Das Gewöhnungsbedürftigste am KanuparkMarkkleeberg ist die Farbe des Wassers. Die Stromschnellenauf der 2007 gebauten Kanuslalom-Anlage im ehemaligen Braunkohle-Abbaugebiet in direkter Nachbarschaft zur Stadt Leipzig schimmern je nach Lichteinfall rötlich, braun oder ocker. Ein eklatanter optischer Unterschied zum zweiten deutschen Leistungszentrum im Kanuslalomsport, dem Augsburger Eiskanal, wo stets frisch strömendes Flusswasser aus dem angrenzenden Lech in die Wettkampfstrecke abgeleitet wird. Beide Sportstätten stehen in starker Konkurrenz, denn in beiden werden Spitzenkanuten und -kanutinnen ausgebildet.
Schon seit dem olympischen Start in Augsburg 1972 gehört der Kanuslalomsport zu jenen deutschen Sportarten, die bei den Olympischen Spielen zuverlässig Medaillen sammeln. So zuletzt in Tokio 2021 mit zweimal Einzelgold durch Ricarda Funk (KSV Bad Kreuznach) und Andrea Herzog (KC Leipzig) sowie zweimal Bronze durch Sideris Tasiadis (Kanu SchwabenAugsburg) und Hannes Aigner (Augsburger Kajak Verein). Je nach Erreichbarkeit trainieren die Etablierten der Leistungsklasse, aber auch der ambitionierte Paddel-Nachwuchs entweder in Leipzig oder in Augsburg. 400 Kilometer und eine vierstündige Autofahrt trennen die beiden Zentren, die zwar dem gleichen Sport eine Plattform bieten, aber in ihrer Ausrichtung, Lage und Technik große Unterschiede aufweisen.
Kanupark Markkleeberg hat mit gestiegenen Energiekosten zu kämpfen
Und deshalb auch mit völlig anderen Problemen zu kämpfen haben. Die Farbe des Wassers in Markkleeberg ist nur eines davon. Statt von einem Fluss wie in Augsburg wird die mit Pumpen elektrisch angetriebene Wildwasser-Anlage in Sachsen vom benachbarten Stausee gespeist, der durch den Kohleabbau entstanden ist. Weil dadurch aber immer mehr eisenhaltige Bodensedimente aus den Böden geschwemmt wurden, die von den Pumpen aufgewirbelt werden, kommt es zu der unschönen Verfärbung. Da das gesundheitlich allerdings unbedenklich ist, kann im Kanupark uneingeschränkt trainiert werden.
"Es hat vorher ja keine Referenzobjekte in Tagebaugebieten gegeben", sagt Kanupark-Geschäftsführer Christoph Kirsten und verweist darauf, dass vor Ort noch bis 1996 Kohle in bis zu 90 Metern Tiefe abgebaut wurde. Mit sämtlichen daraus resultierenden Spätfolgen für die Natur wie Absenkung des Bodens oder die Verfärbung des Wassers, was die Renaturierung so schwierig macht. "Durch den Wiederanstieg des Grundwassers werden nun Bodenschichten ausgespült, die jahrzehntelang trocken lagen. Diese sondern dann eisenhaltige Kleinstteile aus", erklärt Kirsten.
Im Kanupark Markkleeberg werden auch Rafting-Aktivitäten angeboten
Ein größeres Problem seien allerdings die steigenden Energiekosten, um die Anlage zu betreiben, so Kristen. "Wir pumpen das Wasser aus dem See auf ein höheres Niveau und durch das Gefälle des Hanges läuft es auf Seeniveau zurück", beschreibt er den künstlichen Kreislauf mit seinem hohem Energieaufwand.
Während in den Anfängen der Anlage eine Trainingsstunde noch rund 300 Euro gekostet hat, ist der Preis mittlerweile auf das Drei-bis Vierfache angestiegen.
Aufgrund der hohen Energiekosten muss bei dieser privatwirtschaftlich geführten Anlage, die sich mit einem Café, Raftingtouren und allerlei Freizeitaktivitäten auf dem Wildwasserkanal finanziert, gut gerechnet werden. Die Pumpen werden nach Wettkämpfen, Trainingseinheiten und den Spaßtouren für jährlich rund 20.000 Freizeitsportler sofort abgestellt, und das elektrisch angetriebene Wildwasser versiegt. Ganz anders als am Augsburger Eiskanal, wo der Kanal seine Stromschnellen aus seinem natürlichen Gefälle und dem Druck aus dem Lech speist und die Sportvereine ihn dort im Normalfall so lange nutzen können, wie der Fluss ausreichend Wasser führt.
Wegen der Trockenheit wurde am Eiskanal in Augsburg um die Kanu-WM gebangt
Das ist mittlerweile allerdings auch nicht mehr selbstverständlich. Denn bei der Kanuslalom-Weltmeisterschaft im Juli 2022 in Augsburg begann das große Zittern, als der Lech aufgrund anhaltender Trockenheit nicht genügend Wasser führte und der Stausee am Forggensee im Allgäu nicht voll genug war. Ist die von dort durchgelassene Wassermenge zu gering, vermindert sich der Druck des Wassers in der Wettkampfstrecke. Zumal von den Behörden aufgrund des Naturschutzes der Lech-Region genau vorgeschrieben ist, wie viel Prozent aus dem Fluss in die Augsburger Stadtkanäle und in den Eiskanal abgeleitet werden dürfen.
Um dieses Problem für die WM 2022 zu lösen, wurde in einer Notaktion durch die Stadt Augsburg kurzzeitig der neben dem Eiskanal liegende Stadtkanal aufgestaut, um mehr Wasser für die Wettkampfstrecke zu bekommen. Nur so konnte ein reibungsloser Ablauf gewährleistet werden. Allerdings ist in Augsburg auch immer wieder zu hören, dass Wasserknappheit im Eiskanal nicht immer ausschließlich auf Trockenheit zurückzuführen ist, sondern auch finanzielle Interessen der Uniper-Kraftwerke, die die Lechstaustufen betreiben, mitunter eine Rolle spielen würden.
Am Augsburger Eiskanal machen die Grasterrassen den besonderen Reiz aus
Für das Publikum haben beide Strecken ihre Attraktivität und ihre Berechtigung. Während der Augsburger Eiskanal sich gemäß dem natürlichen Gefälle seine rund 300 Meter direkt nach unten schlängelt, wurde der KanuparkMarkkleeberg wie nahezu alle künstlichen Kanuslalom-Strecken in einer modernen U-Form angelegt. Da bedeutet für Publikum und Sporttreibende kürzere Wege und die Möglichkeit, von einem Standpunkt nahezu die komplette Strecke im Blick zu haben. Am Eiskanal sind die Wege durch den gezogenen Kanal länger, die Kulisse aber findet ihren Reiz durch die einzigartige, unter Denkmalschutz stehende Modellierung der Grasterrassen und des alten Baumbewuchses, was zum Verweilen und Beobachten der Wettkämpfe einlädt. Wie etwa am Samstag und Sonntag, 29. und 30. April, wenn dort die Nationale Qualifikation gefahren wird.