So anmaßend sind sie in München nicht. Obwohl große Teile der Fußballnation in den vergangenen Tagen und Wochen gebannt gen Säbener Straße blickten, ließen sie dort am Mittwochnachmittag keinen weißen Rauch aufsteigen. Mag Uli Hoeneß auch mit religiösem Eifer den FC Bayern gegen all die Ungläubigen verteidigen, die vom rechten Wege abgekommen sind und sich anderen Vereinen anschlossen, so meidet er aus verständlichen Gründen den Konflikt mit der katholischen Kirche. Man kann zu Gott stehen, wie man will, aber anlegen sollte man sich vorsichtshalber nicht mit ihm. Kein weißer Rauch in München also, stattdessen aber ein landendes Flugzeug auf dem Sonderflughafen in Oberpfaffenhofen, unweit der Stadtgrenzen im schönen Starnberger Land.
In den vergangenen Jahren haben sich die landenden Privatflugzeuge zu einem Vorboten bedeutender Nachrichten entwickelt. Im Sommer 2023 war nach der Landung des Erlösers aus England klar: Habemus Kane. Nun also setzte die Maschine mit einem anderen prominenten Fluggast am Mittwoch sanft auf und die Bilder verbreiteten sich schnell im Internet. Vincent Kompany war tatsächlich in Bayern angekommen. Für einige Beobachter schien es nach den vergangenen Wochen unwahrscheinlich, dass nochmals ein Trainer den Freistaat bereist. Nach den Absagen von (in zufälliger und nicht vollständiger Reihenfolge) Ralf Rangnick, Xabi Alonso, Thomas Tuchel, Roger Schmidt und Julian Nagelsmann kann nun Kompany nicht als erste Wahl bezeichnet werden.
Vincent Kompany stand von Beginn an auf der Liste des FC Bayern
Wären Sportvorstand Max Eberl und Kompany vor wenigen Wochen getrennt voneinander befragt worden, für wie wahrscheinlich sie eine Zusammenarbeit ab der kommenden Saison halten, hätten beide wohl Chancen im Vincent Kompany im Promillebereich angegeben. Wenngleich Eberl bei der Vorstellung des neuen Trainers am Donnerstag darauf hinwies, dass Kompany von jeher auf der Liste des FC Bayern stand. Dass er aber nun erst recht spät kontaktiert wurde, lässt darauf schließen, dass Eberl zuerst die Nummern anderer Kandidaten anrief, die er als passender für den FC Bayern hielt.
Nach den Gesprächen mit Kompany allerdings hätten sich die Münchner "geärgert, dass wir Gespräche nicht schon vor sechs Wochen geführt haben." Die Journalisten hätten dann nichts zu schreiben gehabt, weil es einfach so gut gepasst hätte zwischen den beiden Parteien, dass man sich schnell handelseinig wurde. Am Ende musste der abgebende FC Burnley zwar noch durch die Überweisung einiger Millionen besänftigt werden, doch Eberl hatte auch Verständnis, dass die Engländer ihren Trainer nur ungern abgeben. Nun sei er froh, "dass es geklappt hat" und die Bayern "einen der interessantesten Trainer Europas gefunden" hätten.
Der so Gelobte zeigte bei der zu Ehren seiner Vertragsunterschrift ausgerichteten Pressekonferenz, dass er eines der wichtigsten Prinzipien als Bayern-Trainer bereits verstanden hat: Demut vor der Größe und den Größen des Klubs. Er habe sich schon "mit Uli und Karl-Heinz unterhalten" und wolle versuchen, jedes einzelne Spiel zu gewinnen.
Das gelang der Mannschaft in der Vergangenheit zu selten. Ein dritter Platz in der Meisterschaft und das Zweitrunden-Aus im Pokal entsprechen nicht den Ansprüchen, die der Verein wie eine Monstranz vor sich herträgt. Wohl auch die verhältnismäßig vielen Trainerwechsel in den vergangenen Jahren haben zu den unruhigen Zeiten geführt, die sie nun am liebsten für beendet erklären würden. "Bayern München hat eine hohe Fluktuation auf der Trainerposition gehabt. Das ist für uns eine Chance, zurückzurudern und wieder eine Einheit zu werden", verkündete Eberl.
Kompany soll der Mann sein, der den FC Bayern eint
Auch Vorstandsboss Jan-Christian Dreesen sieht Kompany als den Mann, der dazu in der Lage ist, die unterschiedlichen Strömungen im Klub zu einen: "Vincent Kompany ist der eine für alle." Ehe sich die Münchner auf den 38-jährigen Belgier festlegten und ihn mit einem Dreijahresvertrag ausstatteten, scheiterten die Verhandlungen mit anderen Kandidaten auch daran, dass aus unterschiedlichsten Ecken des Vereins Skepsis geäußert wurde. Dreesen und Eberl aber wollten die Meinungsbeiträge, die ihren Ursprung mitunter am Tegernsee hatten, keinesfalls negativ werten. Wenn ein Klub wie der FC Bayern über derart viel Wissen und Erfahrung bei einigen maßgeblichen Männern verfüge, wäre man ja schlecht beraten, sie nicht auch einzubinden in die Entscheidungsfindung.
Und am Ende der Trainersuche meinte Eberl feststellen zu können, dass es nun gut sei: "Das Beste kommt zum Schluss."