Die Situation war kurios: Während sich die Hochwasserlage in und um Augsburg aufgrund des über 48-stündigen Dauerregens immer mehr zuspitzte und in manchen Landkreisen der Katastrophenfall ausgerufen wurde, liefen die Weltcup-Rennen im Kanuslalom auf dem Augsburger Eiskanal auch am Samstag ungehindert weiter. Während der Lech immer höher stieg, blieb der Pegel in der Wettkampfstrecke dank der Regelungen über den Hochablass und dem Lechwehr am Forggensee so stabil, dass nach den Kajak-Rennen am Freitag auch die Canadier-Wettkämpfe problemlos durchgeführt werden konnten.
Dennoch gingen die vielversprechenden Lokalmatadore von "Kanu Schwaben Augsburg" auf ihrer Heimstrecke leer aus. Sowohl Sideris Tasiadis, der C1-Weltmeister von 2022, als auch Elena Lilik, die C1-Weltmeisterin von 2021, verpassten die Weltcup-Podestplätze. Tasiadis war im Finallauf zwar schnell unterwegs, vergab aber Bronze, weil er sich an Tor 15 eine Torstabberührung eingehandelt hatte. Ein "Leichtsinnsfehler", wie er anschließend zugab. "Ich war eigentlich schon vorbei an dem Tor, aber mit der Beschleunigung des Bootes habe ich den Torstab doch noch berührt. So was darf eigentlich nicht passieren", ärgerte er sich über das Missgeschick, ohne das ihm der dritte Platz sicher gewesen wäre.
Kanute Sideris Tasiadis will "kleine Fehler" bis zu den Olympischen Spielen in Paris abstellen
Dennoch war der Augsburger, der in seiner Bootsdisziplin bereits als Olympiastarter in Paris fest steht, mit seinem ersten internationalen Wettkampf in diesem Jahr zufrieden. "Ich weiß, was ich in der Lage bin zu leisten. Ich weiß, wo ich stehe und wo die anderen Jungs stehen. Man hat jetzt noch ein bisschen Zeit, an den kleinen Fehlern zu arbeiten in der Zeit bis zu Olympia. Da sollten solche kleinen Fehler wie heute dann nicht passieren."
Die Canadierfahrer Franz Anton und Timo Trummer aus Leipzig verpassen in Augsburg die Finalrennen
Mit einem überlegenen Sieg im Vorlauf hatte der 34-jährige Augsburger gezeigt, dass er sich von den Dauerregenfällen, die am Samstag unvermindert heftig über den Augsburger Olympiapark hinweg peitschten, ebenso wie die anderen weltbesten Fahrer nicht aus dem Konzept bringen lässt. Mit der zweitbesten Zeit zog er als einziger deutscher Canadier-Fahrer ins Finale ein. Seine Teamkollegen Franz Anton und Timo Trummer (beide KC Leipzig) hatten den Endlauf verpasst. Mit Blick auf seine vierte Olympia-Teilnahme im Juli wünschte sich Tasiadis aber trotzdem, dass während der Wettkampftage in Paris eine deutlich bessere Witterung herrschen möge. "Ich freue mich riesig, dort an den Start zu gehen und mein Land noch einmal zu repräsentieren. Ich werde auf alle Fälle mein Bestes geben. Und hoffen, dass es dort nicht so regnet wie hier. Wenn die Wetterkonditionen besser sind, können wir noch mehr aus uns herausholen."
Augsburger Kanutin Elena Lilik wagt im Canadier Einer eine riskante Linie - und wird bestraft
Ähnlich souverän wie ihr Vereinskamerad Tasiadis war auch Elena Lilik ins Finale eingezogen. Auf Rang vier war sie dort die beste Deutsche - und auch ihre Teamkolleginnen Andrea Herzog (Platz acht) und Nele Bayn (Platz neun, beide KC Leipzig) erreichten das Zehner-Rennen um die Medaillen. Weil Lilik im Endlauf nach Absprache mit ihrem Trainerteam allerdings eine noch schnellere Linie ausprobieren wollte, ging sie großes Risiko - und wurde für ihren Mut bestraft. Gleich zu Beginn des Laufs zwischen Tor zwei und drei stieg ihr die Bootsspitze steil nach oben, Lilik musste abdrehen und die Anfahrt an Tor drei neu starten. Dort kassierte sie wegen einer Berührung gleich noch zwei Strafsekunden. Die viele verlorene Zeit konnte sie nach unten nicht mehr einholen, sie beendete das Rennen auf Rang acht.
Alle drei deutschen Canadierfahrerinnen erreichen auf dem Augsburger Eiskanal das Weltcup-Finale
"Ich bin schon froh, dass ich wieder ins Finale gefahren bin, denn die Strecke war echt richtig schwierig. In dem Lauf wollten wir noch einmal etwas ausprobieren, denn man muss sich mit Blick auf die Olympischen Spiele ja auch weiterentwickeln", begründete Lilik ihre ungewöhnliche Linienwahl. Dennoch musste sie nach ihrem Experiment nüchtern konstatieren: "Es ist schief gegangen. Aber man ist daran gewachsen und das ist okay so." Umso mehr freute sich Lilik für ihre Teamkolleginnen Andrea Herzog und besonders Nele Bayn, die mit Rang zehn und Rang vier das gute Teamergebnis für die deutschen Canadier-Fahrerinnen komplett machten. "Ich bin richtig stolz auf unsere Teamleistung. Ich weiß nicht, seit wie vielen Jahren wir das erste Mal wieder alle drei im Finale waren. Ich finde es einfach geil, dass wir drei Mädels das geschafft haben."
Am Sonntag stehen auf dem Augsburger Eiskanal die Kajak Cross-Wettkämpfe auf dem Programm
Am Sonntag wird Elena Lilik noch einmal im Kajak Cross an den Start gehen, gemeinsam mit ihrer K1-Teamkollegin Ricarda Funk, die am Freitag im Kanuslalom Silber geholt hatte. Den Wettkampftag will Schwaben-Kanutin Lilik dafür nutzen, ihr neues Kajak Cross-Boot einmal unter realen Wettkampfbedingungen zu testen. Denn in dieser jungen Kanu-Sportart, die 2024 in Paris erstmals olympisch ist, haben Funk und Lilik neben ihren Kanuslalom-Einsätzen dann noch ein zweites Mal die Chance, um Edelmetall zu paddeln.
Die Zeitläufe im Kajak Cross am Augsburger Eiskanal starten am Sonntag um 8.45 Uhr, die Viertelfinale und Halbfinale stehen um 11.15 Uhr auf dem Terminplan, die Finalrennen um 12.15 Uhr.
Die Weltcup-Ergebnisse im Überblick:
Canadier Einer der Frauen: 1. Fox (Australien), 2. Villarubla (Spanien), 3. Doria (Andorra)
Canadier Einer der Männer: 1. Hocevar (Slowenien), 2. Mirgorodsky (Slowakei), 3. Gestin (Frankreich)
Kajak Einer der Frauen: 1. Pringent (Frankreich), 2. Funk (Deutschland), 3. Satila (Brasilien), 4. Lilik (Deutschland)
Kajak Einer der Männer: 1. Oschmautz (Österreich), 2. Butcher (Neuseeland), 3. Kauzer (Slowenien), 4. Tasiadis (Deutschland)