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München
Partie gegen Lazio ist Tuchels erste der letzten Chancen
Sollten die Bayern gegen Lazio ausscheiden, darf Thomas Tuchel beim FC Bayern als gescheitert geben. Noch aber hat der Coach die Chance auf ein harmonisches Ende.
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Foto: Tom Weller, dpa | Thomas Tuchel darf als einer der kauzigeren Trainer gelten, die bislang für den FC Bayern gewirkt haben.
Tilmann Mehl
 |  aktualisiert: 03.05.2024 02:44 Uhr

Sie hatten ja wirklich die Absicht, es mit diesem kauzigen Typen bis zum Saisonende durchzuziehen. Die letzte Titelchance hatten sie bereits im März verspielt, weil der FC Bayern aber noch kein Meisterschafts-Abo abgeschlossen hatte, verfiel man an der Säbener Straße auch nicht in Panik. Jahre ohne Titel waren selten, aber die Ansprüche waren nach Magath- und Klinsmannjahren eben andere als beispielsweise nach Guardiolajahren. 

Jedenfalls garantierten die Münchner Louis van Gaal, die Mannschaft noch bis zum Saisonende betreuen zu dürfen. Zwar war man in der Champions League auf irrsinnige Weise im Achtelfinale an Inter Mailand und im Pokal am Schalker Schlussmann Manuel Neuer gescheitert, aber die Wege sollten sich trotzdem erst im Sommer trennen. Weil auch im März schon keine Chancen mehr auf die Meisterschaft bestanden, konnte sich die Führung früh auf die Planung der kommenden Saison konzentrieren. 

Beim FC Bayern endet der Spaß beim Geld

Erst als nach einem 1:1 in Nürnberg nach einem Patzer von Schlussmann Thomas Kraft die Qualifikation zur Champions League zu scheitern drohte, reagierte Uli Hoeneß. Wenn es ums Geld geht, hat der Spaß dann doch mal ein Loch. Van Gaal wurde entlassen, Andries Jonker sicherte die Teilnahme an der Königsklasse. Für die Bayern spielten damals neben Kraft auch unter anderem Danijel Pranjic, Breno oder Andreas Ottl. Andere Zeiten.

Natürlich aber ist der Fußball bei all seinen phänomenalen Erscheinungen kein Solitär im Kunst- und Kulturbetrieb. Auch hier gilt: Alles wiederholt sich. So haben die Bayern nun also wieder so ein kauziges Exemplar auf der Trainerbank sitzen. Und wieder haben sich die Münchner darauf verständigt, trotz ausbleibender Erfolge erst im Sommer getrennter Wege zu gehen. Thomas Tuchel wird in dieser Saison weder Meisterschaft noch Pokal gewinnen. In der Champions League sind die Chancen angesichts der vergangenen Leistungen auch eher überschaubarer Natur. 

Um aber zumindest die Möglichkeit auf eine Trennung im Guten zu haben, sollten die Münchner besser mal das Achtelfinale der Champions League überstehen. Nach dem 0:1 im Hinspiel bei Lazio Rom stehen die Chancen darauf für das Rückspiel am Dienstag (21 Uhr, Amazon Prime) nur bedingt gut. "Ich glaube, dass wir nicht erwarten sollten, dass sich das morgen alles super leicht anfühlt", sagte Tuchel auf der Pressekonferenz am Montag. Wirklich super leicht fühlt sich für die Münchner zur Zeit nur wenig an. Nicht einmal mehr Spiele gegen den VfL Bochum oder den SC Freiburg gehen den Bayern leicht vom Fuß.

Die Situation erinnert auch deswegen frappierend an jene Zeit im Frühling 2011. Damals folgte eine bajuwarische Zeitenwende. Die Münchner verpflichteten nach der Saison in Jupp Heynckes einen Trainer, dem öffentliche Kritik an der Mannschaft fremd war. Das unterscheidet ihn schon mal von Tuchel, der nach dem 2:2 in Freiburg konstatierte, sein Team habe "Harakiri" gespielt. Die 90 Minuten zuvor saß er zumeist auf seiner Trainerbank und nahm eher eine beobachtende denn eine gestaltende Rolle ein. Gegen Lazio aber nun hofft er auf ein "emotionalisiertes Stadion". Man sei selbst "dafür verantwortlich, die Emotionen auf die Ränge zu übertragen". 

Thomas Tuchel wünscht sich Emotionen im Stadion

Nun ist ein Thomas Tuchel kein Jürgen Klopp, was die Bayern selbstredend bei der Verpflichtung ihres Trainers wussten. Allerdings wäre es möglicherweise zielführend, dass ihr Coach diesmal vermehrt an der Linie agiert, um die gewünschten Emotionen zu provozieren. Für Tuchel gleichwohl ist die Partie gegen Lazio möglicherweise die erste seiner letzten Chancen , sein Wirken in München doch noch zu einem beidseitig genehmen Ende zu bringen. Ein Aus im Achtelfinale wirkt wahrscheinlich stark Arbeitszeit verkürzend. Noch aber ist dieser eigenwilligen Münchner Mannschaft auch immer noch zuzutrauen, sich irgendwie in das Finale am 1. Juni in Wembley zu schlawinern. 

Tuchel hat es immerhin geschafft, dass sich die Öffentlichkeit beinahe ausschließlich auf seine Person konzentriert. So wie früher Louis van Gaal. Oder auch Jose Mourinho. Jener Trainer, der im Verdacht stand, mit den dunklen Mächten der Magie zu paktieren. Der ganz bewusst Fährten ins Nichts legte und fernab davon seinen eigenen Pfad mit den ihm anvertrauten Teams beschritt. Die großen Erfolge des Portugiesen liegen nun aber auch schon einige Jahre zurück. Der auch recht eigenwillige Tuchel gewann hingegen erst 2021 die Champions League mit dem FC Chelsea. 

Es ist schwierig, jemanden zu finden, der ihm das fachliche Format abspricht, ein Spitzenteam zu führen. Und dennoch hat der vor elf Monaten noch schockverliebte Tuchel es nicht geschafft, seine Beziehung zur Mannschaft auf tragfähige Füße zu stellen. Was folgen wird, ist eine bayerische Zeitenwende. Spätestens zur kommenden Saison.

 
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