Noch bedeckt Schnee den neuen Fußballplatz auf dem Gelände der ehemaligen Eberner Kaserne im Landkreis Haßberge. Auf dem sollen sich so bald wie möglich Fußball-Talente aus aller Herren Länder ihren Feinschliff holen, um danach den Schritt in den Profibereich zu schaffen. Aktuell allerdings herrscht Stillstand in der ehemaligen Balthasar-Neumann-Kaserne. Corona verhindert auch hier den erhofften Fortschritt. Lediglich ein aktiver Fußballer trainiert derzeit bei Thomas Kastler, dem Initiator der Germany International Football Academy GmbH (IFA). Chris-Stephan Dierke kann deshalb für sich in Anspruch nehmen, bis auf Weiteres so etwas wie das Aushängeschild der IFA zu sein.
Der 19-jährige Mittelfranke will unbedingt Profi-Fußballer werden. Die ersten Schritte unternahm der Mittelfeldspieler beim 1. FC Nürnberg und der SpVgg Greuther Fürth, bis er bei den "Kleeblättern" keinen Vertrag mehr erhielt. Aktuell steht er beim Regionalligisten TSV Aubstadt im Aufgebot. In Ebern will sich Dierke den nötigen Feinschliff holen, um seiner Karriere wieder den nötigen Schub zu geben. Wohin ihn der dann führen soll, scheint ihm relativ egal zu sein. "Der Ball ist überall rund", weiß Dierke. Ob er dem dann in Deutschland oder Griechenland hinterherjagt, ist für ihn eher zweitrangig.
In Ebern trainiert Dierke aktuell allein, aber auch das gehört zum Konzept der IFA, gezieltes Einzeltraining steht in der Akademie im Vordergrund. Das Mannschaftstraining findet ohnehin beim TSV Aubstadt statt. Dort trifft Dierke dann auch wieder auf Matthias Gerhardt. Der ist als Scout beim Regionalligisten tätig, soll aber auch für die IFA arbeiten und talentierte Spieler aus der Region nach Ebern bringen.
IFA-Chef Thomas Kastler hat nämlich viel vor. Ein altes Kompaniegebäude hat er als Unterkunft für die Spieler angemietet, aufwändig saniert und aufeghübscht. Auch ein zweiter Fußballplatz wurde angelegt. Was fehlt, sind im Grunde nur noch die Spieler. Die nötigen Kontakte, um Fußballtalente aus Europa, aber auch Südamerika ins beschauliche Ebern zu lotsen, hat der ehemalige Drittliga-Spieler und Manager der Nationalmannschaft von Gibraltar vor allem durch seine internationalen Fußballschulen in Spanien geknüpft.
Das Konzept der IFA sieht vor, dass Vereine ihre Talente nach Ebern "verleihen", wo "die Rohdiamanten geschliffen werden sollen", wie es die IFA-Pressesprecherin Claudia Biebl formuliert. "Junge, motivierte Spieler werden bis zur Champions-League-Reife entwickelt", beschreibt Biebl die Philosophie der Akademie. Die Kicker profitieren dabei weiterhin von ihren Verträgen bei den jeweiligen Vereinen, die IFA erhält derweil eine Ausbildungsentschädigung und später eine Provision, sollten die Spieler nach ihrem Feinschliff in Ebern zu anderen Vereinen wechseln.
Hoffnung auf einen Aufschwung für die Region
Das Gelände der ehemaligen Bundeswehr-Kaserne im östlichsten Zipfel Unterfrankens bezeichnet Kastler als ideal, auch weil, wie Eberns Bürgermeister Jürgen Hennemann weiß, die Infrastruktur bereits vorhanden ist, was die Bau-Tätigkeiten erheblich vereinfacht habe. Überhaupt ist Hennemann froh, mit der Fußball-Akademie nun eine Einrichtung zu haben, durch die Ebern bundesweit bekannter werden könnte. "Es wird künftig in Fußballkreisen über Ebern gesprochen. Und diejenigen, die hier in der Akademie sind oder waren, kommen vielleicht wieder zurück, wenn ihnen die Gegend gefallen hat. Das könnte insgesamt auch für den Tourismus einen Aufschub geben", erhofft sich der Stadtchef einen Aufschwung für die Kommune.
Die beiden zum Kasernen-Gelände gehörenden Sportpätze hat die Stadt an die IFA verpachtet. Die Akademie soll allerdings nicht nur Jungprofis zugutekommen. Die Fußballschule will regionale Vereine unterstützen, beispielsweise durch Workshops für deren Trainer, Fußball-Camps und "aufmerksamkeitsstarke Veranstaltungen, durch die sich die Region positionieren kann."
Bis es aber soweit ist, muss erst einmal die Pandemie vorüber sein. Gut 30 Spieler wollen Kastler und sein "Co", Max Schug, der in erster Linie für die Belastungssteuerung der Spieler zuständig ist, dann unter ihre Fittiche nehmen. "Wir hoffen, dass wir ab Mitte Februar mehr Spieler hier in Ebern haben", so Kastler. An seinen Plänen, schon im kommenden Sommer verschiedene Turniere für hochklassige Nachwuchsmannschaften in Ebern und auf anderen Sportplätzen in der Region auszurichten, ändert die derzeitige Lage jedenfalls nichts.
Das gilt auch für Chris Dierke. Der pendelt weiterhin von seinem Wohnort bei Erlangen nach Ebern beziehungsweise Aubstadt. Und baut daneben noch an seinem zweiten Standbein. Per Fernstudium strebt er einen Abschluss in Sport-Management an.