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Handball
„Du bist nur interessant, wenn du gewinnst“
Das Gespräch führte Andreas Stöckinger
 |  aktualisiert: 21.05.2015 18:29 Uhr

Für Radovan Suchy war es eine „turbulente und anstrengende Runde“ in Rödelsee. Eigentlich wollte er sich auf seine Rolle als Spieler konzentrieren, aber dann trat beim Handball-Drittligisten nach drei Spielen Trainer Fritz Zenk zurück – und Suchy sprang ein. Erst am letzten Spieltag fand die monatelang Berg- und Talfahrt ein gutes Ende: Der TSV Rödelsee schaffte zum zweiten Mal als kleinster der 102 Vereine in den drei höchsten deutschen Handball-Ligen den Klassenverbleib. Ein Spagat, der Spielern, Trainer und Verein manches abverlangt, wie der Slowake sagt. „Du brauchst erst einmal die Charaktere, die wollen und die nicht diese Null-Bock-Generation vertreten.“

Frage: Der TSV Rödelsee hat sich den Verbleib in der dritten Liga erneut erst im allerletzten Spiel gesichert. Wie froh und erleichtert sind Sie, dass die Saison vorüber ist?

Radovan Suchy: Nach dem letzten Spiel in Friedberg war jeder glücklich, dass es vorbei ist. Ich kann die freien Nachmittage und Abende wieder genießen, weil sie nicht mit Trainingseinheiten voll sind. Zudem muss ich mich nicht auf ein Spiel vorbereiten. Ich kann auch mal im Garten sitzenbleiben.

Fiel bei Ihnen in den Tagen nach diesem Spiel eine Last ab?

Suchy: Natürlich. Ich hatte gedacht, dass wir die Sache schon vorher klarmachen. Leider kam es anders. Aber das ist das erste, was du merkst: diese Erleichterung. Das hat man schon in der Halle in Friedberg gespürt, diese psychische Entlastung und auch die Freude, dass wir es endlich geschafft haben.

Was ging Ihnen denn unmittelbar nach dem Schlusspfiff in Friedberg durch den Kopf?

Suchy: Gott sei Dank ist es vorüber! Ich hätte es am letzten Spieltag nicht so einfach erwartet. Ich war fast den ganzen Samstag vor dem Spiel nicht ansprechbar.

Der Verlauf der Runde war ähnlich wie im Vorjahr ziemlich turbulent. Sie sind nach drei Spieltagen als Trainer für Fritz Zenk eingestiegen. Es folgte eine Zeit, in der Ihrer Mannschaft so ziemlich alles gelang.

Suchy: Die Runde war wirklich turbulent. Für mich galt es, ständig zwischen hopp oder top zu entscheiden. Zunächst hatte ich als Spieler für die Runde zugesagt – mit der Bedingung, dass ich mehr Zeit für meine Regeneration nehmen und weniger trainieren kann. Dann musste ich plötzlich noch mehr machen. Ich spürte, dass es vor allem psychisch sehr belastend war. Körperlich ging es bis auf einige wenige Spiele.

Mitte der Hinrunde stand der Abstiegskandidat Rödelsee auf einmal auf Platz drei. Hatten Sie so etwas für möglich gehalten?

Suchy: Es lief einfach, aber das sind Momentaufnahmen. Alle waren gesund, wir bekamen einen Lauf – und dann bist du plötzlich vorn. Ich habe gewarnt, dass ein Tief oder Verletzungen kommen würden, das wusste ich. Auch, dass es am Saisonende ein paar unerwartete Ergebnisse geben würde. Es wollte ja aus finanziellen Gründen keiner aufsteigen, das machte die Sache schwierig.

Zu Weihnachten hatte sich das Ganze relativiert, Rödelsee stand im Mittelfeld. Hatten einige Ihre Warnung nicht ernst genommen?

Suchy: Glaube ich nicht. Die jungen Spieler dachten wohl, das ist schön. Es waren eher im Umfeld Leute, die meinten, wir könnten in der dritten Liga jetzt vorne mitmischen. Das ist nicht so. Wir müssen das Positive aus dieser Runde sehen: Wir haben zwei, drei Punkte mehr geholt als vergangene Saison. Dass am Ende trotzdem so eng wurde, lag einfach an der Tatsache, dass diese Klasse sehr ausgeglichen war.

Musste mancher Spieler in der Rückrunde erst verinnerlichen, dass es nur gegen den Abstieg geht?

Suchy: Ja. Ein Sportler geht nie mit dem Vorsatz in die Saison, gegen den Abstieg zu kämpfen. Man muss das Ziel so formulieren, dass man sich in der Mitte bewegen will. Klappt es, ist es prima. Am Schluss zählt der Klassenverbleib – das war mir als Trainer bewusst. Es könnte nur etwas früher sein.

