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Fußball
Makowski macht Schluss - und fordert ein Umdenken im Fußball
Nach 15 Jahren als Herrenspielleiter ist am Saisonende Schluss für Gerald Makowski. Welche Rezepte der Ebelsbacher für die Zukunft des Fußballs hat.
Nach 15 Jahren als Spielgruppenleiter ist zum Saisonende Schluss: Gerald Makowski (links, mit dem Bezirksvorsitzenden Jürgen Pfau).
Foto: Ralf Naumann | Nach 15 Jahren als Spielgruppenleiter ist zum Saisonende Schluss: Gerald Makowski (links, mit dem Bezirksvorsitzenden Jürgen Pfau).
Matthias Lewin
 |  aktualisiert: 07.04.2020 13:13 Uhr

Gerald Makowski leitet seit 15 Jahren die Fußballgeschicke im östlichen Fußballkreis Schweinfurt. Doch Ende Mai ist Schluss mit diesem Ehrenamt, der 55-Jährige übergibt an seinen Nachfolger.  Im Interview nennt Makowski die Gründe für diesen Schritt, blickt auf die aktuellen und künftigen Probleme des Fußballs in der Region und verrät, was er sich von den hiesigen Vereine am stärksten wünscht. 

Zum Saisonende legen sie ihre Funktion des Herenspielleiters im östlichen Fußballkreis Schweinfurt nieder. Ist die Dreifach-Belastung als Funktionär beim BLSV, BFV und als Fußballschiedsrichter schlicht zu groß?

Gerald Makowski: Die Arbeit ist schon mehr geworden in den letzten Jahren, vor allem mit den Spieleinteilungen beim BFV und den vielen Spielverlegungen. Außerdem möchte ich mich nach so vielen Jahren als Spielgruppenleiter auch etwas mehr der Familie widmen. Nach 15 Jahren ist es ein guter Zeitpunkt, um zu sagen: Jetzt lasst mal einen Anderen ran!

War es schwierig, einen Nachfolger zu finden?

Makowski: Ich war da gar nicht involviert. Ich habe dem Kreisspielleiter (Gottfried Bindrim, Anm. d. Redaktion) vor Weihnachten mitgeteilt, dass ich im Sommer aufhören möchte. Dabei habe ich auch angeboten, selbst aktiv bei der Nachfolger-Suche mitzuhelfen. Aber das wollte der Verband dann selbst machen. Die Vereine wurden angeschrieben, und es war wohl relativ schnell jemand bereit, den Posten zu übernehmen.

Dieser Jemand ist Sascha Seifert aus Happertshausen, der die Aufgabe ab Anfang März übernehmen soll. Hatten Sie mit ihm bereits Kontakt?

Makowski: Ich kenne ihn etwas von der Schiedsrichterei, aber näheren Kontakt habe ich nicht zu ihm. Das wird aber noch kommen. Ich habe ihm ja auch angeboten, ihn einzuweisen. Meine Erfahrungen gebe ich ihm da natürlich gerne weiter. Wobei er mit dem Kreisjuniorenleiter Thomas Krug ja auch jemanden hat, der sich mit dem Job gut auskennt.

Wie funktioniert denn die Aufteilung von 1. März bis Saisonende? Wer macht was?

Makowski: So genau weiß ich das jetzt nicht. Ob er eine eigene Liga bekommt oder nur begleitet, ist mir noch nicht bekannt.

Es geht doch aber am Sonntag schon los für ihn, oder?

Makowski: Ja.

Sie sind auch Kreisvorsitzender des BLSV, ihre Frau Susanne ist Vorsitzende der Bayerischen Sportjugend bsj. Die Familie Makowski hat also den kompletten Sport im Landkreis Haßberge unter sich.

Makowski: Zumindest einen großen Teil des Sports, ja. Es gibt ja aber auch noch die Schützen. Und die sind nicht im BLSV. Susanne macht das gerne, ich mache das gerne. Ich sage immer: Man muss etwas soziales Blut in den Adern haben.

