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Handball, dritte Liga Süd Männer
Ein Weltreisender im Weindorf
Deutschland als zweite Heimat: Der Slowene Bostjan Hribar posiert auf der Alten Mainbrücke in Kitzingen.
Foto: Andreas Stöckinger | Deutschland als zweite Heimat: Der Slowene Bostjan Hribar posiert auf der Alten Mainbrücke in Kitzingen.
Von unserem Mitarbeiter Andreas Stöckinger
 |  aktualisiert: 22.10.2013 15:56 Uhr

Am Strand saß Bostjan Hribar, als Mitte Juli sein Handy klingelte. Kein Geringerer als Vlado Stenzel meldete sich am anderen Ende der Leitung – und wenig später war sich Hribar mit dem TSV Rödelsee einig. Er würde also zum Drittliga-Aufsteiger wechseln: ohne ein Probetraining absolviert zu haben, ohne sich die Verhältnisse bei seinem künftigen Klub überhaupt einmal angeschaut zu haben.

Wie das Ganze über die Bühne gegangen ist, erzählt der 35-jährige Slowene beim Frühstück in einem Kitzinger Lokal. „Vlado hat gefragt, ob ich dritte Liga spielen will. Ich hatte bis dahin zwar einige Anfragen, aber nichts Konkretes. Ich sagte ihm: Ich rede mal mit meiner Frau, und dann haben wir entschieden: Ich komme zurück nach Deutschland. Das ist meine zweite Heimat.“ Ein paar Gespräche später mit Rödelsees Teammanager Tobias Demel war alles erledigt. Der 15fache slowenische Nationalspieler packte seine Koffer. Zumal ihn auch seine Frau ermutigt habe. „Sie sagte: Spiele Handball, das ist dein Leben.“

Hinter dem 1,92 Meter großen Sportler lagen zwei Knieoperationen und acht Monate Pause, die längste bisher seiner Karriere. Nun bot sich Hribar eine neue Chance – ihm, der zuvor in Hildesheim Bundesliga gespielt hatte und anschließend für ein halbes Jahr in Österreich aktiv war, wo er sich schließlich verletzte. Quasi aus dem Bauch heraus, auf die Schnelle, traf er die Entscheidung für den kleinen Klub in Unterfranken. „Warum nicht? Das ist mein Risiko. Es ist auch für den Verein ein Risiko, mich nach der Verletzung zu nehmen“, sagt er.

Koffer packen und umziehen, das kennt der Linkshänder aus den vergangenen fünfzehn Jahren, in denen er als Handball-Globetrotter einige Städte gesehen hat. Wilhelmshaven (2006/07), Großwallstadt (2007/08), RK Koper (2008/09), HSG Düsseldorf (2009), später folgte Eintracht Hildesheim (2011/12). Dazwischen verbrachte er sogar ein Jahr bei einem Klub auf der arabischen Halbinsel in Katar. „Ich dachte, warum nicht? Es war alles in Ordnung dort, aber es ist eine andere Mentalität. Vieles ist anders dort, das ist nicht meine Welt, aber es war eine gute Erfahrung“, sagt Hribar heute über seinen Ausflug in den Wüstenstaat.

Ein Lehrer holte ihn vom Basketball zum Handball, als er zehn Jahre alt war. Der sportbegeisterte Junge entwickelte Talent, schaffte es bis in die besten Klubs Sloweniens und trat später gegen die ganz Großen an. Fragt man ihn nach seiner besten, schönsten Zeit, die er als Handballer hatte, nennt Hribar die Zeit bei Prule Ljubljana: Mit dem Hauptstadtklub warf er 2003/04 auch in der Champions League Tore. Er gehörte zum engen Kreis der slowenischen Auswahl – für einen der sechzehn Plätze im Aufgebot für die Europameisterschaft im eigenen Land reichte es nicht ganz.

Jetzt ist er zurück in Deutschland, wo er sich sehr wohl fühlt. Zurücklassen musste er vorerst seine Frau und die beiden Kinder. Die älteste Tochter wurde erst vor kurzem in Slowenien eingeschult, ein Umzug wäre für sie schwierig, zudem sei noch nicht genau abzusehen, wie es für ihn in den nächsten Jahren weitergehe. Was zu Hause los ist, bekommt Hribar über das Internettelefon Skype mit. Ende Oktober werde er wieder einige Tage daheim bei der Familie verbringen. Sollte er länger in Deutschland bleiben, was Hribar sich wünscht, dann werde er die Familie nachholen. Sein Plan ist, noch fünf Jahre, bis zu seinem 40. Geburtstag, aktiv zu spielen. „Wenn ich gesund bleibe“, wie er vorausschickt.

Seinen Schritt zum TSV Rödelsee, dem bisher kleinsten Klub auf den vielen Stationen Hribars, hat er nicht bereut. Es sei der ideale Einstieg, um nach seiner langwierigen Verletzung wieder auf die Beine zu kommen. Die dritte Liga nennt er „eine super Liga“, die gutes Niveau besitze. Das Leben in kleineren Orten, wie derzeit Mainsondheim, störe ihn, der aus einer 4000-Einwohner-Kleinstadt stammt, nicht. „Ich bin bisher überall klar gekommen, die Leute sind sehr freundlich.“ Die Sprache will er künftig besser lernen, das hat er sich vorgenommen.

Was das Sportliche angeht, so weiß er, dass sich sowohl der TSV Rödelsee als auch er selbst, noch an die neue Klasse gewöhnen müssen. Zur alten Form, zur Beweglichkeit früherer Tage, will Hribar zurückfinden. Er merke, dass es von Training zu Training auch mit den Mitspielern immer besser klappe. Beim TSV sei so manches möglich, „wir müssen drin bleiben, das ist ganz wichtig“, sagt er. Wenn alles passe, könne der Klub auf längere Sicht vielleicht noch etwas höher klettern.

Im derzeitigen Spiel weiß er, dass es den Rödelseern vor allem auswärts an Konstanz fehle. „Wir spielen super zwanzig Minuten, dann kommen zehn schlechte, danach wieder zehn gute, dann zwanzig schlechte.“ Diesmal trifft Hribar mit seinem Verein auf die SG Kronau/Östringen II, das Nachwuchsteam der Rhein-Neckar Löwen. Sie kennt Hribar aus den Duellen in der Bundesliga, zuletzt in Hildesheim.

Nun wartet die Reserve der Löwen mit starken Nachwuchskräften. „Das wird nicht leicht, aber daheim müssen wir jedem Gegner zeigen, dass er es nicht leicht hat, bei uns die Punkte zu holen“, sagt der Rückraum-Halbrechte. Wieder dabei sein dürfte diesmal der zuletzt wegen einer Verletzung fehlende Marin Varvodic, der wie Hribar erst vor der Saison zum TSV gestoßen ist. „Wir sehen uns fast jeden Tag, treffen uns auch mal zum Kaffee“, sagt Hribar über den 25-jährigen Kroaten, von dem nicht nur er viel hält.

 
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