Schweren Herzens hat die SG Castell/Wiesenbronn dieser Tage ihr Abenteuer Kreisliga beendet. Dabei hing der Fußball-Himmel in den benachbarten Orten im östlichen Landkreis Kitzingen noch im Mai 2019 mit der Meisterschaft in der Kreisklasse und dem damit verbundenen Aufstieg voller Geigen.
Zwei Jahre später, nach 20 Spielen in der höheren Liga und dem coronabedingten Saisonabbruch, geht es nun zwei Etagen tiefer in der A-Klasse weiter.
Der Verzicht auf das Spielrecht in der Kreisliga fiel Castells Sportleiter Philipp Baumann gar nicht so leicht: "Natürlich ist man enttäuscht, wenn man sich fünf Jahre lang mühsam nach oben gespielt hat und stolz darauf war, in der Kreisliga zu sein. Für uns als kleiner Verein war dies ein beschwerlicher Weg." Die Kreisliga sei für die Spielgemeinschaft so etwas "wie die Champions League" gewesen.
Schon vor der Corona-Pause Probleme mit zu wenigen Spielern
Die lokale Königsklasse hat sich für die SG erst einmal erledigt. Den Ausschlag für den Rückzug gaben die Abgänge einiger Leistungsträger, darunter die beiden treffsichersten Akteure Tobias Gnebner (16 Tore, nach Oberschwarzach) und Mario Paul (acht, zum SSV Kitzingen).
"Es ist schade, dass uns Leute verlassen, nur um eine Klasse höher oder in der gleichen Liga zu spielen", findet Axel Klein. Er ist von Wiesenbronner Seite aus in der Verantwortung, was die Fußballer betrifft. Und auch er ist, wie sein Casteller Kollege Baumann, enttäuscht.
Bereits vor der Corona-Zwangspause sei die Spielerdecke dünn gewesen, berichten beide. Mit dem Aufstieg hatte auch der eine oder andere Routinier seine Laufbahn beendet. Trotzdem lief es einigermaßen. "Wir hatten vor dem Lockdown schon Verletzungspech und haben uns geradeso durchgemogelt", schaut Baumann zurück. Auf Platz zwölf und damit knapp vor den Abstiegsrängen stand die SG, als der Verband den Abbruch beschloss.
Bereits im Winter hatte Spielertrainer Oliver Koch aufgehört, was mit dem Verein aber im Vorfeld abgesprochen gewesen sei. Er schließt sich für die neue Saison seinem in die Bezirksliga West aufgestiegenen Heimatverein, der SG Buchbrunn-Mainstockheim, an. Nach mehreren Gesprächen mit den Spielern traf die sportliche Leitung der SG eine Entscheidung: den Rückzug.
Das sei aktuell einfach sinnvoller, gerade für manche jungen Spieler, sagt Baumann. "Lieber unten neu sortieren, als oben verzweifeln", lautet seine Devise. Klein sieht es ähnlich: "Wir sind ein Dorfverein. Wir wollen Spaß am Fußball haben und den Verein am Leben halten." Ob es ohne Corona und die Unterbrechung auch so gelaufen wäre, könnten sie nicht sagen.
Für den Neuanfang haben die Casteller und Wiesenbronner einen neuen Trainer gefunden: Auf Christian Löbel seien sie durch eine Annonce im Internet gestoßen. Er wohnt in Obervolkach und war zuletzt als Co-Trainer bei den Frauen der Würzburger Kickers tätig.
Konkurrent Stammheim im Glück, aber mit Kritik am Verband
Sportlicher Nutznießer des Rückzugs der SG Castell/Wiesenbronn ist der SV Stammheim, der in der Schweinfurter Kreisliga 1 bleiben darf. "Wir nehmen das natürlich gerne mit – für uns ist das ein Glück", sagt dessen Trainer Andre Krauß zur geänderten Abstiegssituation.
Eigentlich hätten die Stammheimer als Vorletzter in die Kreisklasse gemusst. Krauß' Ansicht nach liege der Schwarze Peter jedoch beim Bayerischen Fußball-Verband (BFV). "Die einzig faire Option wäre ein Abbruch gewesen – weder Auf- noch Absteiger. Das stand beim BFV aber nicht zur Debatte", so Krauß.
Die Stammheimer hatten in den vergangenen Wochen einige Hebel in Bewegung gesetzt und den Fußball-Landesligisten ASV Rimpar unterstützt bei dessen Forderung nach einem Abbruch ohne Absteiger. Dem SV Stammheim hatte beim Quotienten nur ein Hundertstel gefehlt, um die Liga zu halten.
Nur einen Tag, nachdem der Rimparer Einwand gescheitert war, erreichte Krauß und die Stammheimer die Kunde vom Rückzug des Konkurrenten – und vom damit verbundenen Klassenerhalt.