Wie groß ist der Zeitaufwand in der Familie Makowski für den Sport?

Makowski: Das haben wir noch gar nicht ausgerechnet. Das ist auch zu unterschiedlich. Bei mir ist der größte Aufwand in der Sommerpause, also von Mai bis August. Und natürlich kurz vor der Winterpause, durch die vielen Spielabsagen. Da steht das Telefon 24 Stunden lang überhaupt nicht still. Ich denke mal, dass wir in der Woche fünf bis zehn Stunden aufbringen.

Worin bestanden in den vergangenen 15 Jahren die größten Probleme?

Makowski: Die größten Probleme gab es mit der Einführung der B-Klassen und dem Ende des nicht aufstiegsberechtigten Fußballs. Da gab es großen Widerstand, den ich auch verstanden habe. Das war schon ein Knackpunkt. Ich habe meine Zweifel, ob das seinerzeit alles so richtig war. Ich habe schon damals keinen Hehl daraus gemacht, dass ich davon kein Befürworter war, das Ganze eher skeptisch begleitet habe. Ich denke, so mancher wünscht sich, man könnte die Zeit zurückdrehen. Aber: Der nicht aufstiegsberechtigte Fußball ist ja nicht tot. Die Vereine können bei der Mannschaftsmeldung ihr Team als nichtaufstiegsberechtigt melden. Es müssen dann aber auch mindestens acht Mannschaften in einer Liga sein, was bisher nicht der Fall war.

Mit welchen Problemen wird sich ihr Nachfolger Sascha Seifert auseinandersetzen müssen?

Makowski: Vor allem mit den immer weniger werdenden Mannschaften, der Zunahme der Spielgemeinschaften, was auch für die Heimspielwünsche im Spielplan Probleme mit sich bringt. Auch Sonderwünsche führen immer wieder zu Problemen. Die sind aber nicht auf dem Mist des Spielleiters gewachsen.

Wie stark ist denn die Kritik von den Vereinen? Hat sich da auch der Ton geändert? 

Makowski: Ja, die Kritik hat zugenommen. Und es ist teilweise auch unter der Gürtellinie. Ich hatte am Anfang der Saison so einen Fall. Auch bei den Tagungen wird einem viel vorgeworfen. Und das wird dann auch schon mal persönlich. Allgemein sehe ich unter den Vereinen zu viel Neid. Durch diesen Neid und Grabenkämpfe ist niemandem geholfen. Die Vereine müssten eigentlich viel mehr miteinander arbeiten. Was nutzt es denn, wenn der Nachbarverein weg bricht? Dann ist der eigene Club vielleicht der nächste. Das muss in die Gedanken der Vereine rein.

Gibt es da schon ein Umdenken bei den Vereinen?

Makowski: Momentan sehe ich das noch nicht. Die Ellbogen werden eher stärker.

Wie kommt der Fußball in den ländlichen Regionen wieder auf die Beine? Haben sie ein Rezept?

Makowski: Eigentlich muss das Umdenken schon im Jugendbereich beginnen. Nicht jeder Verein muss jede Altersgruppe besetzt haben. Lieber mit nur einem anderen Verein eine SG bilden und mal eine Altersstufe auslassen. Die Kinder brauchen in erster Linie ein gutes Umfeld und müssen sich wohlfühlen. 

Was läuft allgemein falsch im niederklassigen Amateurfußball? Wo kann der Verband eingreifen und wo müssen die Vereine von sich aus aktiv werden?

Makowski: Ich hab den Verbands-Juniorenleiter schon mal aufgefordert, bei den Vereinen offensiv dafür zu werben, eben nicht jede Altersklasse zu besetzen, sondern mit weniger Vereinen Spielgemeinschaften einzugehen. Dann wären jüngere und ältere Jugendliche nicht nur ein oder zwei, sondern bis zu vier Jahre zusammen. Dann entwickeln sie doch ein ganz anderes Wir-Gefühl. Und es profitieren alle davon.

