
Ziel erreicht, und wie: Patrick Karl gewann am Wochenende bei den deutschen Jugendmeisterschaften in Jena die von ihm im Vorfeld anvisierte Goldmedaille über 2000-Meter-Hindernis. Vergangenes Jahr war ihm diese quasi auf dem Zielstrich noch entglitten. „Diesmal habe ich mich auf den letzten 50 Metern bestimmt dreimal umgedreht, weil mir der Karl Bebendorf wieder im Nacken saß. Erst auf der Ziellinie habe ich dann gejubelt“, erzählt er im Rückblick mit einem Schmunzeln.
Im Vorjahr bei den Titelkämpfen in Wattenscheid hatte ihn eben dieser Bebendorf, der für den Dresdner SC startet, noch um Brustbreite abgefangen, weil Patrick Karl im Gefühl des sicheren Sieges bereits wenige Meter vor der Ziellinie die Arme nach oben gerissen hatte. „So etwas soll mir nicht noch einmal passieren“, hatte der junge Läufer damals als Lehre für sich mitgenommen. Diesmal lagen beim Rennen am Ende 75 Hundertstel zwischen Karl und seinem Kontrahenten, der auf Platz zwei einlief. Zum drittplatzierten Lennart Mesecke (SG Bredenbeck) betrug der Vorsprung bereits über drei Sekunden.
Als Favorit war Karl ins Rennen gegangen. Erst zwei Wochen zuvor hatte der junge Ochsenfurter bei den europäischen Titelkämpfen der Junioren über die längere 3000-Meter-Strecke Platz zwei und damit die Silbermedaille geholt. Er besaß zudem die beste Meldezeit der 14 Teilnehmer, die in Jena an den Start gegangen waren. Damit war klar, dass die nationale Konkurrenz natürlich besonders auf ihn acht geben würde.
Deswegen überlegte er sich zusammen mit seinem Vater Klaus, gleichzeitig der Trainer des jungen Läufers, diesmal eine andere Taktik als sonst anzuwenden. Zuletzt hielt sich Patrick Karl meist zu Beginn im Feld, um sich eine gute Position zu verschaffen und später auf der zweiten Hälfte des Rennens richtig Gas zu geben. „Wir dachten, wir machen mal was Ungewöhnliches. Diesmal haben wir festgelegt, dass ich das Rennen von vorne angehe und von Beginn an Druck mache.“ Die Marschroute klappte ganz gut, zumal zunächst der Erfurter Falko Spindler Tempo machte. Karl hängte sich an Spindler, um schließlich nach etwa 1000 Metern das Tempo erneut zu forcieren. Im Schlepptau blieben drei Läufer, unter ihnen die beiden Endlauf-Teilnehmer der Junioren-Europameisterschaft.
Davon ließ sich Patrick jedoch nicht beirren und kontrollierte das Rennen. In der letzten Runde beschleunigte er noch einmal und riss eine kleine Lücke zu den Verfolgern. Eine Schrecksekunde hatten Betreuer und Fans in Jena, als er den letzten Graben unerwartet im Hürdensitz nahm. Ein Sturz kurz vor dem Ziel wäre das Aus der Titelträume gewesen, aber die Bedenken erwiesen sich als unbegründet, denn er übersprang das Hindernis problemlos.
Karl beschleunigte auf der Zielgeraden noch einmal, was ihm den ersten Platz garantierte. Auch wenn sich die Konkurrenten im Spurt noch etwas annäherten, bestand keine Gefahr. Sein insgesamt dritter deutscher Meistertitel – zwei erreichte er in der Altersstufe U18 über die 1500-Meter-Hindernis – war damit unter Dach und Fach.
Mit der gelaufenen Zeit zeigte sich der junge Athlet zufrieden, auch wenn er den von ihm angestrebten bayerischen Jugendrekord über 2000-Meter-Hindernis um knapp zwei Sekunden verfehlte. Für Karl war es gleichzeitig das letzte Rennen über die kürzere Distanz, die bis zu den Junioren gelaufen wird.
Nachdem es für den Ochsenfurter auch der letzte größere Wettkampf in diesem Jahr war, feierten er und sein Begleittross den nationalen Titel am Abend. Am Sonntag nutzte Karl die Gelegenheit, auch bei den restlichen Wettkämpfen zuzuschauen, ehe es wieder nach Hause ging.
Der junge Sportler, der kürzlich erst seinen Schulabschluss machte, kann nun die Beine für die nächsten Tage hoch legen. „Jetzt geht's erst einmal eine Woche zum Zelten“, freut er sich auf das Erholungsprogramm. Ohne Training. „Ich werde vielleicht zwei-, dreimal die Woche joggen, mehr nicht.“ Kommendes Jahr will er sich auf seine Berufsausbildung bei der Polizei konzentrieren. Sportlich steht 2016 die Europameisterschaft der Erwachsenen an. „Die Zeiten für die Qualifikation schaffe ich noch nicht. Vielleicht probiere ich es mal mit einem Höhen-Trainingslager“, blickt er voraus.