
Vor 5000 Jahren kamen die alten Sumerer erstmals auf die Idee, den Kopf zu schützen. Es hatte sich als äußerst unvorteilhaft herausgestellt, wenn dort ein Pfeil steckte. Helme schafften Abhilfe. Gefertigt waren die zu jener Zeit aus Zweigen, Holz, Tierhäuten und allem, was sonst so auf dem Waldboden herumliegt. Im Lauf der Jahrtausende durchlief der Helm diverse Evolutionsstufen, wurde schwer und eisern, wuchs über das Gesicht und wieder zurück, wurde zuletzt dann wieder leichter und besteht aus nichts mehr, was auf dem Waldboden herumliegt. Im Grunde aber blieb die Aufgabe immer die, den darunterliegenden Kopf zu schützen. Inzwischen tut er das auf vielfältigste Art und Weise, dient dem Soldaten im Einsatz und dem e-motorisierten Radelrentner. Die Filmbranche steuerte optische Abartigkeiten bei, erinnert sei an Darth Vader, den Bösewicht aus "Krieg der Sterne".
Spektakulär ist, was der Radsport in dieser Woche zum Thema anbot. Die Fahrer der Mannschaft um Tour-de-France-Sieger Jonas Vingegaard präsentierten einen neuen Zeitfahrhelm, der, na ja, sehr unterschiedliche Reaktionen hervorrief. Das monströse Teil auf dem Kopf der Radler erinnert an eine Mischung aus Alien und dem Bug eines Öltankers. „Ich will nicht sagen, dass die Helme hässlich sind. Ich sage nur, dass es ein guter Zeitpunkt ist, mit dem Radsport aufzuhören“, ließ der belgische Profi Thomas De Gendt in den sozialen Medien wissen. Andere fühlten sich an Lord Helmchen aus der Star-Wars-Parodie erinnert. Dort trägt ein schmächtiger Kerl einen völlig überdimensionierten schwarzen Helm.
Die Tour de France startet am 29. Juni
Der Rad-Weltverband UCI wiederum wies darauf hin, dass ein Helm doch eigentlich zum Schutz des Kopfes gedacht sei und nicht in erster Linie dafür, den Luftstrom möglichst elegant darum herumzuleiten. "Der aktuelle Trend beim Design von Zeitfahrhelmen ist, dass man sich mehr auf die Leistung als auf die primäre Funktion eines Helms, nämlich die Sicherheit des Trägers im Falle eines Sturzes zu gewährleisten, konzentriert", stellte die UCI etwa fest. Deshalb wolle man die Vorschriften überprüfen und gegebenenfalls überarbeiten.
Nicht nur die alten Sumerer würden an dieser Stelle zu einer ästhetischen Komponente im Regelwerk raten. Nicht immer heiligt der Zweck die Mittel. Oder ist es doch ganz anders? Vielleicht versteckt sich in dem Helm nur zusätzlicher Stauraum für Verpflegung? Ein paar Power-Gels, drei bis sieben Riegel und zwei Liter Flüssigkeit lassen sich dort, eine starke Nackenmuskulatur vorausgesetzt, mühelos einräumen. Auch ein paar Infusionsbeutel fänden locker Platz, aber die haben ja im Radsport nichts mehr verloren.