Was muss der BFV tun, um die Hilfe für die Amateure nicht nur in Hochglanzbroschüren darzustellen und in schöne Worte zu fassen?

Makowski: Nicht immer nur das ,Höher, Schneller, Weiter" propagieren,  sondern den Vereinen helfen, möglichst viele Menschen zum Fußball zu bringen und beim Fußball zu halten. Und da sind Spielgemeinschaften oder Jugendfördergemeinschaften für manche überlebensnotwendig, für einen anderen Teil der Vereine aber definitiv nicht der richtige Weg. 

Sie haben einige Ideen. Aber hören die Verbandsoberen überhaupt auf ihre Leute vor Ort?

Makowski: Es beginnt jetzt langsam. Die Zahlen zeigen ja, dass ein Umdenken stattfinden muss. Sonst ist die Kreisklasse in zehn Jahren die niedrigste Liga. Ich habe vor rund zehn Jahren den Vorschlag gemacht, dass vor der Winterpause eine einfache Runde gespielt wird und dann die Erstplatzierten in einer Aufstiegsrunde, die anderen in einer Abstiegsrunde gegeneinander antreten, um die Attraktivität im Frühjahr zu steigern. Ich habe dazu aber nichts mehr gehört.

Anderes Thema: Sie gehören zu den Verfechtern des Futsals. Warum kommt die moderne Art des Hallenfußballs in Unterfranken nicht in die Gänge?

Makowski: Da gibt es mehrere Gründe. Zum einen das Problem der Hallenbelegungen. Zum anderen fehlt das Spektakuläre, um Zuschauer anzuziehen. Die schönen Szenen, ein doppelter Übersteiger, haben Seltenheit, es gibt zu wenig Leckerbissen. Es soll ja jetzt in jedem Spielkreis einen Futsal-Verantwortlichen geben, der muss aber auch davon überzeugt sein und Futsal in die Breite tragen. Dabei ist Futsal für die Entwicklung im Jugendbereich hervorragend geeignet, auch wenn das Grätschen nun wieder erlaubt ist. Wenn wir im Kreis eine eigene Liga hätten, auch gerne mit Auf- und Abstiegscharakter, dann könnte ich mir vorstellen, dass sich Futsal durchsetzen könnte. 

Was wünschen sie sich von den Fußballvereinen in der Region? Und: Was raten sie ihrem Nachfolger für den Job?

Makowski: Er sollte immer wieder in die Vereine hinein hören, versuchen, die Spielpläne so zu richten, dass den Vereinen damit geholfen wird, den Spielbetrieb aufrecht zu erhalten. Die zweiten Mannschaften sollten so oft wie möglich das Vorspiel der Ersten bestreiten, sonst brechen uns in kürzester Zeit noch mehr Mannschaften weg. Was er aber braucht, ist ein breites Kreuz. Wichtig ist, die Nähe zu den Vereinen zu halten, auch wenn er manchmal was um die Ohren geworfen bekommt. Ich wünsche ihm auf jeden Fall ein gutes Händchen. In Richtung der Vereine kann ich mich nur wiederholen: Mehr mit- als gegeneinander agieren. Ich hoffe, dass unsere Ligenstruktur in zehn, fünfzehn Jahren noch so ist, wie heute. Fußball bewegt nach wie vor mehr Menschen als jede andere Sportart.

Gerald Makowski
Der 55-Jährige ist verheiratet, hat zwei Kinder sowie ein Pflegekind und lebt mit seiner Familie in Ebelsbach. Als Fachlehrer für die Kfz-Ausbildung ist Makowski an einer Schweinfurter Berufsschule angestellt. Makowski ist seit 2005 Herren-Spielgruppenleiter im jetzigen Fußballkreis Schweinfurt, zudem seit 2017 Kreisvorsitzender des BLSV Haßberge. Auch in der Futsal-Bezirksliga Unterfranken war er mehrere Jahre Spielleiter.
 
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