An textilem Geschmack scheiden sich ja bekanntlich die Geister. Wer immer davon ausging, dass Tennissocken in Sandalen, Schulterpolster in Sakkos oder Kniestrümpfe zu kurzen Hosen ein modisches No-Go sind, stellt irgendwann fest, dass genau diese Kleidungsstücke gerade voll angesagt sind. Klar, dass auch die Designer von Bundesliga-Trikots möglichst trendy rüberkommen wollen. Sie zerbrechen sich monatelang den Kopf über eine möglichst originelle Optik – samt tiefgründiger Botschaft natürlich, wenn schon der Passform durch die Funktionalität Grenzen gesetzt sind.
Retro liegt da gerade voll im Trend, und natürlich die unerlässliche textile Hommage des Vereins an a) die eigene Stadt b) das eigene Stadion oder c) den größten eigenen Erfolg. Werbetexter überschlagen sich darin, möglichst blumig die Details zu erklären. So etwa beim neuen Heimtrikot des FC Augsburg, bei dem „Traditionsbewusstsein auf eine abstrahierte Eleganz der Stadionfassade“ trifft. Aha. Und natürlich, nicht zu vergessen, der Retro-Effekt, denn der rot-grüne „Traditionsstreifen findet seinen Ursprung in den 1970er-Jahren, zu Zeiten der Vereinsikone Helmut Haller“.
FC Bayern München verzichtet auf seinem Ausweichtrikot auf das Klublogo
Wer denkt, noch mehr Retro geht nicht, wird beim FC Bayern fündig. Der verzichtet nämlich tatsächlich bei seinem neuen Ausweichtrikot auf das berühmte Klublogo. Stattdessen prangt auf der Brust des zu oft gewaschen wirkenden cremefarbenen Trikots das rote Retrowappen aus dem Jahre 1923 – weil es bei den Fans sehr beliebt ist. Ein wenig Fannähe zu zeigen, schadet gewiss nicht bei Trikotpreisen von über 100 Euro.
Eine wohl ungewollt doppeldeutige Aussage tätigt hingegen Absteiger Hertha BSC Berlin. Da wird das Trikot als „besonderes Stück Stoff“ herausgehoben, das „den Funkenflug zwischen Verein, Fans und Stadt“ darstellt. Ein Schelm, wer dabei an so manche Pyrofackel denkt, die aus Wut über den Abstieg vor ein paar Wochen durchs Stadion flog. Dann lieber heile Welt à la Borussia Mönchengladbach, das den „Flachstrick des Kragens“ am neuen Trikot rühmt und das „Kampagnenmantra des neuen Heimtrikots“ beschwört.
Bei der TSG Hoffenheim zieren dunkle Wellen auf blauem Grund das Trikot
Getoppt wird das alles nur von der TSG Hoffenheim, deren Jerseys dunkle Wellen auf blauem Grund zieren. Es braucht es eine gehörige Portion Fantasie zu erkennen, dass dieses Motiv „auf abstrakte Art und Weise die Metropolregion Rhein– Neckar repräsentiert“. Blumiger geht’s einfach nicht.