In der Rückrunde ereilte die Mannschaft der Leistungsknick. Merkte man gerade in dieser Zeit, dass es schwierig wird für die Mannschaft, wenn ein oder zwei aus der ersten Sechs mal eine schlechte Phase haben?

Suchy: Ja, das sieht man in der Liga. Ganz vorn stehen Mannschaften, die 14, 15 gleichwertige Akteure haben. Die können wechseln, ohne dass sich am Niveau etwas ändert. Wir hatten manchmal bloß zwei Mann auf der Bank sitzen. Da musst du schon vorher taktisch schauen: Wie und wann wechsle ich, dass es keinen Einbruch gibt.

Wie groß ist hier der Einfluss des Trainings?

Suchy: Sehr groß. Wir konnten am Anfang im Training immer Sechs ge-gen Sechs spielen. Das war die Phase, in der wir sehr gut spielten, da lief es. Dann verletzte sich einer, ein anderer hörte auf, und schon mussten wir bei den Einheiten improvisieren. Dazu kam, dass wir ein Konzept finden mussten, wenn Bostjan Hribar ausgeschaltet war. Da haben wir lange gesucht.

Gab es Phasen, in denen Sie am Erfolg Ihrer Mission zweifelten? Etwa nach der klaren Niederlage beim Abstiegsrivalen Fürstenfeldbruck?

Suchy: Zweifel hatte ich so nicht direkt. Irgendwann dachte ich, dass es vielleicht für die jungen Spieler und das Umfeld nicht verkehrt ist, wenn es nicht klappt. In der Bayernliga gewinnst du mehr, kannst dich entwickeln. Das ist auch für das Publikum gut. In Kitzingen bist du nur interessant, wenn du gewinnst, egal welche Liga.

Ist denn die Erwartungshaltung mittlerweile so groß?

Suchy: Zum Teil. Dabei müssen wir stolz sein, dass wir in so einem kleinen Dorf dritte Liga spielen. Dass du da weniger gewinnst als vorher, verstehen viele nicht. Innerlich war ich immer überzeugt, dass wir die Klasse halten.

Was ist das Konzept des TSV Rödelsee, um sich mit so bescheidenen Mitteln zu behaupten?

Suchy: Du brauchst erst einmal die Charaktere, die wollen und die nicht die Null-Bock-Generation vertreten. Sie haben sich früh ausgesucht, das Maximum zu erreichen. Da spreche ich mal Maxi Häckner an, der hat die Einstellung. Dann muss die Chemie zwischen den Leuten und dem Trainer stimmen, vor allem in Rödelsee. Da musst du sensibel sein. Wir trainieren hochklassig, entlohnen aber niederklassig. Der Trainer ist fast ein Profi. In der Liga musst du Leistung bringen, dazu ist viel und hartes Training nötig.

Auffällig in dieser Saison waren Bostjan Hribar, der Torschützenkönig der dritten Liga wurde, und Torhüter Thomas Paul. Für Sie auch die prägenden Figuren der Mannschaft?

Suchy: Bostjan hat eine Wahnsinns-Saison gespielt. Er ist der, der vorangeht. Auch Thomas hat das hervorragend gemacht, aber er hat als junger Torwart noch nicht die Konstanz. Ich würde aber nicht die beiden herausheben. Rok Ivancic zeigte im letzten Spiel in Friedberg, warum er einmal Nationalspieler war. Und auch Julius Weinhardt hat toll gespielt. Die Entwicklung zeigte bei allen nach oben. Nur auf Rechtsaußen hat es ein bisschen gefehlt.

Wer soll Rok Ivancic ersetzen, der zurück nach Slowenien geht?

Suchy: Es ist schwer, so einen Spieler zu ersetzen. Es war schon Glück, dass wir so einen Spieler zu diesen Bedingungen bekommen haben. Wir sind im Moment am Arbeiten, haben auf der Königsposition Dennis Orf und Maxi Sauerhammer. Aber Unterstützung eines Erfahrenen täte den beiden gut.

Hat Sie der Entschluss von Vilo Vitkovic überrascht, als Trainer nach Marktsteft zu gehen?

Suchy: Ich hatte zuvor noch mit ihm gesprochen, wie es aussieht, was wir zusammen machen können. Er sagte, er wisse noch nicht. Dann hörte ich, dass er geht. Ich kann es immer noch nicht verstehen. Es wird in Marktsteft schwer für ihn, aber es ist seine Entscheidung.

Wie lange gönnen Sie Ihrer Mannschaft nun Pause?

Suchy: Wir haben besprochen, dass der Juni noch frei bleiben wird. Aber ich habe Trainingspläne verteilt für die Zeit bis dahin, die jeder selbst absolvieren sollte. Wir treffen uns zweimal die Woche freiwillig zum Joggen oder um als Mannschaft was zu machen. Du musst als Spieler ein gewisses Level halten, sonst wird es wahnsinnig schwer.

 
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