Andreas Wolff war in lockerer Plauderlaune. Zweieinhalb Wochen vor den Olympischen Spielen hat der Weltklasse-Torwart der deutschen Handballer den Kopf nach der in der Vorwoche perfekt gemachten Rückkehr zum THW Kiel endlich frei für das Turnier im Zeichen der fünf Ringe.
„Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich mich vor solchen Events immer zu einhundert Prozent auf das Turnier fokussiere. Das ist jetzt gegeben. Ich freue mich auf die Reise nach Paris”, sagte der 33-Jährige im Trainingslager in Hennef der Deutschen Presse-Agentur.
Für eine Medaille braucht es einen Wolff in Topform
Auch Bundestrainer Alfred Gislason ist froh, dass Wolffs Wechsel vom polnischen Topclub Industria Kielce zum deutschen Rekordmeister rechtzeitig vor den Sommerspielen abgewickelt wurde. „Es freut mich, dass Andi alles geklärt hat und zu einem Spitzenverein in die Bundesliga zurückkehrt”, sagte Gislason.
Nicht nur der 64 Jahre alte Isländer weiß: Soll sich der Traum von einer Olympia-Medaille für die DHB-Auswahl erfüllen, braucht es einen Wolff in Topform. „Wir wollen das Halbfinale erreichen”, gab Gislason das Ziel aus.
Das deckt sich mit den Erwartungen von Wolff, der immer das Maximum anstrebt. „Ich hoffe, dass der Weg der Mannschaft stetig nach oben führt und wir künftig wieder mehr Edelmetall-Platzierungen erreichen. Wenn wir damit in Paris anfangen könnten, wäre das sehr in Ordnung.”
Vorfreude auf normale Sommerspiele
Für Wolff ist es bereits die dritte Olympia-Teilnahme. 2016 in Rio gewann er mit der DHB-Auswahl die Bronzemedaille, 2021 in Tokio war im Viertelfinale Schluss. „Es ist immer noch etwas Besonderes und eine ganz große Ehre, dabei sein zu dürfen”, sagte Wolff.
Nach den Corona-Spielen vor drei Jahren freut er sich vor allem auf weniger Restriktionen. „Das war nicht so schön”, sagte Wolff im Rückblick. „Die Atmosphäre wird jetzt viel angenehmer sein, weil du nicht überall mit Maske herumlaufen und ständig Tests absolvieren musst.”
Entsprechend groß ist die Vorfreude beim Europameister von 2016, der die Aufgabe ganz entspannt angeht. „Ich bin gereift, habe über viele Dinge sehr viel nachgedacht. Als junger Spieler habe ich vieles nicht verstanden, nicht wahrhaben wollen, was wirklich wichtig ist auf den höchsten Ebenen des Mannschaftssports Handball”, sagte Wolff.
Jetzt sei er „sehr, sehr viel ruhiger geworden. Das sieht man ein wenig auch an meiner Spielweise. Sie ist nicht mehr ganz so impulsiv, nicht mehr so abhängig von Emotionen. Ich sehe viele Dinge weniger verkrampft als damals, bin insgesamt etwas lockerer geworden.”
In Paris wird Wolff wie schon bei der Heim-EM im Januar mit U21-Weltmeister David Späth das Torwart-Gespann bilden. „Mit ihm habe ich einen talentierten und sehr guten Gespann-Partner, auf den ich mich immer verlassen kann. Wir werden versuchen, unserem Team zum Sieg zu verhelfen”, sagte der Routinier.
Schwierige Transferverhandlungen
Umso wichtiger war die Einigung zwischen Kiel und Kielce in der Vorwoche, durch die Wolffs berufliche Zukunft geklärt ist. Er unterschrieb einen Vierjahresvertrag beim THW, wo er schon von 2016 bis 2019 zwischen den Pfosten stand.
„Die ersten Tage bei der Nationalmannschaft waren angesichts der unklaren Situation belastend. Ich habe die harten Verhandlungen zwischen den Clubs intensiv verfolgt und begleitet. Man ist aus dem Training gekommen und hat sofort auf das Handy geschaut, ob es neue Nachrichten, neue Entwicklungen gibt”, berichtete Wolff jüngst in einem Interview auf der Internetseite des Vereins über die vergangenen Wochen.
Das Thema sei bei ihm omnipräsent gewesen. „Für mich war klar, dass ich eine unklare Situation in der heißen Phase der Vorbereitung auf Olympia oder gar während des Turniers nicht gebrauchen kann”, sagte Wolff und räumte ein: „Es war sehr Nerven aufreibend.” Nun geht sein Blick mit großer Zuversicht nach vorn.