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Glosse
Kippen statt abkippende Neun – mit Bier und Zigaretten zum EM-Titel
Trainer legen höchsten Wert auf Disziplin, erlauben aber das Rauchen und Saufen. Warum das auf dem Weg zu Erfolgen kein Widerspruch sein muss.
Nenad Bjelica.jpeg       -  Hat kein Problem damit, dass Spieler mal eine rauchen oder Bier trinken: Unions Trainer Nenad Bjelica.
Foto: Andreas Gora, dpa | Hat kein Problem damit, dass Spieler mal eine rauchen oder Bier trinken: Unions Trainer Nenad Bjelica.
Johannes Graf
 |  aktualisiert: 15.03.2024 02:52 Uhr

Heutzutage sind Spitzensportler nichts anderes als fleischgewordene Hochleistungsmaschinen. Jede Faser des Körpers ist wissenschaftlich erfasst und optimiert, um ein letztes Millitausendstel auf einer Marathonstrecke herauszuholen. Wessen Dasein – und damit auch Lebensunterhalt – auf körperlicher Fertigkeit und Fitness beruht, der verbessert sie Tag und Nacht, 24/7. Cristiano Ronaldos Ausweis verrät zwar, dass er 39 Jahre alt sein müsste, doch scheint er im Körper eines kraftstrotzenden Jünglings zu stecken. Ronaldo ist ein Tor-Terminator der ersten Generation. 

Dass außergewöhnliche Leistungen nicht immer auf höchster Disziplin und steter Leibesertüchtigung fußen müssen, weiß indes jeder A-Klassen-Kicker. Bis Sonntagfrüh in die Dorfdisco und am Nachmittag Held im Derby zwischen Ober- und Unterammergau sein, muss kein Widerspruch sein. Entscheidend ist auf die Signale seines Körpers zu achten. Was helfen ihm Haferkleie und Kiwi-Mango-Maracuja-Smoothies, wenn es an Motivation und Lebensfreude mangelt? Die Dänen stopften sich 1992 vor dem EM-Halbfinale in einem Fast-Food-Laden mit Burgern und Pommes voll, legendär sollen auch jene Terrassenpartys gewesen sein, die die deutschen Fußballer nach ihren Siegen bei der WM '90 feierten. Und ein Mario Basler führte kein asketisches Leben, zirkelte dennoch Bälle ins Netz. 

Union-Trainer Nenad Bjelica: "Sie wissen, was für ihren Körper gut ist."

Eher pragmatisch geht auch Nenad Bjelica mit menschlichen Lastern um. Der Trainer kann Laptopkollegen wenig abgewinnen, verkörpert mehr den alten Schlag Übungsleiter. Lässt Freiheiten, um den Wohlfühlfaktor zu erhöhen. Union Berlin hat der 52-Jährige aus den Niederungen der Bundesligatabelle geholt. Glaubt man des Trainers Worten, gelang dies nicht nur dank toller Taktik und anstiftender Ansprachen. Wenn seine Spieler rauchen und Bier trinken, habe er damit kein Problem, meint er. "Es sind erwachsene Männer, sie wissen, was für den Körper gut ist – und was nicht." 

Ist es wirklich so einfach? Cognac statt Konzept? Kippen statt abkippende Neun? Für die EM im eigenen Land besteht jetzt jedenfalls wieder Hoffnung. Nicht die Köpfe müssen ob nagelsmannscher Systemkniffe rauchen, sondern die Spieler. Klaus Augenthaler und Zinedine Zidane haben vorgemacht, dass sich WM-Titel und Glimmstängel nicht ausschließen. Biergartenbesuche – schon vor den Spielen. Ein Prosit der Gemütlichkeit – in der Kabine. Als Thekentruppe zum Triumph!

Sage noch einer, der Profifußball würde sich von der Basis immer weiter entfernen. 

 
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