Am Mittwoch saß Jeffrey Gouweleeuw mit seiner Frau und seinen vier Kindern im Flieger in die Türkei. „Die Kinder haben jetzt Pfingstferien und nur da können wir gemeinsam in den Urlaub. Das müssen wir ausnützen“, erzählte der Fußball-Profi des FC Augsburg kurz nach seinem letzten Arbeitstag am vergangenen Samstag in Leverkusen. Zehn Tage wird der Innenverteidiger sich nun in der Sonne erholen, wie viele andere Touristen auch.
„Wie ein Tourist“ hat sich der 32-jährige Niederländer auch in der BayArena gefühlt, als er zusammen mit seinen Teamkollegen die Meisterfeier von Bayer Leverkusen beobachtete, wie Trainer Xabi Alonso und sein Team von ihren Fans gefeiert wurden. „Leverkusen hat es sich mehr als verdient, sie sind ungeschlagen. Da sieht man, was für eine Qualität sie haben“, zollte Gouweleeuw dem neuen Meister Respekt.
Der FCA war dabei, als der FC Bayern die Meisterschale vor 250 Zuschauern überreicht bekam
Am letzten Spieltag der Saison 2020/2021 war der FCA schon einmal Zeuge einer Schalenübergabe. Doch die war überhaupt nicht mit dem 18. Mai 2024 zu vergleichen. Im Mai 2021 standen Gouweleeuw und seine Kollegen in einer fast menschenleeren Allianz Arena – nur 250 Zuschauer waren zugelassen – und sahen, wie Bayern-Kapitän Manuel Neuer die Schale in Empfang nahm. Zudem stellte Robert Lewandowski mit 41 Toren einen neuen Bundesligarekord auf. Trotzdem war es eine gespenstische Atmosphäre und das Ende einer denkwürdigen Saison, die durch das Coronavirus geprägt wurde. Als wäre das nicht genug, hatte Gouweleeuw die damalige 2:5-Niederlage noch mit einem Eigentor zum 0:1 eingeleitet.
Jeffrey Gouweleeuw: "Es gab Höhen und Tiefen"
Am vergangenen Samstag war die Stimmung nach dem 1:2, der fünften Niederlage in Folge, bei dem FCA-Routinier jetzt auch nicht gerade überbordend und so zog der 32-Jährige ein gemischtes Fazit. „Es gab Höhen und Tiefen, es gab gute und schlechte Phasen. Aber am Ende steht jeder da in der Tabelle, wo er hingehört“, bilanzierte er in seiner gewohnt ehrlichen Art. „Dass wir relativ frühe den Klassenerhalt klarmachen konnten, hat uns auch nicht jeder zugetraut. Es ist trotzdem schade, dass wir aus den letzten fünf Spielen keinen Punkt geholt haben, weil man das in die Pause mitnimmt. Deshalb war es heute wichtig, dass wir nicht mit 0:5 oder 0:6 auf den Deckel bekommen haben. Das haben wir in Wolfsburg erlebt, das brauchen wir nicht mehr.“
FCA ging beim VfL Wolfsburg mit 1:8 unter
Mit 1:8 ging der FCA am 18. Mai 2019 beim VfL Wolfsburg unter. Die bisher höchste Niederlage in der 13-jährigen Bundesliga-Historie. Eine, die noch in der nachfolgenden Spielzeit heftig nachwirkte. Unter dem damaligen Trainer Martin Schmidt verlor man gleich in der ersten DFB-Pokalhauptrunde mit 1:2 beim SC Verl und in den ersten zehn Punktspielen gelang nur ein Sieg. So einen Fehlstart will der FCA unbedingt vermeiden, wenn am 8. Juli die Vorbereitung auf die kommende Saison startet.
Stefan Reuter und Enrico Maaßen booteten Jeffrey Gouweleeuw aus
Dass Gouweleeuw da wieder dabei sein wird, hätte er selbst vor ein paar Monaten wohl nicht mehr geglaubt. Im Juli hatten die damaligen Augsburger Verantwortlichen, Sport-Geschäftsführer Stefan Reuter und Trainer Enrico Maaßen, ihrem damaligen Kapitän Gouweleeuw mitgeteilt, seinen im Sommer 2024 auslaufenden Vertrag nicht zu verlängern.
Zehn Monate später sieht alles ganz anders aus. Reuter ist nur noch als Berater tätig, Maaßen seit Ende Oktober nicht mehr FCA-Trainer. Und Gouweleeuw? Er unterschrieb im Januar einen neuen Vertrag bis 2025 plus Option. Denn unter dem neuen Trainer Jess Thorup entwickelte sich Gouweleeuw in der Innenverteidigung vom Auslaufmodell zum Dauerbrenner in der FCA-Verteidigung. In 26 von 27 möglichen Spielen unter Thorup (nur einmal fehlte er gelbgesperrt) stand er in der Startelf. Und trotzdem sitzt der Stachel über den Umgang mit ihm zum Saisonbeginn noch tief. „Nicht viele haben es mir zugetraut, nach dem, was alles passiert ist, dass ich so zurückkomme. Ich habe viel und, ich denke, auch gut gespielt.“ Doch jetzt braucht er erst mal eine Pause. „Es war nicht nur sportlich, sondern auch mental, vor allem zu Beginn der Saison, eine lange und schwierige Spielzeit.“
Jeffrey Gouweleeuw könnte FCA-Rekordspieler Daniel Baier überholen
Für seine zehnte Profisaison im FCA-Trikot hat sich der Routinier einiges vorgenommen. Erst einmal will er die Option zu seiner Vertragsverlängerung, die wohl an eine bestimmte Anzahl von Spielen gekoppelt ist, aktiveren. „Normalerweise ist das relativ zu erreichen. Ich gehe davon aus, dass ich das schaffe. Ich bin fit, das habe ich auch gezeigt, auch wenn mich manche hier schon als ein bisschen zu alt gefunden haben.
Gelingt mir das, habe ich noch zwei Jahre Vertrag.“ Und so könnte es durchaus sein, dass Gouwleeuw (bisher 225 Bundesligaspiele) sogar Daniel Baier (274) als Rekordspieler ablöst. 49 Punktspiele fehlen. Das ist zu schaffen. Die Krönung wäre für ihn, mit dem FCA noch ein paar Städtereisen in Europa zu bestreiten. Nicht als Tourist, sondern mit einem sportlichen Auftrag.