Mitten im Lechhausener Industriegebiet, in einem verlassenen Bürogebäude stampft das A-Team-Lifting aktuell sein neues Vereinsheim aus dem Boden. Auf 200 Quadratmetern entstehen Umkleiden, Toiletten und das Wichtigste: der Trainingsraum für die Augsburger Gewichtheber, die jüngst in die 2. Bundesliga aufgestiegen sind.
Der Boden ist mit schwarzen Matten ausgelegt, Teile des Inventars und das Logo an der Wand fehlen zwar noch, doch die Langhanteln und Gewichte für die ersten Trainingseinheiten liegen schon bereit. Auf den ersten Blick wirkt der lichtdurchflutete Raum wie ein herkömmliches Fitnessstudio. Fahrradergometer, Trainingsbänke und Kurzhanteln stehen bereit. Als Kraftdreikämpfer Anthony Brösel 260 Kilo aus dem Kreuz hebt, ist aber klar: Hier trainieren keine Amateure.
Umzug vom Fitnessstudio ins eigene Vereinsheim
2019 wurde der Verein gegründet, mit dem Ziel, ambitioniertes Gewichtheben und Kraftdreikampf (Kniebeugen, Bankdrücken und Kreuzheben) zu betreiben, erzählt Initiator Saadettin Karaca. Keine vier Jahre später sind die Augsburger Gewichtheber in die 2. Bundesliga aufgestiegen. Bis zuletzt fanden Trainings und Wettkämpfe in kommerziellen Fitnessstudios statt. Damit ist nun Schluss. Im neuen Vereinsheim, das in schlichten Schwarz- und Weißtönen gehalten ist, feilen die über 20 Mitglieder täglich an Kraft, Technik und Athletik.
Und der Zulauf ist groß, schließlich ist Kraftsport in. Das verstaubte Image des Gewichthebens sei weitestgehend passé, sagt Karaca. Die Resonanz von außen sei durchweg positiv, zu den Heimwettkämpfen im Winter seien teils 150 Zuschauer gekommen. "Damit haben wir wirklich nicht gerechnet." Doch durch trendige Sportarten wie Crossfit oder Hyrox profitiert auch das herkömmliche olympische Gewichtheben. In Augsburg heben nun gleich zwei Vereine in der 2. Bundesliga. Neben dem A-Team-Lifting gibt es noch den Kraftclub am Lech, der in der vergangenen Saison in Liga zwei Dritter wurde.
A-Team-Lifting will auch in der 2. Liga vorne mitmischen
Für Karaca und Co. hingegen ist die 2. Bundesliga Neuland. In der Bayernliga waren die durchtrainierten Athletinnen und Athleten das Maß der Dinge, gewannen vier von fünf Wettkämpfen. Wie das kommende Saison wird? "Der Sprung ist groß, aber wir haben viele Talente und werden über den Sommer nochmal etwas drauflegen", sagt Karaca. Die besten Männer des A-Teams reißen aktuell 115 Kilo und stoßen 140, die beste Frau reißt 80 Kilo und stößt 100. Das sei bereits gutes nationales Niveau, die Weltspitze hebe aber nochmal 20 Prozent mehr, sagt der 34-Jährige, der auch selbst noch aktiv ist. Sein großes Ziel sei aber, vor allem die jungen Talente im Team zu fördern: "Die haben teils viel mehr Potenzial als ich je hatte."
Anders als bei Einzelwettkämpfen treten die Gewichtheber in der Liga nicht in Gewichtsklassen an. Um zwischen unterschiedlich aufgestellten Teams faire Bedingungen zu garantieren, wird das Körpergewicht der Athletinnen und Athleten mit deren gerissenen und gestoßenen Gewichten verrechnet. Am Ende werden die Punkte aller sechs Teammitglieder addiert. Wer den höheren Wert im Reißen beziehungsweise Stoßen erzielt, erhält einen Punkt. Für den höheren, kombinierten Wert aus beiden Techniken gibt es einen Extrapunkt.
Spezieller Schuh ist für Gewichtheber das wichtigste Hilfsmittel
Um optimale Leistung zu bringen, brauchen Gewichtheber spezielle Ausrüstung. Als Hilfsmittel sind unter anderem ein stabilisierender Gürtel und Magnesium für trockene Hände erlaubt. Das wichtigste allerdings seien Gewichtheber-Schuhe, sagt Karaca. Die haben an der Sohle einen harten Keil, der die Ferse anhebt. Die Vorteile sind ein stabilerer Stand, optimale Kraftübertragung und verbesserte Tiefe beim Kniebeugen. Außerdem sei mentale Stärke in der Sportart enorm wichtig. "Wer nicht zu 100 Prozent fokussiert ist, schafft es nicht annähernd, seine maximale Leistung zu bringen", sagt Karaca.
Da es im Gewichtheben, insbesondere im Profi-Bereich, immer wieder Doping-Fälle gibt, wird auch in der 2. Bundesliga stichprobenartig kontrolliert. "Das ist leider so. Anabolika sind im Kraftsport für viele Standard. Wir kommunizieren das Thema bei uns im Verein klar und klären unsere Sportler auf, wie schädlich solche Mittel sein können", erklärt Karaca.
Athletik-Training mit den Leichtathleten der LG Augsburg
Für das A-Team sei ein moderner Trainingsansatz wichtig. Neben Kraft- und Technik- und Beweglichkeits-Training im Vereinsheim stehen auch Athletik-Einheiten mit den Leichtathleten der LG Augsburg auf dem Plan. "Gerade im Formaufbau im Frühling und Sommer ist das eine willkommene Abwechslung", sagt Karaca.
Das Abenteuer 2. Bundesliga beginnt erst im November. Die Vorfreude ist aber schon jetzt riesig: "Die Heimwettkämpfe in unseren eigenen Räumen werden etwas ganz Besonderes."