Wenn Sergio Ramos irgendwann seine Karriere beendet hat, wird er Spuren hinterlassen haben. Obwohl er im Fußball eigentlich alles gewonnen hat, was das Regal hergibt, werden diese Spuren in erster Linie auf den Schienbeinen, Knöcheln und Knien seiner Gegenspieler zu finden sein. Der Spanier firmiert zwar nominell als Fußballprofi, eigentlich übt Ramos seit jeher seine eigene Sportart aus. Die ist dem Fußball zwar ähnlich, beinhaltet aber eben auch Elemente des Faustkampfes, des griechisch-römischen Ringens und der Kneipenschlägerei.
Über die Jahre ist neben Toren und Titeln auch einiges an Karten zusammengekommen. Insgesamt hat Ramos in seiner Klub-Karriere 29 Platzverweise gesammelt und liegt damit unangefochten an der Spitze der Rot-Statistik. Zum Vergleich: Der Zweitplatzierte Thiago Motta bringt es auf gerade mal 26 Hinausstellungen. Fast zwei komplette Spielzeiten war Spaniens Rekordnationalspieler gesperrt – und in der Statistik nicht erfasst sind Auftritte wie im Champions-League-Finale 2018, als er zuerst Liverpools Stürmer Mohamed Salah bei einem Ringkampf die Bänder an der Schulter riss und danach dem Reds-Torwart Loris Karius per Ellbogen-Check eine Gehirnerschütterung verpasste. Ramos blieb in diesem Spiel ohne Karte, dafür patzte Karius zweimal schwer. Kommentator Wolf-Christoph Fuss beschrieb die Salah-Szene damals wie folgt: "Ramos weiß ganz genau, was er hier tut."
Sergio Ramos flehte den Schiedsrichter an, sich die Szene nochmals anzusehen – das tat dieser
Dass er auch mit seinen mittlerweile 37 Jahren nichts verlernt hat und immer neue Varianten in sein "Spiel" einbaut, war erst kürzlich bei seinem Platzverweis Nummer 29 zu sehen. Bei der 1:2-Niederlage seines aktuellen Vereins FC Sevilla gegen San Sebastián lief die 86. Minute, als Ramos für einen eingesprungenen Stollenschuh an einen Knöchel (ein Klassiker!) Gelb-Rot sah. Ramos konnte die Welt mal wieder nicht verstehen und bat den Schiedsrichter darum, sich die Szene doch nochmals anzusehen. Tat dieser und befand: Stimmt, das war keine zweite Gelbe Karte – sondern glatt Rot. Einen Platzverweis mit einer derartigen Pointe zu versehen – das schafft eben nur Ramos, der Mozart der Rüpelei. In sozialen Medien gab es dafür selbstredend Anerkennung: "Ist ja klar, dass eine Gelb-Rote unter der Würde von Sergio Ramos ist", lautet einer der Kommentare.
Es bleibt abzuwarten, was sich der Meister der Knöchel-Akupunktur für Rekord-Platzverweis Nummer 30 ausgedacht hat (der nach überstandener Sperre sicher zeitnah erfolgen wird). Fest steht eines: Wie TV-Kameras einfingen, musste Ramos über seinen jüngsten Geniestreich samt VAR-Einsatz selbst schmunzeln. Zu Recht!