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Interview
Geschäftsführer Michael Ströll: "Der FCA ist wieder in"
Am Samstag geht es für den FC Augsburg in der Bundesliga weiter. Geschäftsführer Michael Ströll über die Transferzwänge und sein Alleinstellungsmerkmal im Klub.
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Foto: Ulrich Wagner | FCA / FC Augsburg / Mitgliederversammlung / Jahreshauptversammlung des FCA in der WWK Arena.mit ca 1000 Mitgliedern.Bild: Ulrich WagnerPräsident Klaus Hofmann spricht
Robert Götz, Marco Scheinhof
 |  aktualisiert: 11.03.2024 09:27 Uhr

Am Samstag spielt der FC Augsburg gegen Bayer Leverkusen zum Abschluss der Vorrunde. Sind Sie überrascht, dass da nach 16 Spieltagen der Tabellenführer in die WWK-Arena kommt? 

Michael Ströll: Wenn man die vergangenen zehn Jahre ansieht, ist es sicher etwas überraschend, dass nicht Bayern München oben steht. Aber Leverkusen hat in den letzten Monaten einen sehr guten Job gemacht.

Der FCA ist Elfter mit sechs Punkten Rückstand auf Platz sechs und acht Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz 16. Sind Sie damit zufrieden?

Ströll: Der Klassenerhalt hat erste Priorität. Wir haben, seit Jess Thorup im Amt ist, eine sehr gute Entwicklung genommen. Es gab nach dem Trainerwechsel zwei Ziele: Den Turnaround schaffen und die DNA des FCA wieder auf den Platz bringen. Punkt eins ist uns mit 1,44 Punkten im Schnitt mehr als gelungen und auch bei Punkt zwei sind wir auf einem guten Weg. Das zeigt sich auch am Zuschauerzuspruch. Der FCA ist wieder in. Wir werden gegen Leverkusen zum zwölften Mal bei den letzten 15 Heimspielen im Heimbereich ausverkauft sein. Wenn wir das so fortführen, bin ich hochzufrieden mit der Entwicklung. Aber unser Auftaktprogramm ist sehr anspruchsvoll mit den drei Top-Teams Leverkusen, Bayern und Leipzig zu Hause. Die Bundesliga ist für uns kein Sprint über die nächsten vier, fünf Spiele, sondern ein Marathon. Wir wollen Richtung Saisonende frühzeitig den Klassenerhalt sichern. Das steht über allem. 

Entwicklung heißt im Fußball, den Kader zu optimieren.

Ströll: Wir sind mitten in diesem Prozess. Es wurde mit der sportlichen Leitung besprochen, den Kader zu verschlanken. Zum einen, um unseren jungen Spielern Einsatzzeiten in Aussicht zu stellen. Aber auch, um jedem Spieler im Kader eine realistische Chance auf Spielzeit zu geben. Außerdem wollen wir den Spielern, die in der Vorrunde kaum zum Zug gekommen sind, Perspektiven schaffen. Vor allem mit Leihgeschäften, weil wir an sie glauben. Da kann es noch den einen oder anderen Wechsel geben. 

Aaron Zehnter hat daran aber nicht mehr geglaubt.

Ströll: Sein Vertrag wäre im Sommer ausgelaufen. Wir haben versucht, ihm eine Perspektive bei uns aufzuzeigen, die wäre aber sicher noch mit etwas Geduld verbunden gewesen. Aaron ist jedoch mit dem Wunsch auf uns zugekommen, den Wechsel jetzt schon im Winter vorzunehmen. Aaron hat sich gut entwickelt in den letzten Monaten, war aber noch nicht so weit, dass er in der Bundesliga voraussichtlich regelmäßig zum Einsatz gekommen wäre. 

Der FCA ist auch auf der Suche nach Verstärkung.

Ströll: Wir sind nicht speziell auf der Suche, aber wir beobachten den Markt natürlich immer. Gibt es eine Möglichkeit, uns zu verstärken, dann prüfen wir das. Wir haben aber absolutes Vertrauen in unseren Kader und unsere Spieler.

Die Bundesliga scheint sich immer mehr in eine Drei-Klassen-Gesellschaft zu verwandeln. Oben die wirklich finanzstarken Klubs, dann ein kleines Mittelfeld und dann der Rest. Täuscht das?

Ströll: Fakt ist, das Kapital eine höhere Wahrscheinlichkeit auf Erfolg bietet. Aber es gibt trotzdem die Möglichkeit, immer wieder mal in höhere Regionen reinzustoßen. Union Berlin hat es gezeigt, der SC Freiburg beweist es. Von daher ist es unser Anspruch, mit weniger Mitteln das Maximale herauszuholen. Auch kreativer zu sein als andere. Wir können nicht rein mit Geld Qualität nach Augsburg holen, wir müssen andere Wege bestreiten.

