Dass die ersten Tage der Tour de France sehr anspruchsvoll sein werden, darauf hatte sich Georg Zimmermann eingestellt. Noch nie mussten auf der ersten Etappe 3600 Höhenmeter zurückgelegt werden. So viel waren es am Samstag auf den 206 Kilometern zwischen dem Startort Florenz und der Küstenstadt Rimini. Dazu kamen noch Temperaturen zwischen 35 und 38 Grad. Es spielten sich kleinere und größere Dramen in dem Feld mit 176 Fahrern ab. „Ich bin mir sicher sie wird unter die Top Five der anstrengendsten Etappen dieses Jahr eingehen“, erklärte der 26-jährige Zimmermann am Montag vor der dritten Etappe, die ein sensationelles Ende für sein Team haben sollte.
Georg Zimmermann litt auf der ersten Etappe unter der großen Hitze
Zum vierten Mal nimmt der 26-jährige Augsburger an der Tour de France teil. Er hat einiges erlebt, doch am Samstag ging es bei dem Intermarche-Profi an seine Grenzen. „Ich war nur am Leiden, bin nur hinterherfahren. Ich habe mich schlecht mit der Hitze auf dem Rad gefühlt und bin überhaupt nicht in den Tritt gekommen. Ich habe mich überhitzt.“
Dabei hatte sich der Augsburger mit seinem Team so gut wie möglich auf die Extrem-Temperaturen vorbereitet. Mit Eiswesten, Eis für den Rücken und viele kalte Getränke. Doch da machte Zimmermann vielleicht einen Fehler. Zehn bis 15 Flasche habe er getrunken, wohl zu viel. Doch Zimmermann kämpfte sich durch, fuhr mit 29:14 Minuten Rückstand auf den Sieger und ersten Gelben-Trikot-Träger Romain Bardet als 129. über die Ziellinie.
Mark Cavendish will Eddy Merckx bei der Tour de France überholen
Damit war er noch zehn Minuten schneller als Top-Sprinter Mark Cavendish. Der 39-jährige Brite hat seit 2007 34 Tour-Etappen gewonnen, in diesem Jahr soll noch mindestens eine folgen. Dann hätte er den legendären Eddy Merckx überholt, mit dem er sich bisher den Rekord für die meisten Tour-Etappensiege teilt. Doch beinahe wäre Cavendish auf der ersten Etappe ausgeschieden. Live im TV war zu verfolgen, wie der gesundheitlich angeschlagene Radprofi am Ende des Feldes kämpfte, sich übergab und sich als Vorletzter ins Ziel rettete. Am Sonntag hatte sich Cavendish ein wenig erholt, büßte auf dem Weg von Cesenatico nach Bologna 25 Minuten auf den Sieger Kévin Vauquelin ein, doch er kam durch.
Besser fühlte sich auch Zimmermann: „Die Strecke hatte 1700 Höhenmeter weniger. Es lief deutlich besser als am Sonntag. Es war ein Riesenschritt nach vorn.“ Als 59. hatte er 7:59 Minuten Rückstand.
Erstes Kräftemessen zwischen Tadej Pogačar und Jonas Vingegaard
Allerdings war die zweite, anspruchsvolle Etappe alles andere als ruhig. Im Gegenteil. Sie war geprägt vom ersten Duell der Topfavoriten Tadej Pogačar (UAE) und Vorjahressieger Jonas Vingegaard (Team Visma). Pogačar attackierte am letzten Anstieg vor dem Ziel, Vingegaard parierte.
Am Montag ließ es das Feld auf der flachen Etappe von Piacenza nach Turin langsam angehen. Sie bummelten über den Großteil der 230 Kilometer und bereiteten sich auf die erste Sprintankunft vor.
Intermarche hat zwei gute Sprinter bei der Tour de France
Da rechnete sich auch das Team von Intermarche eine Chance aus. Mit dem Belgier Gerben Thijssen und Biniam Girmay (Eritrea) sollten ihre zwei Sprinter in aussichtsreiche Position gebracht werden. Die Strategie ging auf. Und wie.
Georg Zimmermann spielt für Biniam Girmay die Lokomotive
Zimmermann spielte bis ein paar hundert Meter die Lokomotive, ließ sich dann zurückfallen. Und dann kam die große Show des Biniam Girmay. 2022 hatte er als erster Radprofi aus Eritrea eine Giro-Etappe gewonnen, jetzt gelang ihm der gleiche Coup bei der Tour de France. Was für eine Sensation. Der 24-Jährige entschied den Sprint für sich, weinte Freudentränen im Ziel und auch Georg Zimmermann war überglücklich.
„Biniam ist eigentlich ein Mann für die schwierigeren Sprintstrecken. Heute war es eine große, breite Straße, auf der wir nach Turin reingefahren sind. Wir haben uns bewusst dagegen entschieden, dass wir von hinten kommen, weil wir wussten, die Wahrscheinlichkeit, dass wir uns verlieren und nicht mehr koordiniert bekommen, ist groß“, beschrieb Zimmermann, der 49. wurde, die Teamtaktik bei der ARD und fügte an: „Wenn man das Ergebnis sieht, muss sich die Taktik ausgezahlt haben.“ Das kann man wohl sagen.
Am Dienstag wartet der Col du Calibier
Viel Zeit zum Feiern bleibt für die Profis aus dem belgischen Rennstall Intermarche aber nicht. Am Dienstag wartet die erste Alpenetappe mit dem Col du Calibier (2642 Meter), die dann von Italien nach Frankreich führt. Vielleicht ist das die Chance für Georg Zimmermann.