
WM-Titel ist nicht gleich WM-Titel. Was im Fußball eine Lawine an Schlagzeilen und seitenweise Aufmacher und Geschichten produzieren würde, findet im Hockey eher in einer Nische statt. Der WM-Erfolg der deutschen Hockey-Nationalmannschaft war zwar selbst der Tagesschau in der ARD eine Meldung und einen Filmbeitrag wert. Doch die Deutsche Presse-Agentur berichtete eher nüchtern und knapp. Das mediale Echo ist gering. "Das ist natürlich auch dem Umstand geschuldet, dass die Livebilder nicht in den öffentlich-rechtlichen Sendern wie ARD oder ZDF liefen, sondern im Spartenkanal DAZN", sagt Hans-Peter Pleitner, Präsident des TSV Schwaben Augsburg. Feldhockey ist eine Randsportart, die sich im Schatten des übermächtigen Fußballs oder anderer Mannschaftssportarten wie Handball oder Eishockey behaupten muss.
Die Nationalmannschaft ist nach dem WM-Sieg in Indien wieder in Deutschland angekommen. Die Gruppe wurde am Montagabend am Flughafen in Frankfurt am Main von vielen Fans in Empfang genommen. Die Spieler um Kapitän Mats Grambusch gaben Autogramme und ließen Kinder den WM-Pokal in die Luft recken. Tags zuvor hatte das Team erstmals seit 17 Jahren wieder WM-Gold geholt und sich im Finale gegen Belgien im Penaltyschießen mit 5:4 durchgesetzt. Den zuvor letzten großen Titel hatten die Hockey-Herren 2013 bei der Europameisterschaft gewonnen.
Begeisterung nach dem Olympiasieg 1972 in München
Als ehemaliger und langjähriger Spieler und Funktionär der Hockeyabteilung kennt sich Pleitner in der regionalen Hockeyszene bestens aus. Den Bayerischen Hockeyverband mit Harry Schenavsky als Präsidenten an der Spitze berät der Rechtsanwalt in rechtlichen Dingen. Pleitner erinnert sich, wie er selbst zum Hockeysport gekommen ist: "Vor über 50 Jahren hat die deutsche Mannschaft bei den Olympischen Spielen in München Gold gewonnen. Kurz darauf war Hockeyspieler Klaus Gebauer bei uns in der Schulklasse und aus dieser Aktion sind fünf oder sechs von unserer Schule beim Hockey hängen geblieben."
An ähnliche Effekte glaubt Johannes Hoschka nicht. "Wir würden uns sehr über einen verstärkten Zulauf freuen und lassen uns gerne positiv überraschen. Aber die Erfahrung lehrt, dass die Euphorie rasch verfliegen wird", sagt der zweite Hockey-Vorsitzende, der zusammen mit Abteilungsleiter Holger Tinnesz die Sparte des TSV Schwaben führt. Die Entwicklung der vergangenen Jahre sei aber sehr positiv. Die Einschränkungen der Corona-Krise für den Breitensport richteten keine bleibenden Schäden für die Violetten an. Im Gegenteil. "Wir konnten in den vergangenen Jahren unsere Mitgliederzahl um rund zehn Prozent auf 300 steigern", berichtet Hoschka.
Corona-Krise hat den Schwaben nicht geschadet
Die meisten Kinder und Jugendlichen finden über Mund-zu-Mund-Propaganda den Weg zu den Schwaben, die mit ihrem Kunstrasenfeld an der Sportanlage Süd beheimatet sind. Aushängeschild ist die Männermannschaft, die in der Verbandsliga I sowohl im Feld wie auch in der Halle weit oben mitspielt. "Ein Aufstieg der Männer unter Trainer Florian Mötschel in die bayerische Oberliga ist das große Ziel. Das würde uns gut zu Gesicht stehen", sagt Hoschka. Die Oberliga ist die fünfthöchste Klasse. Nach mehrjähriger Pause konnten die Augsburger jetzt auch wieder eine Frauenmannschaft zusammenstellen. Das sei wichtig, um auch dem weiblichen Nachwuchs eine Perspektive zu bieten. Denn bis auf die jeweils höchsten Jugendmannschaften bei den Frauen und Männern sind die Schwaben in allen Altersstufen vertreten. Weitere Neuzugänge sind laut Hoschka erwünscht: "Wir freuen uns immer über Kinder oder Jugendliche, die bei uns ins Hockey reinschnuppern wollen."