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Fußball
Landesliga? – Warum nicht?
Von unserem Mitarbeiter Andreas Stöckinger
 |  aktualisiert: 07.09.2017 20:34 Uhr

Er gehört sicherlich zu den herausragenden Fußballern, nicht nur beim TSV Abtswind, sondern in der Bezirksliga, oder in der ganzen Umgebung. Kein Wunder, schließlich hat der 32-jährige Rumäne Razvan-Constantin Paunescu auf all seinen bisherigen Stationen in Rumänien, Armenien, oder Slowenien, als Profi gespielt. Bis er im Sommer 2009 nach Abtswind kam, wo er eigentlich gar nicht hin wollte.

Auf einmal war alles anders. Ein fremdes Land, eine fremde Sprache, ein Ort in der deutschen Provinz mit 850 Einwohnern, anstatt seiner zwei Millionen Einwohner zählenden Heimatstadt Bukarest. „Die ersten drei Monate waren ganz schwierig für mich. Deutsch konnte ich nicht, mit Englisch war es teilweise schwierig. Ich dachte, ich bleibe höchstens sechs Monate hier“, erinnert sich der schmächtige, freundliche Typ an seine Anfänge in Abtswind.

Komplett neu anfangen musste er in vielerlei Hinsicht. „Ich musste meine Wäsche waschen, kochen, putzen. Als Profi bist du das nicht gewöhnt. Ich hatte in Slowenien sogar ein Auto vom Klub“, erzählt er auf Englisch. Das spricht „Bobby“, wie ihn die meisten in Abtswind nennen, nahezu perfekt. Wie sieht es mit Deutsch aus? „Es geht schon ein bisschen. Sprechen ist schwierig“, sagt er auf Deutsch. Etwa zwei Drittel verstehe er, wenn er zuhört, schmunzelt er. In einem Kurs lernt er derzeit fleißig.

Seinen Weg nach Deutschland nahm er 2009 über Slowenien und Rumänien. In Slowenien stand Paunescu zuvor beim Erstligisten und Meister NK Domzale unter Vertrag, einem namhaften Verein, der 2008 nur knapp am Einzug in die Champions League scheiterte. 2009 ging dem Klub das Geld aus, zehn Spieler verschwanden, unter ihnen Paunescu. Nach einem Kurzaufenthalt in Bukarest entstand der Kontakt nach Würzburg, zu den Kickers.

Ionel Mager und Claudiu Bozesan, zwei dort lebende Rumänen, fädelten es ein. „Ich kam zu spät, die Saison lief bereits seit fünf Spielen. Ich wollte wieder heim, dann haben die beiden das mit Abtswind und Herrn Mix arrangiert. Am letzten Tag der Wechselfrist habe ich dort unterschrieben“, erinnert sich Paunescu.

„Christoph Mix ist wie ein Vater für mich“

Razyan Paunescu

Statt der Qualifikation für die Champions League folgte schließlich Bezirksoberliga beim TSV, noch dazu in einer turbulenten Zeit dort mit Trainerwechsel und später sogar Abstieg. Eins kam zum anderen, Abtswinds Mäzen Christoph Mix besorgte ihm Arbeit in seiner Firma, und kümmerte sich obendrein sehr um den damals einsamen Ex-Profi. „Er hat mir wirklich sehr geholfen, Christoph Mix ist wie ein Vater für mich“, sagt Paunescu heute.

Der zweite wichtige Mann, der in Paunescus Leben in Deutschland trat, war Carsten Weiß, der als Trainer in Abtswind einstieg. „Mit ihm änderte sich Vieles, er war ja früher auch Profi, man hat das Gefühl, er denkt wie ein Profi-Trainer. Ich mag ihn sehr“, lobt Razvan Paunescu seinen fußballerischen Chef.

Um den Fußball drehte sich für Paunescu nahezu alles in seinem Leben. Sein Vater, den er bereits mit 14 Jahren verlor, spielte einst in der ersten rumänischen Liga und war dort später als Trainer tätig. Razvan besuchte einst eine reine Sportschule, wo er später eine Art Sportabitur machte. Als Fußballer folgte nach erster und zweiter Liga in Rumänien schließlich eine Verletzungspause mit 22 Jahren wegen Knieproblemen. Paunescu wurde bald wieder fit, verpasste mit seiner Mannschaft aber den Aufstieg in die erste Liga. Sponsor weg, Geld weg, also neuen Klub suchen, hieß es.

So wechselte er mit Mitte 20 nach Armenien, zu einem Klub, der nur drei Stunden von Teheran entfernt lag. Der Mäzen des FC Gandzasar war ein schwerreicher Mann, der dort in Bergwerken Edelmetalle abbaute und sich nebenbei einen Fußballklub leistete. „Wir Profis hatten alles dort, lebten in einem Riesen-Haus, verdienten gutes Geld. Wir spielten gut, schlugen Meister Erewan zweimal“, weiß er noch. Später erreichte der Klub sogar die Europa League.

Das Land und seine Zeit dort beschäftigen Paunescu heute noch. Die Bevölkerung dort sei arm, aber verrückt nach Fußball. Zu den Heimspielen kamen immer um die 5000 Zuschauer, erzählt Paunescu von seinem Abenteuer. Von dort ging es weiter nach Slowenien. Domzale nahm ihn nach einem Testspiel gegen den italienischen Erstligisten Udinese Calcio unter Vertrag. „Giovanni Pasquale war damals mein Gegenspieler. Heute ist er bei Inter Mailand.“

Gegen solche Größen wird Razvan Paunescu wohl nicht mehr auflaufen. Heute ist er zufrieden beim TSV Abtswind. Dort ist er beinahe jeden Tag auf dem Fußballplatz. Das sei er eben so gewohnt als Profi. Die Mannschaft verspreche einiges, nicht nur die Meisterschaft in der Bezirksliga ist drin. Sein Ziel? „Landesliga, why not”, formuliert er herrlich in seinem deutsch-englischen Mischmasch. Er kann sich durchaus vorstellen, die nächsten Jahre in Abtswind zu verbringen. Zumal seine Freundin im Sommer nachkommen wird. „Ich versuche, hier meine Zukunft aufzubauen“, sagt er.

Die fußballerische dürfte für ihn und seine Abtswinder in der nächsten Saison in der Bezirksoberliga liegen. Mit Siegen gegen Haßfurt (Samstag) und in Augsfeld wäre der TSV wohl so gut wie Meister.

 
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