aufgefrischt.

Eine neue Herausforderung erwartet Elisabeth Pähtz jetzt, denn der türkische Schachverband hat sie als Trainerin für die Frauenmannschaften engagiert. Sie komme jedoch zu den Rundenwettkämpfen nach Deutschland zurück, versprach sie. Bereits am Montag flog sie nach Ankara. Wenn alles klappt, trifft sie dort wieder auf Jürgen Müller, der in der türkischen Hauptstadt als internationaler Schiedsrichter vom 1. bis 19. März bei der EU-Meisterschaft der Frauen eingesetzt ist.

Am Schluss noch ein Tipp: Sie rechnet am Ende der Rundenwettkämpfe – an diesem Wochenende wurden die Runden acht und neun von insgesamt elf absolviert – mit einem zweiten Platz für die Bad Königshöfer Mannschaft. Als Vizemeister abschließen, das wäre eine bemerkenswerte Leistung.

 
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