Wie können diese aussehen?

Ströll: Wir stehen auf einem extrem soliden Fundament. Wir haben in den letzten eineinhalb Jahren in sämtlichen Bereichen zukunftsfähige Strukturen geschaffen. Wir haben Verantwortung auf mehrere Personen übertragen und agieren mehr im Team. Im kaufmännischen Bereich haben wir eine Geschäftsleitungsebene installiert und weitere Direktorenstellen geschaffen. Im sportlichen Bereich haben wir uns mit Marinko Jurendic, Heinz Moser und Christoph Janker breiter aufgestellt. Jetzt können wir uns peu à peu in Segmenten weiterentwickeln, in denen wir Nachholbedarf haben. Das ist vor allem die Heranführung von eigenen Talenten an die Profimannschaft, da müssen wir auch selbstkritisch sein.

Woran liegt das?

Ströll: Unter anderem daran, dass wir die Infrastruktur im Nachwuchsleistungszentrum bis zum letzten Jahr nicht auf dem Niveau hatten, wie es andere Klubs in Deutschland bereits seit vielen Jahren haben, und eben die Strukturen noch nicht so ausgeprägt waren.

Aber ob es ein Talent in den Bundesliga-Kader schafft, liegt doch an seiner Qualität und nicht an der Qualität seines Internatszimmers?

Ströll: Du musst die Top-Talente, auch die jungen, die du benötigst, erst einmal überzeugen, dass sie überhaupt zum FCA kommen. Das ist keine regionale Konkurrenz mehr, wir konkurrieren national mit Klubs wie Bayern, Leipzig und Hoffenheim. Da mussten wir erst mal infrastrukturell aufholen. Jetzt müssen wir das Ganze aber mit Leben füllen.

Überspitzt ausgedrückt, waren die bisherigen Spieler aus der eigenen Jugend nicht gut genug?

Ströll: Das würde ich nicht unterschreiben. Aber nur weil einer mit 17 ein Top-Talent ist, heißt es nicht automatisch, dass er sofort in der Bundesliga aufschlägt. Es ist kein Phänomen, das wir nur in Augsburg haben. Es gibt ganz wenige Klubs, die das so schaffen, wie wir uns das zukünftig vorstellen. Da ist Freiburg sicher ein Paradebeispiel. Dann wird es aber schon dünn. Wir haben mit Marinko Jurendic, Heinz Moser und Jess Thorup Experten verpflichtet, die Erfahrung darin haben, Talente und Spieler zu entwickeln. Das geht aber nicht von heute auf morgen. Am Ende geht es auch um Qualität, der Bessere muss spielen. Wichtig ist auch immer eine gewisse Balance zwischen Erfahrung und jungen Spielern auf dem Platz zu haben.

Ist Mert Kömür so ein Talent?

Ströll: Mert ist so ein Talent, wir haben in der Paul-Renz-Akademie auch noch weitere interessante Spieler. 

Sie haben viel über die Verteilung von Verantwortung auf mehrere Schultern gesprochen. Aber es gibt nur noch einen Geschäftsführer. Was bedeutet das für den FCA?

Ströll: Ich bin jetzt gesamtverantwortlicher Geschäftsführer, aber es ist entscheidend, wie man das lebt und interpretiert. Die Zuständigkeiten im sportlichen Bereich sind klar definiert. Marinko Jurendic hat als Sportdirektor die Verantwortung in Absprache mit mir. Für mich ist wichtig, dass die Leute mit der sportlichen Expertise ihre Ideen und Vorstellungen einbringen können und wir dann versuchen, gemeinsam die bestmöglichen Entscheidungen zu treffen.

Gibt es bald wieder einen Sport-Geschäftsführer?

Ströll: Die Besetzung der Geschäftsführung ist Aufgabe des Präsidiums des e. V.

Was würden Sie sich wünschen?

Ströll: Ich fühle mich in der aktuellen Situation wohl, weil wir richtig gute Leute beim FC Augsburg haben, die zum Teil schon lange dabei sind und über Erfahrung im Profifußball verfügen. Mit unseren Geschäftsleitern Claudio Dopatka, der auch zukünftig mit Prokura ausgestattet ist, Pierre Lemmermeyer und eben Marinko Jurendic als Sportdirektor sind wir sehr gut aufgestellt. Es ist wichtig, Verantwortung abzugeben und gute Leute zu entwickeln. Wir haben Spezialisten und es ist nicht entscheidend, ob du einen, zwei oder drei Geschäftsführer hast, sondern wie gut die Personen im Klub sind. 

Wie läuft der Austausch mit Berater Stefan Reuter?

