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Ulm
Ein Aufsteiger mischt die Liga auf: Das macht die Ulmer Spatzen so stark
Der SSV Ulm 1846 Fußball ist die Überraschungsmannschaft der 3. Liga. Am Sonntag kommt Tabellenführer Dresden zum Topspiel. Wer sind die Köpfe des Erfolgs?
Stephan Schöttl
 |  aktualisiert: 11.03.2024 10:16 Uhr

Als Markus Thiele seinen Job als Direktor Marketing und Vertrieb beim SSV Ulm 1846 Fußball im April 2021 antrat, hießen die Gegner unter anderem Alzenau, Stadtallendorf und Balingen. Die Zuschauerinnen und Zuschauer kamen spärlich. Gut 20 Jahre nach dem jähen Ende des Profifußballs an der Donau waren nur noch die Treuesten der Treuen da, durch drei Insolvenzen schien die Gunst der Fans verspielt. Thiele hat in den vergangenen Wochen immer wieder an diese schwierige Zeit zurückgedacht, die gleichzeitig Startschuss in eine neue Ulmer Fußball-Ära war. Im Sommer 2023 gelang der Aufstieg in die 3. Liga. Als Außenseiter gestartet, ist der SSV bislang das Überraschungsteam und am Sonntag (13.30 Uhr) Gastgeber im Topspiel um die Tabellenführung gegen Spitzenreiter Dynamo Dresden.

Im Großen und Ganzen lässt sich der Höhenflug an drei Köpfen festmachen. Da ist zum einen der studierte Sportmanager Thiele. Der 41-Jährige war für den VfR Aalen und Hansa Rostock tätig, bevor er im April 2021 nach Ulm wechselte. Inzwischen teilt er sich mit Myriam Krüger die Geschäftsführung der ausgegliederten Fußball-Kapitalgesellschaft, ist obendrein auch Vorstandsmitglied im gemeinnützigen Verein. Er sagt: „Als ich in Ulm angefangen habe, waren nach sehr vielen Jahren im Amateurfußball kaum noch professionelle Strukturen vorhanden.“ 

Gegen Dynamo Dresden ist das Donaustadion wieder ausverkauft

Kontinuierlich wird der Verein seitdem entwickelt. Den Verantwortlichen ist das Bodenständige wichtig. Die Geschichte des Ulmer Fußballs mit all ihren Höhen, in erster Linie aber Tiefen, haben sie tagtäglich im Hinterkopf. Thiele meint: „Es ist gut, dass man nicht vergisst, wo man herkommt und was man sich erarbeitet hat. Wir wissen es gleichzeitig aber auch zu schätzen, was wir momentan erleben dürfen.“ Und das ist jede Menge. Erstmals nach 23 Jahren war das Ulmer Donaustadion gegen den TSV 1860 München (1:0) wieder einmal in einem Ligaspiel ausverkauft, für das Duell mit Dynamo Dresden am Sonntag gibt es schon seit Tagen keine Karten mehr. Wieder werden 17.000 Fans erwartet. In der Region ist ein regelrechter Hype um die SSV-Fußballer entstanden.

20 Punkte aus zehn Spielen haben die Ulmer bislang gesammelt, sind Tabellenzweiter. Dass da Vergleiche gezogen werden mit der SV Elversberg, der in der vergangenen Saison als Aufsteiger der Durchmarsch in die 2. Bundesliga gelang, liegt auf der Hand. Doch Thiele und Co. wollen davon nichts hören. Der Geschäftsführer sagt: „An einen Durchmarsch denken wir aktuell nicht. Wir wollen uns im Profifußball auch wirtschaftlich stabil etablieren. Für Träumereien und Harakiri-Aktionen ist da kein Platz.“ 

Ein weiterer Kopf des Erfolgs ist Cheftrainer Thomas Wörle. Der gebürtige Krumbacher, der nach wie vor im Landkreis Günzburg lebt, kam im Sommer 2021 nach Ulm. Der Ex-Profi hatte bis dato ausschließlich Erfahrung im Frauenfußball gesammelt, wurde als Coach mit dem FC Bayern München zweimal deutscher Meister und stellte mit 40 Spielen in Folge ohne Niederlage einen Bundesligarekord auf. Der 41-Jährige kommt bei den Spielern bestens an, gilt als Taktik-Fuchs. Er hat die Gabe, immer wieder aufs Neue ein Feuer zu entfachen, sein Umfeld zu begeistern und mitzuziehen. Wörle sagt: „Mir ist bewusst, dass ein solcher Trainerjob vor der Haustür ein absoluter Glücksfall ist. Ich bin auch dankbar, dass ich diese Chance in Ulm bekommen habe. Ich fühle mich hier sehr, sehr wohl. Das ist etwas Besonderes, noch dazu bei einem Verein mit dieser Tradition und der Fanbasis.“

Kapitän Johannes Reichert hat schon als Bub für den SSV Ulm gespielt

Erfolgsfaktor Nummer drei: Kapitän Johannes Reichert. Einer, der den Verein im Herzen trägt. Reichert begann in der F-Jugend beim SSV Ulm, war in all der Zeit nur zwei Jahre weg, probierte es damals beim 1. FC Kaiserslautern, und ist die unumstrittene Führungs- und Identifikationsfigur. Der 32-Jährige lobt den Teamgeist, der die Ulmer momentan von Erfolg zu Erfolg trägt. Man baut auf Spieler, die schon im Ulmer Nachwuchs gespielt haben, auf Leistungsträger wie Dennis Chessa, Romario Rösch oder Andreas Ludwig, die mittlerweile wieder an die Donau zurückgekommen sind. Der Marktwert der Mannschaft wird vom Branchenportal transfermarkt.de auf rund 3,75 Millionen Euro beziffert, der niedrigste Wert der Liga. Zum Vergleich: Der nächste Gegner Dresden kommt auf einen Marktwert von gut 7,8 Millionen Euro. Thiele meint: „Wir haben uns vor der Saison von Marktwerten nicht beeinflussen lassen, weil wir von der Mannschaft überzeugt sind. Dass wir uns so schnell an die Liga angepasst haben, damit konnte man nicht rechnen. Wir dürfen den Fokus aber auch nicht verlieren, es ist erst der zehnte Spieltag.“

 
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