Kurz nachdem Jürgen Unger im vergangenen Sommer den Trainerposten bei seinem Herzensverein FC Nassach angetreten hatte, bat ihn während der Vorbereitung auf die Fußball-Kreisklassen-Saison 2022/23 sein Torjäger Johannes Räth um ein Gespräch unter vier Augen. "'Du Trainer, wir müssen mal sprechen'", schildert Unger die Unterhaltung, an dessen Ende der Stürmer dem Coach verkündete, er würde zu einem Bezirksligsten aus der Region wechseln. Unger war außer sich, noch vor dem ersten Saisonspiel den Top-Torjäger zu verlieren. Kurz darauf lachte Räth herzhaft und sagte: "Nein Trainer, war nur ein Späßle."
Der FC Nassach ging mit neuem Trainer und dem altbekannten Torgaranten in die neue Runde in der Kreisklasse Schweinfurt 3. Nach einem eher holprigen Start kam der FCN immer besser auf Touren, bevor er in den zwei letzten Spielen des Jahres wieder etwas schwächelte. Mit Tabellenplatz sechs zur Winterpause und nur einem Punkt Rückstand auf Relegationsplatz drei darf die Unter-Elf rundum zufrieden sein. Mit dem Thema Aufstieg beschäftigt sich im Verein aber niemand.
Johannes Räth trifft wie am Fließband: 126 Tore in fünfeinhalb Jahren
Einen großen Anteil am bis dato erfolgreichen Saisonverlauf hat freilich Räth, der in 17 Spielen sage und schreibe 31 Mal getroffen hat. "Er macht Tore, da traut man seinen Augen nicht", findet der Coach. "Teilweise hat er in der Vorrunde aus keiner Chance zwei Tore gemacht." Der Goalgetter ist drauf und dran, seinen persönlichen Rekord aus der Saison 2015/16 einzustellen. Mit 39 Toren schoss er den FC Nassach damals zur A-Klassen-Meisterschaft. Seither hält sich die Truppe in der Kreisklasse – auch dank 126 Räth-Treffern in fünfeinhalb Jahren.
Die große Stärke des 28-Jährigen ist dessen Schnelligkeit – so erklärt es Unger. Die beim Antritt, genauso wie die im Kopf. Der beidfüßige Angreifer könnte ohne Weiteres ein paar Klassen höher auf Torejagd gehen. An Angeboten mangelt es seit Jahren nicht. Erst gerade trudelte eines herein – zum Auftakt der Winterpause, verrät Räth. Er sagte – wie immer – freundlich, aber bestimmt ab. Seit eindreiviertel Jahren baut er in Nassach ein Haus, hier ist er verwurzelt, hier spielt er mit seinen besten Freunden gemeinsam Fußball. Daran wird sich, so der Eindruck, auch wenn Räth keinen endgültigen Treueschwur ausspricht, auch nichts mehr ändern.
Eine falsche Bewegung bremst den Torjäger in der Jugend aus
Vermutlich war es nur eine falsche Bewegung, die ihn vor zwölf Jahren von der größeren Fußballkarriere abgehalten hat. Räth macht beim Gespräch die Bewegung nach, die Beine weit auseinander und ein Knie zu weit außen, mit der er sich als B-Jugendlicher im Trikot des FC 05 Schweinfurt bei einem Spiel schwer an der Leiste verletzt hatte – Knochenabriss. Den Schaden spürt er heute noch bei manchen Bewegungen im Alltag. Vier Jahre lang spielte er im Nachwuchs der Nullfünfer.
Über das Stützpunkttraining hatte er sich damals ins Rampenlicht gespielt. Beim FC lernte er, auch an der Seite der heutigen Profis Kevin Fery (FC 05 Schweinfurt) und Martin Thomann (SpVgg Bayreuth), fußballerisch viel dazu. Nach seiner fast einjährigen Verletzungspause war er aber "weg vom Fenster", so Räth heute. Er wechselte zurück ins Heimatdorf und ist seither nie wieder weggegangen, auch wenn es ständig Dorfgespräch war, "ob er bleibt oder nicht bleibt", verrät sein Coach. Höherklassiger Fußball würde ihn schon reizen, sagt Räth, der sich die Bezirksliga locker zutraut. "Aber es reizt mich noch mehr, weiter in Nassach zu bleiben." Das Zusammengehörigkeitsgefühl im kleinen Klub scheint für ihn nicht zu toppen zu sein.
Im Februar steht dann auch wieder das alljährliche Wintertrainingslager an, das Räth und seine Mitspieler schon bis nach Tschechien geführt hat. Bis dahin möchte er sich erstmal von den letzten eindreiviertel Jahren erholen, erklärt er. Bauen und zwischendurch Tore schießen geht schließlich auch einem Vollblutstürmer irgendwann mal an die Substanz. Außerdem bekommt er in der Kreisklasse wirklich viel "auf die Socken", berichtet sein Trainer und ärgert sich dabei etwas über den ein oder anderen zu rüpelhaften Gegenspieler. Räth lobt er: "Der Mann bleibt immer fair." Könnte sich der FC Nassach einen Stürmer basteln – herauskommen würde ohne Frage Johannes Räth, den so gerne auch viele andere Vereine aus der Region in ihrem Team hätten.