Ihre Fingerfertigkeit hat Heidi Grundmann-Schmid, Augsburgs legendäre Olympiasiegerin im Fechten, bis heute nicht verloren. Allerdings führt sie in geschmeidigen Bewegungen nicht mehr das Florett, mit dem sie 1960 bei den Spielen in Rom Gold gewonnen hat, sondern den Geigenbogen. Vor vielen Jahren schon hat die Musik den Sport abgelöst, das Musizieren gehört bis heute zu den Lieblingsbeschäftigungen von Heidi Grundmann-Schmid. Am 5. Dezember feiert sie ihren 85. Geburtstag. In kleinem Kreise, wie sie betont. Ein Essen mit ihren Kindern Elke und Alexander, und eines mit ihren Freundinnen aus den verschiedenen Musik-Zirkeln, die der Jubilarin sehr am Herzen liegen.
Mindestens einmal in der Woche spielt die verwitwete Heidi Grundmann-Schmid im Streich-Ensemble, einem Quintett, einem Quartett und manchmal auch einem Trio. So liegt auf dem Notenständer neben der reich gedeckten Kaffeetafel, an der sie ihre Gäste empfängt, das Heft mit Mozarts "Quintette für zwei Violinen, zwei Violen und Violoncello" bereit. "Ich habe das Gefühl, ich habe noch nie so viel gespielt wie zurzeit. Manchmal wird es mir schon ein bisschen viel. Aber eineinhalb bis zwei Stunden gehen schon noch", sagt Heidi Grundmann-Schmid.
Olympiasiegerin Heidi Grundmann-Schmid pflegt noch regen Kontakt zu ehemaligen Fechterinnen
Sie wirkt noch immer fit, auch wenn sie es sportlich seit einem Sturz mit dem Fahrrad ruhiger angehen lässt. Qi Gong bringt ihr heute Ruhe, Ausgleich und körperliche Entspannung, besonders nach dem Geigenspielen, wenn Schultern und Genick schmerzen. Den Fechtsport hingegen, der ihr ihren größten öffentlichen Erfolg bescherte, verfolgt Heidi Grundmann-Schmid nur noch passiv am Fernseher. Ebenso wie andere olympische Sportarten, für die sich sich immer noch begeistert. Regen Kontakt pflegt sie zu vielen ehemaligen Fechterinnen und einstigen Vereinskolleginnen aus dem TSV Schwaben Augsburg wie Renate Ulm oder Anke Bartel. Mit diesen verbindet sie zudem die Liebe zum Streichinstrument.
Ein Zufall? Heidi Grundmann-Schmid zuckt mit den Schultern und gesteht, dass sie in jungen Jahren viel über das besondere Wechselverhältnis zwischen Geige spielen und Fechten nachgedacht und gelesen hatte. "Man braucht für beides Rhythmus, eine gute Hand- und Beinarbeit. Alle Gelenke müssen aufeinander eingespielt sein. Ich wollte sogar schon meine Facharbeit darüber schreiben, aber letztendlich erschien mir das doch zu sehr an den Haaren herbeigezogen", sagt die ehemalige Spitzensportlerin, die mit der linken Hand gefochten hat, aber mit rechts den Geigenbogen führt, im Rückblick schmunzelnd.
23.000 Menschen säumten beim Empfang von Fechterin Heidi Schmid die Straßen
Im Jahr 1960 hatte die damals 21-jährige Studentin aus Augsburg für eine Sensation gesorgt, als sie völlig überraschend Olympiasiegerin wurde. Zur deutschen Spitze gehörte sie bereits in den 50er Jahren, war 1957 und 1959 bereits zwei Mal deutsche Meisterin im Florett geworden. Doch kaum jemand rechnete wirklich mit einem Olympiasieg. "Niemand hat etwas von mir erwartet. Ich nicht und sonst auch niemand. Als ich dann Olympiasiegerin war, waren alle überrascht – ich eingeschlossen", berichtete sie schon einmal in früheren Gesprächen. Überwältigt sei sie über den Empfang gewesen, den ihr ihre Heimstadt bot. Rund 23.000 Menschen säumten die Straßen und standen Spalier, als das offene Cabrio mit der Olympiasiegerin und dem damaligen Oberbürgermeister Klaus Müller bis zum Rathaus fuhr.
Geigen-Meisterkurs und Augsburger Stadt-Rallye halten Heidi Grundmann-Schmid fit
Bilder und Erinnerungen, die bei Heidi Grundmann-Schmid auch heute noch präsent sind, vor allem wenn sie – wie meistens zu ihrem Geburtstag – Autogrammwünsche erhält. "Ein Fan hat vor Kurzem sein Autogramm sogar persönlich bei mir abgeholt. Er ist über zwei Stunden mit dem Auto vom Bodensee nach Augsburg gefahren", erzählt sie von einer ganz besonderen Anfrage weit über 60 Jahre nach ihrem Olympiasieg.
Dennoch hat ihr Leben heute andere Höhepunkte. Einen zweitägigen Geigen-Meisterkurs im Schloss Aystetten mit dem österreichischen Cellisten Valentin Erben etwa oder die Augsburger Stadt-Rallye, an der sie mit ihrer Tochter Elke teilgenommen hat. "Wir haben den fünften Platz belegt und Karten für ein Ballett im Staatstheater gewonnen", erzählt Heidi-Grundmann stolz über ihre Aktivitäten, zu der sie besonders die Familie inspiriert. "Die Kinder sind mir alles. Die kümmern sich um mich, fahren mit mir in den Urlaub. In diesem Jahr waren wir am Lago Maggiore", erzählt Heidi Grundmann-Schmid und hat fest vor, auch nach ihrem 85. Geburtstag weiterhin so unternehmungslustig zu bleiben.