Ströll: Wir haben einen turnusmäßigen Austausch mit ihm. Marinko Jurendic und ich sehen ihn eigentlich wöchentlich. Entweder an den Spieltagen oder bei unserem Jour fixe. Darüber hinaus telefonieren wir auch regelmäßig. Er versucht einen Blick reinzubringen, der nun etwas externer ist als vorher. Er blickt über den Tellerrand hinaus, um so noch mehr Input einzubringen. Dadurch entsteht bei uns eine zusätzliche Reflexion, die sehr fruchtbar ist. Er ist ein wertvoller Teil in diesen Diskussionen. 

Wie ist Ihre Einschätzung von Marinko Jurendic?

Ströll: Er musste ja praktisch von 0 auf 100 loslegen. Er hat sich extrem schnell integriert und die Situation angenommen. Die gut fünf Monate, die er jetzt da ist, fühlen sich an wie ein bis zwei Jahre, so viele Themen hat er schon auf den Weg gebracht. Marinko ist empathisch, strukturiert und ein ausgewiesener Fußballfachmann. Er ist ein absoluter Gewinn für unseren FCA.

Der FCA ist aber auch ein Gesellschafter-Klub. Wie ist denn derzeit das Verhältnis zu der Hofmann Investoren GmbH?

Ströll: Das hat sich nach dem Ausscheiden von Klaus Hofmann ein Stück weit verändert, aber der Austausch findet regelmäßig statt und ist weiterhin positiv und zielführend. Jeder weiß: Nur wenn alle an einem Strang ziehen, können wir in der Bundesliga bestehen.

Werden die Investoren in die Entscheidungen mit eingebunden?

Ströll: Das operative Geschäft führt die Geschäftsführung. Das ist allen handelnden Personen klar. Natürlich gibt es da auch Themen, bei denen wir ihre Expertise, Meinung oder Ratschläge einholen. Die Gesellschafter sind über die wesentlichen Themen informiert.

Hilfe von den Investoren ist derzeit auf wirtschaftlicher Seite aber nicht notwendig, oder?

Ströll: Wir haben uns über die letzten zehn bis 15 Jahre ein Eigenkapital von knapp 50 Millionen Euro erwirtschaftet und dazu eine Top-Infrastruktur aufgebaut. Von unserem Kapital können wir zehren, so wie letztes Jahr und ein Stück weit auch dieses Jahr. Wir gehen somit auch mal in Vorleistung, um in den Sport zu investieren. Wir haben eine so stabile wirtschaftliche Basis wie nur wenige Klubs in Deutschland. 

Aber dazu gehört es auch, Spieler weiterzuentwickeln und dann gewinnbringend zu verkaufen. 

Ströll: Das ist alternativlos für Klubs wie den FCA. Wir müssen immer wieder Transfererlöse generieren. Wir haben in den letzten Jahren viel in Spieler investiert. Es wird nicht ausbleiben, dass in den nächsten ein, zwei Jahren Transfers zustande kommen, bei denen wir Spieler verkaufen werden. Zum einen, weil sich die Spieler weiterentwickelt haben, zum anderen, weil es für uns wirtschaftlich notwendig ist, um den Klub voranzubringen. Ein anderes Vorgehen kann sich außer Bayern München in der Bundesliga niemand erlauben, selbst Borussia Dortmund nicht. Das ist ein ganz normaler Prozess.

Derzeit käme doch da sicher vor allem Ermedin Demirovic infrage?

Ströll: Wir versuchen die sportliche Qualität so lange wie möglich beim FCA zu halten. Es kommt irgendwann der Zeitpunkt, an dem wir diese Qualität vielleicht nicht mehr halten können und man den richtigen Zeitpunkt finden muss, einen Spieler auch mal abzugeben. Wir planen auch weiterhin mit Demi. Er hat sich dazu auch selbst klar artikuliert. 

Wird die Sommer-Transferperiode heißer?

Ströll: Das wird man sehen.

Dann laufen ja auch unter anderem bei Jeffrey Gouweleeuw und Tomas Koubek die Verträge aus. 

Ströll: Es gab vor der Saison eine Situation, in der Jeffrey eine Entscheidung haben wollte, ob wir im Sommer mit ihm verlängern. Da wurde die Entscheidung getroffen, dass man es zu diesem Zeitpunkt nicht tut. Jeffrey hat eine sehr gute Vorrunde gespielt. Wir haben einen neuen Cheftrainer, wir haben einen neuen Sportdirektor. Wir bewerten aktuell mit Jeffrey zusammen die Situation und dann werden wir sehen, in welche Richtung die Gespräche gehen. Sobald es etwas zu vermelden gibt, werden wir das tun.

Wie sieht es bei Koubek und Iago aus?

Ströll: Ihre Verträge laufen auch aus. Es wird Gespräche geben, ob sich die Vereinsseite oder der Spieler eine Verlängerung vorstellen kann. Da gibt es aber aktuell nichts zu kommunizieren.

 
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